Hamburg. Der FC St. Pauli muss gegen Bochum den 15. Platz verteidigen, um seine Ausgangsposition im Abstiegskampf zu wahren.
Monatelang waren es die Spieler des FC St. Pauli gewohnt, einem Nichtabstiegsplatz in der Zweiten Liga hinterherzuhecheln. Immer dann, wenn sie scheinbar eine Chance hatten, einen Rang über dem „Strich“ zu ergattern, erlitten sie wieder einen Rückschlag oder mussten erleben, dass auch ihre unmittelbaren Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt Punkte sammelten. Nach dem 1:0 gegen RB Leipzig vor zwei Wochen und spätestens nach dem völlig unerwarteten 2:0 beim bis dahin zu Hause ungeschlagenen 1. FC Kaiserslautern hat sich die Lage der St. Paulianer gewandelt. Als Tabellen-15. hat die Mannschaft von Trainer Ewald Lienen nun etwas zu verteidigen, der Jäger ist vor dem Heimspiel am Sonntag (15.30 Uhr, Sky und im Liveticker abendblatt.de) plötzlich zum Gejagten geworden und spürt dabei den heißen Atem der Konkurrenten Aue (nur ein Tor schlechter) und 1860 München (nur ein Punkt Rückstand) im Nacken.
Mithin stellt sich die Frage, wie Spieler und Trainer mit dieser neuen Situation zu diesem Zeitpunkt, zwei Punktspiele vor dem regulären Saisonende, umgehen. „Ich denke nicht, dass die Platzierung gerade bei dieser Enge den Ausschlag darüber gibt, wie man ein Spiel angeht“, sagt St. Paulis Kapitän Sören Gonther. Dies ist ganz im Sinne von Trainer Lienen. „Wir haben es Wochen und Monate geschafft, unsere Arbeit unabhängig von den Ergebnissen zu tun. Das wird auch jetzt so sein. Wir waren nach Niederlagen nicht deprimiert und nach Siegen nicht euphorisch“, sagt der Chefcoach. „Wir müssen weiter konzentriert arbeiten, müssen aber zwischendurch auch mal entspannen, sonst verkrampft man.“
Gelingt gegen Bochum der dritte Sieg in Serie?
Es scheint, als trage diese Devise immer mehr Früchte. Erstmals in dieser Saison hat es der FC St. Pauli geschafft, zwei Spiele in Folge zu gewinnen. Gegen Bochum könnte es jetzt den dritten Sieg hintereinander geben. Dies gelang dem Kiezclub zuletzt in der Saison 2011/12.
Wie die Arbeit, von der Lienen spricht, konkret vor dem letzten regulären Heimspiel der Saison aussieht, wollte der Trainer aber weitgehend verbergen. Für Freitag und Sonnabend hatte er ohnehin schon jeweils ein nichtöffentliches Training angesetzt. Doch auch schon während der eigentlich öffentlichen Einheit am Donnerstag bat Co-Trainer Abder Ramdane auf Geheiß von Lienen darum , dass die anwesenden Kamerateams und Journalisten der Printmedien die spieltaktische Übung am Ende nicht mehr beobachten oder gar mitschneiden sondern die „Privatsphäre“ des Clubs respektieren mögen. Sportdirektor Thomas Meggle, der sich die Einheit ebenfalls anschaute, war sichtlich überrascht und konnte sich auch ein Grinsen nicht verkneifen.
Lienen selbst grinste am Freitag auch vielsagend, als er gefragt wurde, ob denn Julian Koch wohl die Position des gelbgesperrten Enis Alushi im defensiven Mittelfeld neben Dennis Daube einnehmen werde. „Julian ist sicher ein Kandidat. Aber es kommen auch andere infrage. Es ist noch zu früh, um sich jetzt festzulegen“, sagte der 61-Jährige zu diesem Thema.
Taktisch ausgerichtet wie zuletzt
Dagegen ließ Lienen durchblicken, dass sein Team gegen Bochum mit einer ähnlichen taktischen Ausrichtung wie bei den jüngsten Siegen gegen Nürnberg und Leipzig sowie in Kaiserslautern den Erfolg suchen soll. „Die Bochumer gehören offensiv zu den stärksten Mannschaften der Liga und haben die meisten Tore erzielt, sogar zwei mehr als Tabellenführer Ingolstadt. Daher sind wir gut beraten, sie am Fußballspielen zu hindern“, sagte Lienen am Freitag. Dabei gilt es vor allem Torjäger Simon Terodde, der mit 16 Saisontreffern die Torschützenliste der Zweiten Liga anführt, zu stoppen. Aber auch vor dem bis zum vergangenen Sommer noch beim FC St. Pauli spielenden Michael Gregoritsch (sechs Tore) sowie dem flinken Thomas Eisfeld warnt Lienen.
„Wir wollen Platz 15 mit allem, was wir haben, verteidigen“, gibt unterdessen Kapitän Sören Gonther die Parole aus. Dabei ist sogar der Sprung auf Platz 13 oder 14 möglich, wenn die anderen Mannschaften entsprechend spielen. Doch genau darauf wollen sich Gonther und Co. weiterhin nicht verlassen. „Ich kenne zwar das Restprogramm der anderen Teams. Aber wir sind zuletzt gut damit gefahren, dass wir nur auf uns geschaut haben“, sagt Gonther weiter. Dies ist ganz im Sinne seines Trainers, der sich auch während des Spiels nicht über die Zwischenergebnisse auf den anderen Plätzen informieren will. „Wir schauen am Sonntag nach dem Abpfiff auf die Tabelle und schauen, was passiert ist“, sagt Gonther. Dabei steht schon fest, dass auch im günstigsten Fall der Klassenverbleib nicht hundertprozentig gesichert sein kann. Im schlechtesten Fall droht der Sturz auf Rang 18.
„Es ist ein Vorteil, dass wir seit Langem im Kampf um den Klassenerhalt stehen“, sagt Mittelfeldspieler Julian Koch und deutet damit an, dass die direkt vor St. Pauli stehenden Teams von Fürth (34 Punkte) und Frankfurt (36) größere Probleme haben könnten, mit der Rolle als Gejagte im Abstiegskampf umzugehen.
FC St. Pauli: Himmelmann – Schachten, Sobiech, Gonther, Halstenberg – Daube, Koch – Kalla, Buchtmann, Buballa – Thy VfL Bochum: Luthe - Celozzi, Fabian, Bastians, Perthel - Latza, Losilla - Eisfeld, Terrazzino, Gregoritsch - TeroddeSchiedsrichter: Aytekin (Oberasbach)