HAmburg. Der FC St. Pauli lauert vor dem Heimspiel an diesem Freitag gegen den SC Paderborn auf die Ausrutscher der Konkurrenz.

Wenn es noch eines Beispiels bedurft hätte, das offenbart, wie Ewald Lienens Moralvorstellungen sind, so lieferte es der Trainer des FC St. Pauli vor dem Heimspiel an diesem Freitag (18.30 Uhr, Millerntorstadion, Sky und Liveticker abendblatt.de) gegen den SC Paderborn. Die Chancen auf den Aufstieg hat sich der Kiezclub durch unnötige Niederlagen gegen den FSV Frankfurt (1:3) und beim 1. FC Heidenheim (0:2) verringert. Der Abstand auf den Relegationsplatz, der aktuell vom 1. FC Nürnberg belegt wird, beträgt neun Spiele vor Ende der Saison fünf Punkte. Zudem hat der Tabellenvierte mit Plus vier das mit Abstand schlechteste Torverhältnis aller Topclubs.

Dass deshalb womöglich früher oder später im Saisonverlauf ein Spannungsabfall bei den Spielern folgen könnte oder der FC St. Pauli gar die Saison nur noch ausklingen lassen könnte, glaubt der 62-Jährige nicht. „Dafür werden wir im Trainerteam schon sorgen, aber ich glaube nicht, dass auch nur ein Profi auf die Idee kommt, eine Saison nur ausklingen zu lassen“, sagte Lienen, der das Thema Aufstiegskampf ohnehin nicht in Gänze ad acta legen will. Der FC St. Pauli bleibt in Lauerstellung und hofft auf die Ausrutscher der Konkurrenz aus Leipzig, Freiburg und vor allem Nürnberg.

„Wir wollen uns jetzt nicht Woche für Woche neu erfinden und neue Saisonziele herausgeben. Die Teams oben punkten sehr konstant und sind sehr stabil, aber wenn wir noch eine Chance haben wollen, müssen wir in Schlagdistanz bleiben“, sagte Lienen, der verspricht, dass sein Team bis zum Saisonende Vollgas geben wird, egal, ob es tabellarisch noch um etwas geht oder nicht. „Alles andere wäre doch Betrug am Zuschauer, an sich selbst und an den eigenen Familien. Man kann noch Prämien gewinnen und wollen so hoch wie möglich in der Tabelle stehen“,sagte Lienen.

Lienen will sich nichts vorwerfen lassen

Wie wichtig eine gute Tabellenplatzierung aus wirtschaftlicher Sicht ist, merkte der FC St. Pauli in der Vorsaison, als es nämlich bis zum Schluss gegen den Abstieg ging. Durch das schlechte Abschneiden gingen dem Kiezclub Fernsehgelder in erheblicher Höhe durch die Lappen. Doch es ist mehr der sportliche Ehrgeiz, der Lienen und den FC St. Pauli antreibt, schließlich will man eine bisher starke Saison auch am Ende krönen. „In Deutschland ist es leider so, dass immer nur der Erste zählt und der Zweite schon in den Arsch gekniffen ist. Das ist respektlos. Unser Ziel ist es Woche für Woche gute Leistungen zu bringen. Das sind wir uns und den Gegnern schuldig“, sagte Lienen, der sich nicht nach der Saison vorwerfen lassen möchte, der FC St. Pauli hätte womöglich den Wettbewerb in der Zweiten Liga verzerrt.

„Das kann alles auf einen zurückfallen, wenn man eine Saison ausklingen lässt und womöglich auf eine Mannschaft trifft, die noch auf-oder absteigen kann. Dann wird der liebe Gott dafür sorgen, dass man selbst absteigt, wenn man mal auf Hilfe anderer Teams angewiesen ist“, sagte Lienen, der gleich noch ein Motto für den Saisonendspurt ausgab. „Wir werden dafür sorgen, dass wir hochelektrisiert in jedes Spiel gehen.“ Das wird gegen den akut abstiegsgefährdeten SC Paderborn auch nötig sein. Nach dem Trainerwechsel von Stefan Effenberg zu René Müller erhoffen sich die Ostwestfalen, dass der Super-Gau Abstieg in die Dritte Liga erspart bleibt. „Für Paderborn geht es um s Überleben“, sagte Lienen: „Für uns aber auch. Wie sagte ein bekannter englischer Trainer. Im Fußball geht es nicht um Leben und Tot. Es geht um viel mehr“, scherzte Lienen, der weiß, wie schwer die Aufgabe gegen den zuletzt 13 Spiele sieglosen SC Paderborn wird. Zuletzt gewann der ehemalige Bundesligaclub am 24. Oktober 2015. Damals gab es ein 2:0 gegen Union Berlin.

Die personelle Situation scheint sich zu entspannen. Zwar fehlen nach wie vor die langzeitverletzten Sören Gonther, Ryo Miyaichi und John Verhoek, jedoch nahmen die zuletzt erkrankten Defensivallrounder Jan-Philipp Kalla, Bernd Nehrig und Dave Eden wieder am Trainingsbetrieb teil. Auch Sebastian Maier steht nach auskurierter Muskelverletzung vor seinem Comeback. Ob der 22-Jährige über das Saisonende hinaus auf St. Pauli bleibt, ist ungewiss. Nach Informationen der „Mopo“ soll das Mittelfeldtalent beim Lokalrivalen Hamburger SV auf dem Wunschzettel stehen. Aber auch Hannover 96, der VfB Stuttgart sowie Werder Bremen und der SC Freiburg sollen Interesse an Maier haben.