Oberstaufen. St. Paulis Trainer spricht nach dem Trainingslager von Oberstaufen über sein Personal, Verletzungen und die hohe Zahl von Testspielen.

Am Donnerstagmorgen bat St. Paulis Cheftrainer Ewald Lienen, 61, seine Spieler ein letztes Mal auf den Rasenplatz der Grund- und Mittelschule Oberstaufen zu einer Übungseinheit im Rahmen des zehntägigen Trainingslagers. Mittags setzte sich dann der Mannschaftsbus mit dem gesamten Tross in Richtung des Münchner Flughafens in Bewegung. Am frühen Abend landete das Team, das am Sonnabend (15.30 Uhr) zur offiziellen Saisoneröffnung gegen den spanischen Erstligisten Rayo Vallecano im Millerntor-Stadion antritt, wieder in Hamburg. Zuvor nahm sich Lienen Zeit, eine Bilanz des Trainingslagers im Allgäu und der gesamten bisherigen Saisonvorbereitung zu ziehen sowie auf die verbleibende Zeit bis zum Start der Zweitligasaison (25. Juli) vorauszuschauen. Lienen sagte über ...

... die Dauer des Trainingslagers in Oberstaufen: „Grundsätzlich war es kein Trainingslager, wie man es normalerweise macht. Für mich fängt ein Trainingslager bei zwei Wochen an. Dann hat man auch genug Zeit zum Trainieren und kann es mit vernünftigen Spielen garnieren. Diesmal haben wir eine relativ kurze Vorbereitungszeit, die mit dem ersten Meisterschaftsspiel auch nicht endet. Wir hatten uns ja entschlossen, den Spielern nach der körperlich und mental sehr anstrengenden vergangenen Saison vier Wochen Pause zu gönnen. Das war sehr wichtig und hat der Mannschaft sehr gut getan. Dabei haben die Spieler ja nur in den ersten zwei Wochen des Urlaubs gar nichts gemacht und dann in den folgenden zwei Wochen für sich allein acht Einheiten im läuferischen Bereich sowie Kraft- und Stabilisationsübungen absolviert. Dadurch waren sie schon in der ersten Trainingswoche in einer sehr guten Verfassung.“

... die hohe Zahl von zehn Testspielen innerhalb von 23 Tagen: „Spiele geben immer die besten Informationen darüber, woran man noch arbeiten muss. In einem Spiel gibt es immer das komplette Programm der verschiedenen Anforderungen. Wir haben im Training an einigen Details gefeilt und diese dann versucht, im nächsten Spiel umzusetzen, wie etwa das konsequente Forechecking oder die Kompaktheit in der Defensive.

... den Vorteil von wenigen Neuzugängen: Wir mussten uns bei diesen taktischen Varianten nichts völlig neu erarbeiten. Die weitaus meisten Spieler waren ja auch in der vergangenen Saison schon da. Es sind nur ein paar junge Burschen aus unserem eigenen Nachwuchs und, als einziger ganz Neuer, Ryo Miyaichi dazugekommen.“

... die Qualität der Testspielgegner Lustenau, Winterthur und Freiburg: „Sicherlich ist die Zweite Liga in Österreich und der Schweiz nicht auf dem Niveau wie die Zweite Liga in Deutschland. Aber Lustenau war offensiv eine richtig gute Truppe, da hatten wir unsere Probleme mit den schnellen Spielern. Gut war, dass Lustenau und Winterthur eine Woche vor dem Start ihrer Meisterschaft waren. Die waren gut im Saft und traten mit ihrer besten Formation an. Deshalb war es für uns eine gute Standortbestimmung.“

... die Verteilung der Einsatzzeiten für die einzelnen Spieler: „Es ging uns darum, die Belastung auf alle Spieler möglichst ähnlich zu verteilen. Das haben wir weitgehend ganz gut hinbekommen. Unser Ziel ist jetzt, am Sonnabend gegen Rayo Vallecano eine Mannschaft hinzustellen, die nahezu eine Blaupause sein kann für die Startelf eine Woche später im ersten Punktspiel gegen Arminia Bielefeld. Aber das ist andererseits auch Theorie, weil wir natürlich nicht wissen, was in der kommenden Woche im Training noch passieren wird.“

