5800 Stehplätze dürfen im Heimspiel am 12. März gegen den Karlsruher SC nicht besetzt werden. Zunächst sollten 13.000 Fans draußen bleiben.

Frankfurt. Der FC St. Pauli muss für den Kassenrollenwurf eines Fans gegen Frankfurts Profi Pirmin Schwegler mit einem Spiel unter Teilausschluss der Zuschauer büßen. Dieses Urteil gegen den Zweitligisten fällte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) unter dem Vorsitz von Hans E. Lorenz am Montag in Frankfurt/Main. 5800 Stehplätze dürfen im Heimspiel am 12. März gegen den Karlsruher SC nicht besetzt werden. Mit den Blöcken A, B, C, G und H sind die komplette Süd- und Teile der Nordtribüne betroffen. DFB-Chefankläger Anton Nachreiner hatte beantragt, dass 13.000 Zuschauer draußen bleiben sollen. Die Stadionkapazität beträgt 24.487 Plätze. Der Klub hatte auf eine Geldstrafe gehofft. Der zu erwartende Gesamtverlust für den Klub wird etwa 80.000 Euro betragen.

In seinem Urteilsspruch begründete der Richter die Aufhebung des ursprünglichen Urteils mit der Besonderheit dieses speziellen Falls. Zum einen sei St. Pauli zwar einschlägig aufgefallen in der letzten Zeit, zum anderen war der Wurf mit der Kassenrolle aber eine Fahrlässigkeitstat. Zudem hob Lorenz das vorbildliche Nachtatverhalten hervor.

"Ein massives Urteil, wir hatten uns eine Geldstrafe erhofft. Wir begrüßen es aber, dass das Gericht von seiner ursprünglichen Strafe abgewichen ist", sagte Vizepräsident Gernot Stenger.

Kassenrollenwurf: Sportgericht lädt den FC St. Pauli vor

Lorenz wertete im Besonderen das Erscheinen des Werfers als äußerst positiv. Nach der Vernehmung aller Zeugen konnte jedoch zunächst keine Einigung erzielt werden, da die Vorstellungen beider Seiten zu weit auseinander lägen. Um 16:35 Uhr wurde das Urteil dann gesprochen.

Der Klub war zuletzt einige Male wegen Ausschreitungen seiner Anhänger in die Schlagzeilen geraten. Vizepräsident Gernot Stenger bat um eine differenzierte Bewertung des Falls und betonte zum Auftakt der Verhandlung: „Heute geht es um den fehlgegangenen Versuch, eine Kassenrolle in die Luft zu werfen, um zu einer Choreographie beizutragen. Das war eine Dummheit, etwas Ungehöriges, das nicht ins Stadion gehört.“

Auch Sportchef Helmut Schulte war anwesend. " Es wird sich zeigen, ob das Sportgericht in der Lage ist, zu differenzieren oder nur zu generalisieren" sagte Schulte und wies noch einmal darauf hin, dass sich dieser Fall mit anderen Ausschreitungen nicht vergleichen ließe. Zudem hätte auch der geschädigte Schwegler nach dem Spiel keine Anstalten gemacht, die Aktion zu dramatisieren.

Lorenz lockerte die Verhandlung mit einigen Sprüchen auf. So sagte er zu den Vertretern des Vereins, sie seien "bei uns immer herzlich willkommen", und spielte darauf an, dass sich St. Pauli erst vor zehn Monaten wegen eines Bierbecherwurfs in Frankfurt verteidigen musste.

Von Frankfurts Kapitän Pirmin Schwegler, der es vom Trainingsplatz der Eintracht bis in die DFB-Zentrale nur ein paar hundert Meter weit hat, wollte der Richter wissen ob er "Auslagen" hätte, und fragte zudem, wieviele Papierrollen er in seinem Leben schon an den Kopf bekommen hätte.

Dem Kassenrollenwerfer Martin R. war weniger nach Scherzen zumute. Er bedauerte seinen Wurf, der niemanden hätte verletzen sollen und brach während seiner Stellungnahme in Tränen aus. Er habe sich gestellt, da er mit dem Unrechtsbewusstein nicht hätte Leben können und musste nach der Aktion sofort an den Becherwurf denken. "Mir ging ganz schön die Pumpe", sagte der 20-jährige Abiturient.

Mit Material von dpa