Hamburg. St. Paulis Trainer will die Einstellung des Teams nicht länger akzeptieren und kritisiert die Spieler öffentlich – hier im Video.

St. Paulis Trainer Ewald Lienen hat mit einer Wutrede vor dem DFB-Pokalspiels gegen Hertha BSC (Dienstag, 20.45 Uhr) seine Spieler aufrütteln wollen. „Wir müssen nicht über Gewinnen oder Verlieren diskutieren. Das Thema dieses Spiels ist, dass wir einen Schritt in die richtige Richtung machen.“ In der emotionalen Rede, die an den Flasche-leer-Monolog von Ex-Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni erinnert, während der Pressekonferenz am Montag sprach Lienen seiner Mannschaft den Kampfgeist ab und haute dabei mehrmals auf den Tisch.

Nachdem die Hamburger die vergangenen vier Ligaspiele verloren und auf dem letzten Tabellenplatz der 2. Bundesliga stehen, forderte er: „Wir müssen die Fehler in der Abwehr reduzieren und die Fehler, die trotzdem passieren, ausbügeln.“ Erstmals kritisierte er das Team öffentlich: „Aber das war auch bitter nötig, denn so können wir nicht weitermachen.“

In Sandhausen und in den Vorwochen hätte jedes Gegentor verhindert werden können, „wenn jeder Spieler den Willen gehabt hätte, den Fehler des Mitspielers auszubügeln. Aber die schauen zu und hoffen, dass der andere das regelt“, monierte Lienen. Die Spieler seien nicht in der Lage, die Leistung aus dem Training in die Spiele mitzunehmen.

Lienen: „Sie hätten die Situation nicht überlebt“

Beinahe hätte sogar eine Reporterin Lienens Frust in voller Wucht abbekommen. Die Frau meldete sich während der Wutrede des St.-Pauli-Coaches und wollte offensichtlich eine Zwischenfrage stellen. Lienen blickte kurz hoch und fragte: „Sie wollen mich jetzt unterbrechen? Wenn Sie ein Spieler gewesen wären, hätten Sie diese Situation nicht überlebt“, stellte er schmunzelnd klar, um dann weiter über seine Mannschaft zu poltern. Die Reporterin konnte ihre Frage erst später stellen.

„Wir als Offizielle können erwarten, dass man alles in ein Spiel reinwirft, kämpft, bis der Arzt kommt und damit signalisiert, dass man ums Überleben kämpfen will. Das ist in Sandhausen aber nicht der Fall gewesen“, klagte Lienen an. „Wir können nicht akzeptieren, dass die Spieler sich in einer Wohlfühloase befinden und sich eventuell dahinter verstecken, dass der Sportchef und der Trainer noch nicht entlassen wurden.“

Bouhaddouz fällt aus

Für den kriselnden Club kommt der Pokal-Hit gegen den Bundesligisten zur Unzeit. Durch den schlechtesten Saisonstart der Vereinsgeschichte und den Ausfall zahlreicher Leistungsträger ist der Tabellenletzte am Tiefpunkt angekommen. Doch Lienen gibt sich vor dem Gastspiel der gut wie nie in eine Bundesliga-Saison gestarteten „alten Dame“ auch kämpferisch. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie die Situation gehabt, in der ich aufgebe. Davon bin ich auch jetzt weit entfernt.“

Lienen muss man auch zugute halten, dass die sportliche Talfahrt des Tabellenvierten der Vorsaison auch auf ein heftiges Verletzungspech zurückzuführen ist. Die Hamburger müssen gegen Hertha verletzungs- bzw. krankheitsbedingt auf Aziz Bouhaddouz, Jan-Philipp Kalla, Philipp Ziereis und Vegar Eggen Hedenstad verzichten.