Hamburg. Der Mittelfeldspieler entwickelte sich in zwei Monaten beim FC St. Pauli vom Wechselkandidaten zum Leistungsträger und Torschützen.
Es ist noch nicht lange her, da fiel Marc Rzatkowski beim FC St. Pauli in erster Linie durch sein modisches Erscheinungsbild auf. Bunte Schuhe, angesagte Klamotten und eine Frisur, die an Dortmunds Nationalspieler Marco Reus erinnert. Jetzt, im Spätsommer 2015, scheint der 25-Jährige auch fußballerisch beim Kiezclub angekommen zu sein.
Die vergangene Woche war die des Marc Rzatkowski, es waren sieben Tage, die der Linksfuß so schnell nicht vergessen wird. Ein Traumtor beim 1:4 im DFB-Pokal gegen den Champions-League-Teilnehmer Borussia Mönchengladbach am vergangenen Montag, und sechs Tage später avancierte der defensive Mittelfeldspieler beim 3:2 gegen Greuther Fürth zum umjubelten Helden. „Dass mir zwei Treffer gelingen, ist natürlich super. Darüber freue ich mich auch, aber es ist mir vollkommen egal, wer die Tore schießt, wenn wir am Ende gewinnen“, wiegelte „Ratsche“, wie ihn die Kollegen nennen, bescheiden jegliche Lobeshymnen ab.
St. Pauli siegt gegen Fürth
Dabei wären diese nach den zuletzt gezeigten Leistungen durchaus berechtigt. Innerhalb von zwei Monaten mutierte der gebürtige Bochumer von einem möglichen Wechselkandidaten zum unumstrittenen Leistungsträger. Im Sommer wurde der gelernte offensive Flügelspieler umgeschult. Trainer Ewald Lienen und Sportdirektor Thomas Meggle sind während der Saisonanalyse zu dem Entschluss gekommen, dass der technisch versierte Profi auf der „Sechs“ am besten zur Geltung kommt. Es war eine goldrichtige Einschätzung.
Gemeinsam mit dem erfahrenen Enis Alushi bildet Rzatkowski ein funktionierendes Duo vor der Abwehr. Immer wieder schaltet sich einer der beiden defensiven Mittelfeldspieler ins Angriffsspiel ein, der andere sichert ab. Zwischen den beiden Kreativspielern herrscht blindes Verständnis.
Sobota: Ratsche kann Torschützenkönig werden
Inzwischen hat der ehemalige Bochumer, der in seiner bisherigen Zweitliga-Karriere wahrlich nicht als Zweikampfmaschine gefürchtet war, gelernt, auch in der Rückwärtsbewegung griffig und präsent zu sein. Es scheint, als hätte Rzatkowski endlich seine ideale Position gefunden.
Dass Rzatkowski das Toreschießen entdeckt hat, ist seinen Mitspielern nicht ganz geheuer. Teamkollege Waldemar Sobota sieht den 1,71 Meter großen Wirbelwind gar als einen möglichen Kandidaten für die Torjägerkanone in der Zweiten Liga. „Wenn er so weitermacht, kann ,Ratsche‘ das sicher schaffen. Er hat wirklich einen guten Lauf im Moment“, flachste der Pole mit einem Augenzwinkern.
Rzatkowski kann über den Humor der Mitspieler lachen. Der Blondschopf weiß sich selbst realistisch einzuschätzen. Trotz der starken Leistungen zum Saisonstart drängt er nicht ins Rampenlicht. So nüchtern und sachlich er auf der „Sechs“ spielt, so spricht er auch über seine neue und vor allem größere Rolle im Team. „Der Trainer fordert von uns Mittelfeldspielern, dass wir Torgefahr ausstrahlen. Ich habe mir wenige Situationen ausgesucht, bei denen ich mit nach vorne gelaufen bin. Das hat gegen Fürth ganz gut geklappt“, sagte Rzatkowski, dessen Bestmarke in Sachen Torausbeute in der Vorsaison aufgestellt wurde. In der Spielzeit 2014/15 steuerte der Mittelfeldspieler drei Treffer zum Klassenerhalt des FC St. Pauli bei.
Im Sommer 2017 läuft der Vertrag von Rzatkowski aus. Im Moment ist der 25-Jährige dabei, Woche für Woche Argumente für eine noch längere Zusammenarbeit zu sammeln.