Hamburg. Bevor sich der Konzern 2009 für Leipzig entschied, hatte er drei weitere Standorte in Erwägung gezogen. Weshalb der Deal scheiterte.

Wenn es am Sonntag am Millerntor zum Zweitligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und RB Leipzig kommt, ist es nicht die erste Begegnung zwischen dem Kiezclub und Red Bull in der Hansestadt. Am Anfang steht ein Meeting vor achteinhalb Jahren: Der Brausemulti hatte zu Tisch gebeten, und auf der Speisekarte stand der Club selbst. Red Bull wollte den FC St. Pauli kaufen. Im Raum stand ein großes Sponsoring. Dem Club um Präsident Corny Littmann ging es sportlich wie wirtschaftlich schlecht, die Unterstützung durch finanzstarke, überregionale Partner tendierte in der unteren Tabellenhälfte der Regionalliga gegen null. Dann meldete sich Red Bull. „Ich hatte damals schon gehört, dass sie Hamburg und unseren FC St. Pauli für einen guten Standort hielten“, erinnert sich der spätere Präsident Stefan Orth, damals noch als Vize im Amt und nicht in die Gespräche involviert.

Dass es kein gewöhnliches Sponsoring war, das die Österreicher da am Millerntor anstrebten, war der braun-weißen Abordnung schnell deutlich geworden. Auf der Suche nach bestmöglichen Rahmenbedingungen für ihren geplanten Red-Bull-Fußballclub in Deutschland hatten die von Unternehmer Dietrich Mateschitz ausgesandten Strategen nach intensiver landesweiter Fahndung vier Standorte ausgemacht: München, Düsseldorf, Leipzig – und St. Pauli. Nun ging es darum, Voraussetzungen und Bereitschaft bei den einzelnen Vereinen auszuloten.

Red Bull wollte Alleinherrscher sein

So erfuhren die St. Paulianer, nachdem grundsätzliche Marketingmöglichkeiten ausgetauscht wurden, dass Red Bull bei einer Übereinkunft keineswegs nur einer von vielen Sponsoren sein wolle. Es könne nur der Red-Bull-Weg gegangen werden: talentierte Sportler zu Red-Bull-Athleten machen, eigene Sportarten erfinden, wie in der Formel 1 ein eigenes Team aufbauen – oder eben einen Fußballclub. Spannend, aber auf St. Pauli nicht umsetzbar. „Für mich und auch die meisten anderen war von Beginn an klar, dass wir nicht zusammenkommen würden. Das Thema schaffte es nicht mal in die Präsidiumssitzung“, sagt Orth heute.

Vereinsvertreter hatten Bedenken wegen Fans

Die Vereinsvertreter äußerten ihre Bedenken, verwiesen auf die große und mächtige Fanszene, die sich bereits eineinhalb Jahre zuvor mit den Anhängern von Austria Salzburg solidarisierte und gegen die Übernahme von deren Verein protestiert hatte. Im Sommer 2005 okkupierte Red Bull die Austria und änderte neben dem Namen in FC Red Bull Salzburg auch noch Wappen und Vereinsfarben. Nun sollte Ähnliches ausgerechnet beim basisdemokratischen FC St. Pauli geschehen, der Club dafür aber mit großen Investitionen aus der Regionalliga Nord in die Spitzengruppe der Bundesliga geführt werden. Die linksalternative Klubattitüde schien die hippen Werber eher anzuziehen als abzustoßen.

St. Pauli blieb eigenständig, Red Bull meldete sich nicht mehr und zog weiter – ohne dass die Öffentlichkeit Notiz nahm. Und so wanderte Red Bull ein paar Ligen abwärts nach Leipzig. Heute trennen die Sachsen nur noch fünf Punkte vom Relegationsplatz drei in Liga zwei. Während St. Pauli aktuell wieder an der Schwelle zur Drittklassigkeit steht, sind die Leipziger und Red Bull hoffnungsfroh, am Sonntag einen weiteren Schritt in Richtung Bundesliga zu gehen.