Die beiden Offensivspieler verstehen sich nicht nur auf dem Platz prächtig. Bleibt BVB-Leihgabe Ginczek in Hamburg, planen sie eine WG.

Hamburg. Die Einschätzung, dass Profifußballer im Grunde nur Ich-AGs sind, für die nur die eigene kurze Karriere wichtig ist, ist weit verbreitet. Es existieren etliche Beispiele dafür, die diesem Image des egoistischen Berufskickers immer wieder Nahrung geben. Kann es in diesem Klima des Konkurrenzdenkens überhaupt echte Männer-Freundschaften geben, die mehr sind als die Zweckgemeinschaft, die Spieler eines Vereins nun einmal eingehen müssen, um sportlich zu bestehen?

Ja, es gibt so etwas ganz offenbar – jedenfalls beim FC St. Pauli. Daniel Ginczek, 21, und Kevin Schindler, 24, bilden ein fast unzertrennliches Duo. Dabei kennen sich die beiden Offensivspieler keineswegs seit Jugendzeiten, sondern lernten sich erst kennen, als Daniel Ginczek im vergangenen Sommer als Leihgabe des deutschen Meisters Borussia Dortmund ans Millerntor kam. Und selbst dies verlief nicht ohne Hindernisse. „Kevin hat in den ersten drei Wochen überhaupt kein Wort mit mir geredet“, sagt Torjäger Ginczek heute noch.

Es klingt wie ein Vorwurf, doch heute müssen beide darüber lachen. Als sie sich nach einem Training erstmals spontan zum Mittagessen verabredeten, war das Eis gebrochen. „Wir haben uns unterhalten und dabei festgestellt, dass wir dieselbe Macke haben. Wir sind beide gleich blöd verrückt, haben immer irgendwie Quatsch im Kopf“, berichtet Schindler. „Im Ernst, wir haben unheimlich viele gemeinsame Interessen.“ Dazu gehört Shoppen in der City und Steakessen vorzugsweise in der Schlachterbörse. „Danach statten wir dann meist ,Ebbe‘ noch in seinem Laden einen Besuch ab“, erzählt Ginczek. „Ebbe“ ist St. Paulis Stürmer Marius Ebbers, 35, der sich mit einer Boutique ein zweites Standbein aufgebaut hat.

Von solchen Gedanken sind Ginczek und Schindler noch weit entfernt, sie wollen im Fußball noch viel erreichen. Ginczek ist mit seinen bisher sieben Saisontoren für St. Pauli auf einem guten Weg. Der drei Jahre ältere Schindler hat in den vergangenen Jahren schon Höhen und Tiefen des Profisports intensiv kennengelernt. Da er in diesen Tagen gerade mit dem FC St. Pauli im Trainingslager im türkischen Belek weilt, kann er sich besonders gut erinnern. „Hier hat alles begonnen. Ich war gerade einmal 18 Jahre alt, als ich mit Werder Bremen ins Wintertrainingslager reisen durfte“, berichtet er. Kaum wieder daheim an der Weser, bekam er von Trainer Thomas Schaaf sogar im Uefa-Pokal seinen ersten Kurzeinsatz.

Doch dann stoppten ihn Verletzungen auf dem Weg, sich einen Stammplatz zu erkämpfen. Um Spielpraxis zu sammeln wurde er an Hansa Rostock, den MSV Duisburg und den FC Augsburg verliehen. „Das dritte Leihgeschäft war dann doch eines zu viel“, sagt er. Im Sommer 2011 verließ er Bremen und unterschrieb einen Dreijahresvertrag beim FC St. Pauli. „Ich wollte mich endlich wieder irgendwo richtig zu Hause fühlen“, sagt er.

„Das möchte ich auch bald“, wirft Daniel Ginczek ein. Ob das auch Hamburg und der FC St. Pauli sein werden, ist weiter ungewiss. Noch steht eine Einigung zwischen Borussia Dortmund, St. Pauli und Ginczek selbst aus, wie es in der kommenden Saison weitergehen soll. Das Interesse des Kiez-Clubs, seinen Topstürmer zu behalten, ist groß.

Kommt es dazu, dann wollen Ginczek und Schindler eine Wohngemeinschaft bilden. „Jetzt hat jeder seine eigene Wohnung, die nicht ganz billig ist, aber wir sind fast immer zusammen“, sagt Ginczek. Platz für mögliche Freundinnen soll die gesuchte Wohnung aber auch haben. „Wir wollen ja nicht in einem Doppelbett zusammen übernachten, sondern auch je unseren eigenen Raum haben“, sagt Schindler.

Im gemeinsamen Wohnzimmer aber wird dann die Playstation nicht fehlen. Die ist jetzt auch im Trainingslager dabei, ganz zufällig teilen sich die beiden ein Zimmer. „Es steht 3:0 für mich“, berichtet Ginczek über den Zwischenstand nach den ersten Matches. „Warte nur, wir sind noch eine ganze Zeit hier“, antwortet Schindler. Noch hofft er, dass er das für den Gesamtsieg ausgelobte Essen nicht spendieren muss.