Im Sommer war für den Stürmer Schluss beim FC St. Pauli. Nun spielt der 35-Jährige für den VfL 93 und arbeitet täglich in seinem Klamottenladen in der Schanze.
Hamburg. Vor ein paar Monaten spielte er noch vor zigtausend Zuschauern und war im Fernsehen zu bewundern, jetzt kommen nur noch ein paar Hundert. Ex-Profi Marius Ebbers war im Sommer hinabgestiegen in die sechste Liga des Amateurfußballs. Als sein Vertrag im Sommer beim FC St. Pauli nicht verlängert wurde und sich ein Wechsel in die USA zerschlagen hatte, schloss sich der Torjäger dem Landesligisten VfL 93 Hamburg an. „Ich hatte einfach Lust, wieder auf dem Platz zu stehen“, erzählt der 35-Jährige.
Ein Wechsel zu einem anderen Proficlub kam für ihn nicht infrage. Angebote gab es, doch sein neues Standbein war ihm wichtiger. Ebbers ist Inhaber des Mode-Geschäfts „Ebb and flow“ im Schanzenviertel. Dort steht er jeden Tag hinter der Kasse. Fußball ist nun nur noch Hobby.
Verlernt hat der schussgewaltige Stürmer, der es in 77 Bundesliga- und 273 Zweitliga-Spielen auf stolze 108 Tore gebracht hat, nichts. Auch beim VfL 93 zählt er mit neun Toren in zwölf Partien zu den treffsichersten Kickern. Und unterfordert fühlt er sich in Liga 6 auch nicht: „Natürlich ist der Fußball in den oberen Klassen viel schneller, und es wird viel vorausschauender gespielt. Aber auch in der Landesliga können die Jungs gut kicken.“
Sein Trainer Olaf Ohrt ist glücklich, dass Ebbers den Schritt in den Amateurfußball gewagt hat: „Er bringt einfach eine gewisse Klasse mit. Natürlich hat er hier nicht die starken Mitspieler wie in der Bundesliga. Daher war er oft auf sich alleine gestellt. Mittlerweile aber ist auch das Zusammenspiel untereinander besser geworden.“
Dass Ebbers für öffentliche Aufmerksamkeit sorgt, ist für den VfL ein angenehmer Nebeneffekt. Bei seinem Landesliga-Debüt, als ihm gleich zwei Tore gelangen, war ein Dutzend Journalisten vor Ort. Zum Training kommen regelmäßig Kinder, um Autogramme vom Fußballstar zu ergattern. Wobei Ebbers nicht der einzige „Promi“ im VfL-Trikot ist: Abwehrspieler Hauke Brückner kickte ebenfalls bei St. Pauli, Stürmer Olufemi Smith gewann 2,5 Millionen Euro bei „Schlag den Raab“. Und Mittelfeldmann Paul Janke wurde durch die TV-Show „Bachelor“ bekannt.
Top-Gagen kann der VfL 93 indes nicht zahlen – auch den „Stars“ nicht. „Ein Marius Ebbers kommt nicht zu uns, um Geld zu verdienen. Ein Spieler seiner Klasse könnte viel mehr bekommen. Er hatte einfach Bock auf Fußball“, meint Trainer Ohrt. Das bestätigt der Ex-Profi, der vor seiner Hamburger Zeit beim MSV Duisburg, 1. FC Köln und Alemannia Aachen gekickt hat: „Wir trainieren zweimal die Woche. Unter Profibedingungen hatte ich fünf- bis siebenmal Training. Diesen Aufwand wollte ich jetzt aber nicht mehr haben“, erzählt Ebbers. Sein Vertrag läuft bis zum Saisonende, eine Verlängerung ist nicht ausgeschlossen. „Je nachdem, wie sich meine Knochen dann anfühlen.“
Die Bindung zum FC St. Pauli, wo er fünf Jahre gespielt hat, ist weiter vorhanden, manchmal schaut er sich Spiele im Stadion an. „Fußball im Fernsehen finde ich zu langweilig.“ Und immer mal wieder gibt es Momente, da würde er gern noch mal am Millerntor auflaufen. „Im Nachhinein denke ich, dass erfahrene Spieler wie Florian Bruns und ich dem Verein noch gut getan hätten. Nicht nur auf dem Platz, auch außerhalb“, sagt Ebbers, der ein Opfer der Verjüngungskur beim FC St. Pauli war. Böse ist er seinem Ex-Club deshalb aber nicht. Warum auch? In der Landesliga ist es schließlich auch ganz nett.