Die Erwartungshaltung ist nach der besten Rückrunde der Vereinsgeschichte gestiegen. Neuer Trainer tritt auf Euphoriebremse.
Hamburg. Nach der besten Rückrunde der Vereinsgeschichte hat der neue Trainer Olaf Janßen alle Mühe, die im Umfeld des FC St. Pauli aufgekommenen hohen Erwartungen zu dämpfen. „Wir haben genug Selbstvertrauen und auch Mut, die Sache positiv anzugehen, gerade nach unserer tollen Rückrunde. Aber wir sollten auch Demut zeigen, nachdem der Club in den vergangenen drei Spielzeiten zweimal knapp dem Abstieg entkommen ist“, forderte Ewald Lienens Nachfolger bei seiner ersten Pressekonferenz als Chefcoach des Kiezclubs am Montag.
„Wir sollten lieber ein bisschen den Ball flachhalten. Träumereien schon vor dem ersten Training machen keinen Sinn“, sagte der 50 Jahre alte Ex-Profi. Er rechnet damit, dass sich mindestens zehn Vereine der 2. Bundesliga Hoffnungen machen, um den Aufstieg zu kämpfen. „Wir müssen damit rechnen, dass es ein Hauen und Stechen geben wird“, sagte Janßen. „Wir wollen versuchen, oben mitzuspielen.“
Andere im Verein lehnen sich weiter aus dem Fenster. Allen voran Oke Göttlich hatte schon am Wochenende die Aufbruchstimmung am Millerntor deutlich gemacht. „In dieser Saison ist alles möglich. Wir werden angreifen“, kündigte der 41 Jahre alte Clubchef vollmundig an. Später relativierte er sein Vorpreschen zwar mit dem Hinweis, dass man besser als in der abgelaufenen Zittersaison aus den Startlöchern kommen müsse, um vorne ein Wörtchen mitreden zu können.
St. Pauli war fleißig auf Transfermarkt
Doch die Voraussetzungen für eine gute Saison scheinen in der Tat gegeben. Denn Geschäftsführer und Interims-Sportchef Andreas Rettig hat seinen Job erledigt: Sechs Wochen vor Saisonstart stehen Team und Trainerstab. Lienen-Nachfolger Janßen, der in Markus Gellhaus und Patrick Glöckner neue Assistenten erhalten hat, kann aus dem Vollen schöpfen. Leistungsträger wurden gehalten, Hoffnungsträger geholt.
So wurde Außenbahn-Renner Cenk Sahin (4 Tore/6 Assists) als teuerster Einkauf der Clubgeschichte für 1,3 Millionen Euro fest verpflichtet. In Sami Allagui wurde ein Bundesliga-erfahrener Mann ablösefrei von Hertha BSC an die Elbe gelotst. Der tunesische Nationalspieler soll mit dem marokkanischen Toptorjäger Aziz Bouhaddouz (15 Saisontreffer) den neuen Traumsturm bilden.
Zudem wurde die Ausleihe von Mats Möller Daehli, einem der Garanten der starken Rückrunde, vom SC Freiburg um ein Jahr verlängert. Und in Clemens Schoppenhauer wurde ein starker Nachfolger von Sören Gonther für die Abwehrzentrale dazu geholt. Am Montag wurde auch noch Rechtsverteidiger-Talent Luca Zander von Werder Bremen für zwei Jahre auf Leihbasis unter Vertrag genommen. „Ich denke, dass wir personell gut aufgestellt sind“, glaubt Janßen.
Gelingt anders als im Vorjahr ein guter Start, bleiben Verletzungen im Rahmen und die Ruhe im Club erhalten, dann ist in der Tat einiges drin. Dann könnte der FC St. Pauli neben den Absteigern Ingolstadt und Darmstadt sowie den letztjährigen Aufstiegsaspiranten Union Berlin und Braunschweig zum Kandidatenkreis für vordere Ränge zählen.