Ein Kommentar von Carsten Harms
Ist ein Trainer für den FC St. Pauli denkbar, der stoisch, scheinbar emotionslos das Geschehen auf dem Rasen verfolgt und dabei womöglich den Eindruck erweckt, ihm sei es ohnehin ziemlich gleichgültig, was da um ihm herum geschieht? Wohl kaum. Roland Vrabec ist da eher das Gegenteil. Der 40-Jährige fährt schon mal aus der Haut, wenn einer seiner Spieler einen Fehler macht oder der Schiedsrichter einmal wieder eine vermeintlich falsche Entscheidung gegen sein Team getroffen hat. Vrabec gestikuliert dann mit seinen Händen und kann auch ziemlich laut werden.
Seit er im vergangenen November das Cheftraineramt beim FC St. Pauli übernommen hat, erntete er schon viel Lob dafür, dass er so authentisch und ehrlich geblieben ist und sich nicht verstellt, wenn es kritisch wird. Am Sonntag aber war er einen Schritt zu weit gegangen. Nach dem 0:3 gegen den VfR Aalen bezeichnete er auf der Pressekonferenz, die auch live in die mit ein paar Tausend Menschen gefüllten VIP-Räume des Millerntor-Stadions übertragen wurde, die völlig berechtigte Frage nach den Solidaritätsbekundungen für den nicht berücksichtigten Kapitän Fabian Boll als „schwachsinnig“.
Tags darauf hatte er sich besonnen und entschuldigte sich für diesen Umgang. Es ist dabei nebensächlich, ob er von sich darauf gekommen ist oder einem guten Rat folgte. Vrabec hat Stil und Größe bewiesen, was für einen emotional geprägten, unter Erfolgsdruck stehenden Mann nicht alltäglich ist. Dies sollten auch die, die den Trainer kritisch sehen, anerkennen.