Der 39-jährige Trainer des SC Paderborn wird neuer Chefcoach des FC St. Pauli und erhält einen Zweijahres-Vertrag. Eine gute Wahl?

Hamburg. Koller, Skibbe, Wollitz? Nein, der neue Trainer von Fußball-Bundesligist FC St. Pauli heißt André Schubert. Der 39-Jährige Hesse und sein Co-Trainer Jan-Moritz Lichte kommen zur neuen Saison und erhalten in Hamburg einen Zweijahresvertrag. „St. Pauli ist ein Kultverein mit besonderem Flair und toller Fan-Szene“, schwärmt Schubert. Noch zwei Spiele ist er jedoch bei seinem Verein SC Paderborn als verantwortlicher Coach eingebunden.

In Hamburg soll Schubert den Kurs des scheidenden Trainers Holger Stanislawski, der zu 1899 Hoffenheim wechselt, fortführen. Mit Geldscheinen wird der neue Mann am Millerntor nicht beworfen. Der Kiezklub lebt die Politik des kleinen Geldbeutels und sieht gerade deswegen in Schubert die Idealbesetzung auf dem Trainerposten. Der ebenfalls lange gehandelte Schweizer Marcel Koller wäre deutlich teurer geworden und fiel durchs Raster. „André Schubert ist für die Situation, in der wir nächstes Jahr sind, genau der richtige Mann“, sagt Sportchef Helmut Schulte. Auch Präsident Stefan Orth vermutet, das neue Duo passe „hervorragend zu unserer sportlichen Philosophie.“

Schubert eilt der Ruf des akribischen Arbeiters voraus, den Konsequenz und Prinzipientreue auszeichnen. Ebenso wie Stanislawski gehörte er zu Jahrgangsbesten beim Trainerlehrgang. „Ich will nicht anstreben, ihn zu ersetzen“, sagt Schubert über die Vaterrolle des zu 1899 Hoffenheim abwandernden Stanislawski. „Ich will mich nicht zwanghaft von ihm absetzen, ihn aber auch nicht kopieren.“ Unabhängig davon, in welcher Liga St. Pauli in der kommenden Saison spielt, verfolgt Schubert ein klares Konzept: "Die Zielrichtung wird sein, einen attraktiven, offensiven und begeisternden Fußball mit viel Leidenschaft zu spielen", sagte er.

Der neue Coach bevorzugt eine Philosophie im Umgang mit dem Team, die sich vermutlich von der eines Felix Magath deutlich unterscheiden dürfte. „Der Fußballer muss sich wohlfühlen“, bekennt Schubert. „Der Teamgedanke spielt eine große Rolle. Innerhalb von bestimmten Regeln kann sich der Spieler frei entfalten.“ Eine gute Stimmung soll das tägliche Grundraster sein, „aber“, so Schubert, „wir sind kein Debattierklub“. (dpa/abendblatt.de)

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Mit Schubert in eine neue Ära

Der FC St. Pauli hat das Vakuum auf der Position des Cheftrainers für die kommende Saison geschlossen. André Schubert, 39, wird Nachfolger von Holger Stanislawski, der nach 18 Jahren beim Kiezklub am 22. Juni seinen Dienst als Coach der TSG Hoffenheim antritt, und bringt auch seinen Co-Trainer Jan-Moritz Lichte mit. "Wir bekommen zwei sehr gut ausgebildete, hoch motivierte Trainer, die erfolgshungrig sind und unserer Mannschaft und unseren Fußball weiterentwickeln werden", sagte St. Paulis Präsident Stefan Orth, "sie werden unseren Weg erfolgreich weiterführen und passen hervorragend zu unserer sportlichen Philosophie." Schubert, der einen Zweijahres-Vertrag erhält, ist aktuell noch als Sportlicher Leiter und Trainer für Zweitligaklub SC Paderborn tätig, hatte vor dreieinhalb Wochen aber bereits um die Auflösung seines bis zum 30. Juni 2012 befristeten Arbeitspapiers zum Saisonende gebeten: "Die Etatbesprechungen in den vergangenen Wochen deuteten zum jetzigen Zeitpunkt darauf hin, dass in der kommenden Saison weitere Einsparungen notwendig sind. Im Wissen um die schwierige Situation der laufenden Saison sehe ich jedoch kein weiteres Einsparpotenzial und bin demzufolge nicht davon überzeugt, mit den vorhandenen Möglichkeiten den Klassenerhalt zu sichern und die Planungen in dieser wichtigen Phase voranzutreiben." Schubert ist ein Mann der Prinzipien, konsequent - und bislang ausnahmslos erfolgreich.

