Trainer Roland Vrabec blickt nach dem emotionalen Saisonabschluss bereits voraus auf die kommende Saison. Oberste Priorität soll dabei der unbedingte Wille, die frühere Heimstärke wiederherzustellen.
Hamburg. Roland Vrabec war sichtlich beeindruckt von der Atmosphäre im Millerntor-Stadion. Beim Heimspiel am Sonntag gegen Erzgebirge Aue (2:2), geprägt vom Abschied des Kapitäns und Urgesteins Fabian Boll, herrschte tatsächlich einmal wieder eine ganz besondere Stimmung, die in den vergangenen Monaten zumindest teilweise, bei manch enttäuschenden Vorstellungen der St.-Pauli-Mannschaft, verloren gegangen schien. Trainer Vrabec sprach gar davon, eine Gänsehaut bekommen zu haben.
Dies soll nun aber auch künftig wieder viel häufiger als zuletzt der Fall sein. Vrabec ist dabei bewusst, dass dies – ohne die Verabschiedung eines Publikumsliebling wie Boll – nur bei einer mitreißenden Spielweise seiner Mannschaft und einer deutlich verbesserten Erfolgsquote möglich sein wird. Der Trainer und Sportdirektor Rachid Azzouzi haben die auffällige Heimschwäche als wichtigsten Punkt ausgemacht, den es jetzt zu analysieren und in der kommenden Saison zu verbessern gilt. Die gerade einmal 20 Punkte aus den 17 Spielen (fünf Siege, fünf Unentschieden und sieben Niederlagen) im Millerntor-Stadion bedeuten in der Heimtabelle der Zweiten Liga nur Platz 14. Zum Vergleich: In der Saison zuvor, als sich St. Pauli erst am vorletzten Spieltag aller Abstiegssorgen entledigen konnte, gab die gute Heimbilanz mit 29 Punkten den Ausschlag dafür, dass am Ende der zehnte Rang heraussprang.
„In diesem Stadion und mit solchen Fans muss man eine Heimmacht sein“, sagte Roland Vrabec zum Saisonabschluss. Dabei wurmt es ihn besonders, dass unter seiner Regie als Cheftrainer sogar nur zwei von zehn Partien am Millerntor gewonnen wurden. Unter Vorgänger Frontzeck waren es drei Heimsiege in sieben Spielen. Zum Aufstieg hätte in dieser Saison zwar auch nicht die Heimbilanz des Vorjahres gereicht, aber wenn das Team – mit mehr am Millerntor ergatterten Punkten – länger Anschluss an die Spitzenplätze gehalten hätte, wäre womöglich eine positive Eigendynamik entstanden.
Für die kommende Saison erwartet auch Sportdirektor Rachid Azzouzi insgesamt ein anderes Auftreten der eigenen Mannschaft in den Heimspielen. „Ich hoffe, das Thema Heimschwäche ist mit dem heutigen Tag beendet. Die Gegner sollen künftig wieder Angst haben, wenn sie hier spielen müssen, anstatt sich darauf zu freuen und dann am Ende auch noch die Punkte mitnehmen“, sagt er.
In den kommenden Tagen werden Vrabec und Azzouzi denn auch mit den Vertretern des St.-Pauli-Präsidiums die abgelaufene Saison aufarbeiten. Um dabei eine Lösung zu finden, die Heimschwäche zu überwinden, müssen zunächst die Ursachen dafür analysiert werden. Ein Aspekt ist sicherlich, dass der Mannschaft lange Zeit eine Führungsfigur wie Boll fehlte, die in der Lage ist, gleichermaßen Mitspieler und Zuschauer mitzureißen.
Zur neuen, am 1. August startenden Zweitligasaison, wird Vrabec erstmals nach seinen Vorstellungen ein Team zusammenstellen und die Vorbereitung, die am 18. Juni beginnt, gestalten können. „Es ist für mich eine Herausforderung und ein Ansporn, von Anfang an verantwortlich zu sein. Ich weiß aber auch, dass ich in der Pflicht stehe und mich an den Ergebnisse messen lassen muss“, sagt Vrabec realistisch.
Nach den bereits feststehen Zugängen Daniel Buballa (Aalen) und Michael Görlitz (FSV Frankfurt) sollen noch im Mai weitere neue Spieler unter Vertrag genommen werden. „Einerseits möchte ich früh Klarheit haben, andererseits aber wollen wir auch noch die Tür offenhalten, um eventuell gegen Ende der Transferperiode noch einen Spieler dazu zu holen“, erläutert Vrabec seine Personalplanung.