Hamburg. Sportchef Thomas Meggle fahndet nach einer Verstärkung im defensiven Mittelfeld. Trainer Ewald Lienen setzt auf Bernd Nehrig.
Was wäre der Fußball ohne folgende Binsenweisheit: Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. So wie in der Trainingseinheit des FC St. Pauli am Mittwochvormittag. Weil Lasse Sobiech und Philipp Ziereis zur sportärztlichen Untersuchung mussten, stand mit Kapitän Sören Gonther nur ein Innenverteidiger auf dem Platz. So verteidigte Gonther im Abschlussspiel an der Seite von Trainerpraktikant Thomas Brdaric. Auf der Gegenseite bildete Stürmer Ante Budimir das Abwehrzentrum zusammen mit Bernd Nehrig. Ein Experiment von Trainer Ewald Lienen, das in dieser Form einmalig bleiben dürfte. Wenngleich Bernd Nehrig anschließend sagte: „Die Innenverteidigung ist wie die Sechs, nur eine Reihe tiefer.“
Nehrig weiß wovon er spricht. In seiner Fußballkarriere hat der 28-Jährige schon fast alle möglichen Positionen bekleidet. „Nur Torwart und Innenverteidiger noch nicht“, sagt Nehrig, der vor zwei Jahren als Rechtsverteidiger von Greuther Fürth zu St. Pauli kam. Und auch wenn er sich im Training als zentraler Verteidiger nicht unwohl fühlte, wird er künftig wieder eine andere Rolle übernehmen. Lienen plant mit Nehrig im defensiven Mittelfeld. Nach dem Wechsel von Julian Koch nach Düsseldorf fehlt dem FC St. Pauli auf der Doppelsechs der Typ des Abräumers. Lienen scheint ihn in der eigenen Mannschaft bereits gefunden zu haben. „Bernd ist auf dieser Position eingeplant. Er verkörpert das Profil eines zweikampfstarken Sechsers“, sagte der Trainer über Nehrig, der nach einer langen Verletzungspause wieder auf einem guten Weg ist.
Vier Monate war Nehrig in der Rückrunde außer Gefecht gesetzt. In der Vorbereitung im Januar blieb er im Testspiel gegen Kaiserslautern im Rasen hängen und erlitt einen Sehnenteilriss im Adduktorenbereich. Eine komplizierte Verletzung, die weder mit einer Spritzenkur noch mit einer Operation zu heilen ist. Bereits in der Hinrunde fiel Nehrig mit einem Muskelfaserriss wochenlang aus. „Das war ein verlorenes Jahr“, sagt er rückblickend. Der Urlaub kam gerade recht. Elf Tage erholte er sich auf Ibiza, war dort nacheinander zu den Hochzeiten seiner ehemaligen Mitspieler Michael Görlitz und Philipp Tschauner eingeladen.
Trainingsauftakt beim FC St. Pauli
Jetzt ist Nehrig endlich wieder voll belastbar. „Für mich geht es zunächst darum, meine Fitness zu finden“, sagt er. Dann könnte er im System Lienen eine wichtige Rolle spielen. Der Trainer kennt ihn schon lange, sieht ihn auf der Sechs offenbar am stärksten. „Ich bin kein Spieler der vier Übersteiger macht, eine Pirouette dreht und dann mit dem Außenrist in die Gasse spielt. Ich bin vom Naturell her ein geradliniger Spieler, der Bälle im Zweikampf erobert. Für die Ideen sind andere zuständig“, sagt Nehrig über sich selbst.
Den spielerischen Part an seiner Seite könnte nach dem Weggang von Dennis Daube Enis Alushi übernehmen, auch Marc Rzatkowski oder Christopher Buchtmann kämen infrage. Dennis Rosin deutet im Training bereits an, dass er künftig ebenfalls als offensiver Sechser wichtig werden kann. Zudem sucht Sportchef Thomas Meggle noch einen kopfballstarken Spieler für diese Position.
Auch ein Innenverteidiger soll kommen. Damit Nehrig sich im Training künftig auf seine geplante Rolle im Mittelfeld konzentrieren kann.