... die gesundheitlichen Problemfälle im Team: „Leider haben wir ein paar Spieler, die nicht die gesamte Vorbereitung mitziehen konnten, wie zum Beispiel Sören Gonther, der sich am Ende der ersten Trainingswoche verletzt hatte und dann die ersten fünf Testspiele nicht mitmachen konnte. Ähnliches gilt für Ryo Miyaichi, der nur im ersten Test und jetzt erst wieder gegen Freiburg je 45 Minuten gespielt hat. Ich hoffe, dass er gegen Rayo jetzt mal länger auf dem Platz sein kann. Auch Lasse Sobiech konnte lange nicht am Mannschaftstraining teilnehmen und ist erst seit dem Spiel gegen Winterthur wieder dabei. Ärgerlich ist vor allem, dass sich Jan-Philipp Kalla und Christopher Buchtmann Verletzungen in den Testspielen zugezogen haben. Bei ihnen haben wir aber Hoffnung, dass sie in ein oder zwei Wochen wieder zur Verfügung stehen.

... die jungen Talente: „Die vier bisherigen A-Junioren haben wir nicht ohne Grund jetzt in den Profikader geholt. Von ihnen hat sich Dennis Rosin als sehr ballsicher gezeigt und einen reifen Eindruck gemacht. Maurice Litka hat sich sehr gut präsentiert und wird mehr und mehr zu einer echten Alternative. Auch Nico Empen wird uns, wenn er körperlich noch etwas aufgeholt hat, in absehbarer Zeit helfen können. Torwart Svend Brodersen konnte sich noch nicht so auszeichnen, weil er gegen Freiburg praktisch nichts zu tun hatte. Schließlich muss ich ein großes Lob an Yannick Deichmann aussprechen, den wir ja kurzfristig mit ins Trainingslager genommen haben, weil sich Christopher Buchtmann verletzt hatte. Er hat es richtig gut gemacht, und das auf ungewohnten Positionen.

... über den kommenden Gegner Rayo Vallecano am Sonnabend: „Da die Spanier ja erst viel später mit ihrer Saison anfangen, weiß ich nicht, in welcher Verfassung das Team ist. Rein fußballerisch ist ein spanischer Erstligist sicher gut. Ich hoffe, dass sie auch körperlich gut drauf sind, sonst hat das Spiel für uns keine Aussagekraft. Vielleicht sind sie noch nicht so kaputt, weil sie erst am Anfang der Vorbereitung stehen. Es würde uns jedenfalls entgegenkommen, wenn wir richtig gefordert werden würden.“

... mögliche Neuzugänge bis zum Saisonstart: „Wir müssen schauen, ob wir im Bereich der Innenverteidigung personell noch etwas machen. Momentan ist es so, dass wir keinen Innenverteidiger mehr auf der Bank haben, wenn sich einer verletzt. Das kann es nicht sein. Ein polyvalenter Spieler, der auch noch auf anderen Positionen in der Defensive spielen kann, würde uns gut zu Gesicht stehen. Wir haben Kandidaten im Auge, die woanders erst noch ihre Chance suchen wollen. Da muss man abwarten, wie sich das entwickelt. Ich gehe bis zum Saisonstart erst einmal von gar nichts aus. Wir arbeiten an Dingen, die möglich sind, müssen aber auch noch warten.

... die Freude auf die Rückkehr nach Hause: „Ich bin ein Kind des Fußballs und bin mein halbes Leben in irgendwelchen Hotelbetten aufgewacht. Im vorletzten Winter war ich mit meiner damaligen rumänischen Mannschaft drei Wochen lang im Trainingslager in Malaga. Dagegen war das hier doch ein Kindergeburtstag. Ich habe gar nicht das Gefühl, länger von zu Hause weg gewesen zu sein. Aber natürlich freue ich mich auch, wenn ich dann wieder zu Hause bin.“