Deniz Naki drohen fünf Jahre Haft in der Türkei. Der frühere Publikumsliebling steht zu seinen Taten und sieht sich im Recht.

Hamburg. Drei Jahre schnürte Deniz Naki seine Fußballschuhe für den FC St. Pauli. Sein größter Erfolg beim Kiezclub war der Aufstieg in die Erste Bundesliga. Inzwischen spielt der 27-Jährige in der Dritten türkischen Liga. Doch für Schlagzeilen sorgt derzeit nicht seine sportliche Entwicklung, sondern vielmehr sein privates politisches Engagement mit Botschaften bei Facebook.

Wegen vermeintlicher Terrorpropaganda drohen Naki fünf Jahre Haft in der Türkei. Sein Prozess beginnt am 8. November, wie der Mittelfeldspieler mit kurdischen Wurzeln in einem Interview mit „tagesschau.de“ verriet. Der gebürtige Dürener, der eine deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, gibt sich demnach kämpferisch: „Ich weiß, dass ich im Recht bin. Allerdings sind bereits viele Menschen wegen angeblicher Terrorpropaganda im Gefängnis gelandet – oder sogar gestorben. Und das kann auch mir passieren. Das ist mir bewusst.“

Wegen Nakis drohender Haftstrafe hatte sich der FC St. Pauli am Donnerstag beim Testspiel gegen Werder Bremen (1:1) solidarisch gezeigt. Die Spieler trugen beim Aufwärmen T-Shirts mit dem Namen des Ex-Kollegen. Zudem wurde auf dem Aufstellungsbogen der Nachname bei fast allen Spielern durch „Naki“ ersetzt. Naki, der in Hamburg noch immer einen guten Ruf genießt, hat in der Türkei von der Aktion mitbekommen. „Es gibt mir Kraft, dass viele St. Paulianer mit dem Herzen bei mir sind. Ich kann mich nur bedanken“, sagt er der Internetplattform. „Die Fans, das Viertel, die Stadt – das alles bedeutet mir bis heute sehr viel. Der Verein ist einmalig.“

Naki verwechselte ein Kriegsfoto

Bei der Anklage der türkischen Staatsanwaltschaft wird Naki Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Konkret geht es dabei um sieben Beiträge auf seiner Facebook-Fanseite. „Ich war bei der Staatsanwaltschaft und habe ausgesagt, dass ich die betreffenden Postings veröffentlicht habe – und wenn es jemand anderes publiziert hätte, würde ich dennoch dazu stehen“, so Naki.

Laut türkischen Medienberichten geht es dabei auch um „Hetze“. So veröffentlichte Naki im Januar unter anderem ein Foto von einem wehmütigen Vater, der auf seine zwei toten Kinder herabguckt. Der frühere Hamburger behauptete in seinem Beitrag, dass die Kinder bei einem Angriff der türkischen Armee getötet wurden. Allerdings soll es sich dabei um ein Bild des Gazakrieges aus dem Jahr 2009 handeln. „Ich hatte angenommen, es wäre ein Bild aus Cizre nach einem Angriff der türkischen Armee“, erklärt Naki. „In Cizre waren Frauen und Kinder unter den Toten. Hätte ich davon Bilder gepostet, wäre es wohl noch schlimmer gewesen.“

Der 27-Jährige will nicht aus der Türkei flüchten

In dem Gespräch beschreibt Naki eine „sehr angespannte Atmosphäre in der Türkei“. Dennoch wolle er nicht nach Deutschland zurückkehren, auch wenn ihm viele Freunde dazu geraten hätten. „Ich denke gar nicht daran abzuhauen, weil ich nichts falsch gemacht habe – ich möchte nur Frieden.“ Eine Flucht aus der Türkei sei dennoch keine Option. „Das könnte als ein Zeichen dafür gedeutet werden, dass ich doch etwas falsch gemacht hätte“, sagte er "tagesschau.de".

Von Deutschland erhoffe sich Naki mehr Unterstützung als die bisherigen Solidaritätsaktionen. Dabei nimmt der frühere St.-Pauli-Profi vor allem die Politik in die Pflicht. „Das kurdische Volk erhofft sich mehr Hilfe von Deutschland. Seien es Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer in Syrien, die gegen den „Islamischen Staat“ kämpfen – oder sei es mehr Einsatz für eine politische Lösung in dem Konflikt zwischen Kurden und Türken.“ Für Naki sei die Bundesrepublik ein Vorbild für Menschenrechte. Gerade deshalb wünsche er sich, dass „Deutschland dem Nato-Partner Türkei deutlicher macht, dass es so wie jetzt nicht geht“. Die deutsche Regierung müsse aus Nakis Sicht mehr Druck auf die Türkei ausüben. „Deutschland ist ein Land, das etwas bewegen könnte.“