Hamburg. In seiner Rolle als Technischer Direktor findet sich der 63-Jährige immer besser zurecht – und kann sich vor Anfragen kaum retten.

Der Ehrgeiz packte Ewald Lienen auch auf ungewohntem Terrain. Im Elektro-Kart duellierte sich der 63-Jährige am Dienstagmorgen beim ersten Viva con Agua Millerntor Grand-Prix mit Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg. „Es geht hier nicht um irgendein Rennen, sondern um den guten Zweck. Aber gewinnen will ich trotzdem“, scherzte der Technische Direktor des FC St. Pauli.

Sein Ziel blieb am Ende ein frommer Wunsch. Nach seinem souveränen Halbfinalsieg gegen den Sänger Bosse musste sich Lienen in einem engen Rennen dem Profi, der im Sommer seine Motorsportkarriere beendet hatte, geschlagen geben. „Ewald muss heimlich geübt haben. Er hat gut dagegengehalten. Am Ende hat sich meine Erfahrung auf vier Rädern wohl durchgesetzt“, lobte Rosberg, der von Lienen gleich zu einer Revanche eingeladen wurde. „Ich muss noch mal die Videobilder studieren, ob alles mit rechten Dingen zuging“, witzelte Lienen.

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Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg und Ewald Lienen im E-Kart

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    Wöchentlich neue Anfragen

    Für den langjährigen Trainer war bei allem Spaß das Rennergebnis nur Nebensache. Die von den Protagonisten unterschriebenen E-Karts werden für Viva con Agua versteigert, damit die Wasserversorgung in Ländern wie Äthiopien verbessert wird. „Es ist ein tolles Projekt und selbstverständlich, dass sich der Verein und ich persönlich mich dafür engagieren“, sagte Lienen in seiner Rolle als Wertebotschafter, ehe er den Innenraum des Stadions verließ. „Ich habe eine Bereichsleitersitzung. Die ist wichtig“, sagte Lienen und entschwand in die Katakomben.

    Es scheint, als würde der ehemalige Trainer das Wort Langeweile nur vom Hörensagen kennen. Mittlerweile hat sich Lienen in seinen neuen Job als Technischer Direktor eingearbeitet. Immer mehr Termine im In- und Ausland zieren seinen Kalender. Er ist mit seiner charismatischen Art gefragt, bekommt wöchentlich neue Anfragen für Termine im sozialen und gesellschaft­lichen Bereich. Damit er den Überblick behält, unterstützt ihn eine Mitarbeiterin aus der Geschäftsstelle bei der Organisation. Schließlich, so sagte Lienen bereits bei seinem Amtsantritt, wolle er sich ob der vielen Aufgabenfelder nicht verzetteln.

    Lienen: „Ich kann Multitasking“

    Kaum ruhiger werden die nächsten Monate. Seit Montag arbeitet Lienen „nebenbei“ als Experte für den TV-Sender Sky. Neben Studioauftritten bei den Übertragungen der Champions League kommt er vor allem in dem Talkformat „Sky90“ zum Einsatz. „Ich kann Multitasking“, scherzte Lienen, der beim Fernsehsender das Thema Zweite Liga aufgrund eines möglichen Interessenkonflikts nicht behandeln wird. „Das ginge einfach nicht“, sagt Lienen. „Der Job bei Sky ist in Absprache mit dem Verein erfolgt. Ich werde einmal im Monat dort zu sehen sein. Wenn die Champions League läuft, vielleicht ein zweites Mal. Das ist nicht viel. Ich habe hier ja auch noch einen anderen Job“, sagte Lienen.

    Und dieser hat ihn in der vergangenen Woche nach England geführt. Beim neuen Kooperationspartner Stoke City ließ sich Lienen fünf Tage lang die Gegebenheiten vor Ort zeigen, inspizierte das Nachwuchsleistungszentrum des Premier-League-Clubs und sah zum Abschluss den 1:0-Sieg von Stoke gegen Arsenal London. „Ich bin durch den ganzen Club geführt worden, habe Trainingseinheiten der U18 und U23 angeschaut. Das ging täglich über mehrere Stunden. Ich habe in den vielen Gesprächen einiges gelernt. Es war super interessant.“

    St. Pauli hegt Interessen an China

    Ob es den Technischen Direktor noch einmal nach China verschlägt, entscheidet sich in den kommenden Tagen. Nach wie vor hat der FC St. Pauli Interesse daran, mit einer neuen Fußballschule in der Inneren Mongolei zu kooperieren. Bereits Ende Juli weilte Lienen für eine Woche in Asien, um sich über das Projekt und den Baufortschritt zu informieren. „Wir werden darüber jetzt im Verein sprechen, ob und wie wir dieses Wissens-Know-how umsetzen können.“

    Fast drei Jahre hat Lienen den FC St. Pauli als Trainer betreut. Nun scheint er sich auch in seiner neuen Rolle wohlzufühlen. Ein zweites Berufsleben auf der Überholspur? Möglicherweise. Hoffentlich aber mit mehr Erfolg als auf der Rennstrecke.