Als der damalige Drittligist aus Ostwestfalen im Mai 2009 auf der Zielgeraden noch im Aufstiegsrennen zu scheitern drohte, übernahm der gebürtige Kasseler neben seiner Funktion als Sportchef zwei Spieltage vor dem Saisonende auch das Traineramt von Pavel Dotchev, siegte mit der Mannschaft souverän mit 6:0 und 3:0, setzte sich in der Relegation gegen den VfL Osnabrück durch und stieg auf. Nach einem sensationellen fünften Platz mit Paderborn in der Abschlusstabelle 2010 gelang ihm auch in dieser Saison trotz des vom Marktwert günstigsten Kaders aller 18 Zweitligisten (11,4 Millionen Euro) am vergangenen Wochenende der vorzeitige Klassenerhalt. Eine beeindruckende Bilanz. Neben dem sportlichen Erfolg überzeugte die Verantwortlichen beim FC St. Pauli um die Präsidiumsmitglieder Bernd-Georg Spies und Stefan Orth aber vor allem das Konzept des Kasseler Fußballlehrers, der seinen Lehrgang 2004 wie Stanislawski fünf Durchgänge darauf und auch Co-Trainer Lichte als Primus abschloss.

Das Duo Schubert/Lichte lernte sich bereits beim KSV Baunatal kennen, wo Schubert seinen heutigen Assistenten in der Jugend trainierte. Im Jahr 2000 übernahm der Glatzkopf im Alter von 28 Jahren die Koordination des Nachwuchsbereichs, zwei Jahre darauf die der DFB-Stützpunkte in Nordhessen. Schubert, der in Kassel Sport und Germanistik studiert hat, blieb zunächst beim Verband. Unter dem langjährigen Auswahltrainer Bernd Stöber sammelte er als Co-Trainer der U-15-, U-16- und U-17-Nationalmannschaft weitere Erfahrungen im Juniorenbereich, hospitierte parallel bei zahlreichen deutschen Profiklubs auf dem Nachwuchssektor, unter anderem auch beim Hamburger SV.

Schuberts Affinität und seine Kenntnisse im Nachwuchsbereich waren ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl, mit der sich die Trainerfindungskommission um Vizepräsident Bernd-Georg Spies am Ende für den Wunschkandidaten (Abendblatt berichtete) und gegen einige renommierte Cheftrainer entschied. Die Philosophie des Klubs soll fortgesetzt werden. "Dieses Duo ist eine tolle Besetzung für unseren Verein. Junge, ambitionierte Trainer, die bestens zu uns passen und wissen, was den Klub ausmacht. Sie haben eine klare Idee von Fußball", so Spies in einer ersten Stellungnahme.

Am vergangenen Sonntag hatte sich das Präsidium unter Hinzuziehung von Sportchef Helmut Schulte endgültig auf den Top-Kandidaten festgelegt und mit Schubert Einigkeit erzielt. Einen Tag darauf setzte sich der Aufsichtsrat mit der Personalie auseinander und gab gestern Abend grünes Licht. Auch zur Freude von Schulte: "Ich bin davon überzeugt, dass die Entscheidung, mit André Schubert und Jan-Moritz Lichte in die nächsten Jahre zu gehen, absolut richtig ist. Ich kenne André Schubert schon seit über zehn Jahren und habe seinen Weg verfolgt. Er hat in den letzten Jahren eine sehr positive Entwicklung genommen und ist für die Situation, in der wir nächstes Jahr sind, genau der richtige Mann."

Der Auserwählte selbst, der gestern Geschäftsstelle und Stadion besuchte, weiß, dass er nach der erfolgreichen viereinhalbjährigen Trainer-Ära Stanislawski in große Fußstapfen tritt. Doch eine Kopie ist trotz der Optik, dem Hang zu Jeans und Kapuzenpullovern sowie der ausgezeichneten fachlichen Expertise nicht zu erwarten. Schubert ist selbstbewusst, wird seinen eigenen Weg gehen und in den kommenden Tagen entscheiden, ob er mit den verbliebenen Mitgliedern aus Stanislawskis Trainerteam weiterarbeiten wird. "Ich habe mich sehr über die Kontaktaufnahme gefreut, wir hatten professionelle, angenehme und zielführende Gespräche. Hier finde ich ideale Bedingungen, um meine Vorstellungen vom Fußball umsetzen zu können", sagt er und blickt nach vorn: "Ich freue mich sehr auf die Herausforderung beim FC St. Pauli." Es beginnt eine neue Ära. Für den Verein, aber auch für ihn selbst.