Ein Kommentar von Peter Wenig

Es war eine Geste mit Kalkül. Mit dem Verzicht auf Fans beim Auswärtsspiel am Sonntag beim FC St. Pauli wollte Dynamo Dresden dem Deutschen Fußball-Bund signalisieren, dass man das Gewaltproblem verstanden habe. Die Taktik ist gescheitert. Das Sportgericht fällte ein drakonisches Urteil: Dynamo wird nach den Gewaltexzessen seiner Fans beim Pokalspiel in Dortmund für den Pokal der nächsten Saison gesperrt. Das Maß war voll - schließlich musste sich Dresden seit 2002 bereits zum 28. Mal vor dem Sportgericht wegen Fanrandale verantworten. Und natürlich schreit es nach harten Konsequenzen, wenn ausgerechnet der vorgeladene Sicherheitsbeauftragte des Zweitligavereins Hooligans als "erlebnisorientierte Fans" verharmlost.

Und doch bleibt es ein Urteil der Ohnmacht. Niemand kann seriös einschätzen, ob der erhoffte Abschreckungseffekt wirklich einsetzen wird. Die harschen Reaktionen aus Sachsen mit dem Vorwurf, man habe ein Exempel an einem Ostklub statuieren wollen, lassen eher das Gegenteil befürchten. Dabei ist das Image des Traditionsklubs schon jetzt irreparabel geschädigt. Welcher Sponsor will noch für eine Marke werben, die nun deutschlandweit für Randale steht? Die Finanzlage dürfte sich bei Dynamo weiter verschärfen, womit automatisch die verdienstvolle Jugendarbeit des Klubs gefährdet wird.

Und doch greift die Diskussion über Dresden viel zu kurz. Welche Dimension die Gewalt im Fußball inzwischen angenommen hat, zeigt die Aussage des Dortmunder Einsatzleiters. Er erklärte, dass ein Herausfischen der Randalierer aus den 4500 Dynamo-Fans zu einem "Blutbad und bürgerkriegsähnlichen Zuständen" geführt hätte. Der Tag, an dem Hochsicherheitsspiele schon vor dem Anstoß abgepfiffen werden müssen, scheint nicht mehr fern.