Der Hamburger Musik-Unternehmer Oke Göttlich ist neuer Präsident des FC St. Pauli. Ex-Präsident Stefan Orth sorgt unterdessen für Wirbel. Göttlich erhielt 831 von 1064 Stimmen, gut 78 Prozent.

Hamburg. Der Musik-Unternehmer Oke Göttlich ist neuer Präsident des FC St. Pauli. Auf der Mitgliederversammlung des FC St. Pauli am Sonntag im CCH wurde er von den rund 1064 anwesenden Anhängern mit 78% zum Nachfolger Stefan Orths gewählt. 831 Mitglieder stimmten für Göttlich, 139 gegen ihn, 88 Mitglieder enthielten sich. Seine vier Vize-Präsidentschaftskandidaten Thomas Happe, Reinher Karl, Joachim Pawlik und Jochen Winand wurden ebenfalls ins Amt gehoben.

Für den Aufsichtsrat, der ebenfalls neu besetzt werden musste, wurden folgende Kandidaten gewählt: Sandra Schwedler (558 Stimmen), Roger Hasenbein (507 Stimmen), Gerrit Onken (475 Stimmen), Dr. Kai Scharff (340 Stimmen), Sönke Goldbeck (287 Stimmen), Marcus Schulz (265 Stimmen) und Karsten Meincke (223 Stimmen).

In seiner Rede vor der Wahl hatte Göttlich den Schulterschluss mit dem gesamten Verein gesucht und seine alternative Herangehensweise vorgestellt. „Der FC St. Pauli ist ein Statement, um die herkömmlichen Wege zu verlassen“, sagte er mit Blick auf anstehende Vermarktungsherausforderungen der Zukunft. „Wir sind ein Verein, keine AG und keine kickende Werbeunterbrechung.“ Mit Blick auf den Nachbarn HSV, der seine Profiabteilung in diesem Sommer ausgegliedert hatte, sagte Göttlich: „Ein Verein ist kein Problem, das können noch so viele Menschen in dieser Stadt meinen. Der Verein ist unsere Chance.“

Göttlich kritisierte indirekt die sportliche Führung für die Transfers der vergangenen Jahre. „Wir brauchen ein verbessertes sportliches Personalauswahlverfahren“, forderte der 38-Jährige.

Orth: „Ich bin enttäuscht“

An Tagesordnungspunkt fünf war zuvor Stefan Orth letztmals ans Rednerpult in Saal 1 getreten. Zum letzten Mal sprach er als Präsident des FC St. Pauli zu den mehr als 900 anwesenden Anhängern. Kein leichter Gang sei dies für ihn und seine Vizepräsidenten, erklärte Orth zu Beginn, war das Team vom Aufsichtsrat doch nicht mehr zur Wiederwahl nominiert worden.

„Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich gerne weitergemacht hätte und von der Entscheidung des Aufsichtsrats enttäuscht bin“, sagte Orth. „Sie haben sich nicht für den Leitsatz ‚never change a winning team’ entschieden“, befand er. Der Aufsichtsrat hatte im Juni beschlossen, Göttlich als Präsidentschaftskandidaten zu nominieren und Orth nach siebeneinhalb Jahren nicht zur Wiederwahl zur stellen. Aufsichtsratschef Marcus Schulz begründete am Sonntag, Göttlich habe in den Punkten Führung, Strategie und Kommunikation mehr Kompetenzen. Orth habe die Ideen seines Vorgängers Corny Littmann umgesetzt, „jetzt brauchen wir jemanden, der den Zug zum Tor hat“.

Scharmützel zwischen Orth und Schulz

Dass nur ein Kandidat zur Wahl stand, kritisierten einige Mitglieder in Wortbeiträgen und lösten so Scharmützel zwischen Orth und Schulz aus. Schulz hatte in seiner Rede erklärt, niemand habe einen Wettkampf gewollt. Orth warf ein, „dann hätte man mich ja mal fragen können“. Auf Nachfrage, ob er eine Kampfkandidatur gewollt hätte, ergänzte er: „Ich wurde nicht gefragt. Ich habe nicht gesagt, dass ich solch einer Wahl aus dem Weg gehen würde. Ich habe dem Aufsichtsrat deutlich gemacht, dass ich gerne weitermachen würde.“ Schulz wehrte sich, man habe Orth im März bereits zu einem solchen Szenario befragt.

Als der scheidende Clubchef in seiner Rede auf die eigenen wirtschaftlichen- und infrastrukturellen Erfolge seiner Amtszeit verwiesen hatte, nahm Orth die anwesende Profimannschaft ins Gebet. „Mit der Entwicklung im Lizenzspielerbereich sind wir nicht einverstanden“, sagte er stellvertretend für das gesamte Präsidium. „Wir laufen dem Anspruch weit hinterher.“

Dabei gestand Orth ein, man habe in der Trainerfrage in diesem Herbst zu spät gehandelt, hätte Roland Vrabec bereits früher entlassen sollen. „Ich muss mich und uns kritisch hinterfragen, ob wir diesen Schritt nicht schon spätestens in der Sommerpause hätten vollziehen sollen“, sagte Orth und erntete dafür ebenso Applaus, wie für seinen Appell an die Mannschaft. „Es ist notwendig, dass ihr die Tugenden des FC St. Pauli an den Tag legt, dann schafft ihr auch den Schulterschluss mit den Fans wieder.“

Antrag gegen Olympia-Bewerbung abgelehnt

Zum Anschluss der Mitgliedersammlung ist ein Antrag, der Verein solle sich gegen eine Bewerbung Hamburgs um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 auszusprechen, mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Das teilte der Fußball-Zweitligist am späten Sonntagabend mit. Vier Mitglieder des Vereins hatten im Vorfeld beantragt, dass die geschäftsführenden Organe des Clubs sich öffentlichkeitswirksam gegen eine Bewerbung der Hansestadt, die mit Berlin um eine deutsche Bewerbung konkurriert, ausspricht. Wie diverse Führungskräfte hatte auch der neue St. Pauli-Präsident Oke Göttlich schon vor seiner Wahl am Sonntag die Delegierten dazu aufgerufen, den Antrag abzulehnen.