Hamburg. HSV-Stürmer informiert Kuntz über seinen Verbleib. Eine Ausstiegsklausel lief auch bei Reis aus, doch die Personalie ist anders.

Als Stefan Kuntz' Handy am Freitagabend klingelte, dürfte sein Puls etwas höher geschlagen haben. Knapp 24 Stunden vor Ablauf der Ausstiegsklausel von Robert Glatzel bekam der Sportvorstand des HSV einen Anruf seines Stürmers, der ihm seine Entscheidung in einem direkten Gespräch mitteilen wollte.

Was Kuntz dann zu hören bekam, wird ihn erfreut haben, denn Glatzel machte unmissverständlich klar, nicht nur seine vertraglich festgeschriebene Wechseloption verstreichen zu lassen. Der Torschützenkönig der Zweiten Liga bekannte sich zugleich zum HSV, mit dem er sein großes Ziel Bundesliga gemeinsam erreichen will.

HSV-Bekenntnis von Robert Glatzel

Damit beendete der 30-Jährige jegliche durch den Boulevard aufgekommene Spekulation, er könnte den Zweitligisten auch verlassen, ohne Gebrauch von seiner Ausstiegsklausel von rund 2,5 Millionen Euro zu machen – für eine ab sofort frei verhandelbare Summe.

„Der HSV, die Fans und Hamburg bedeuten mir sehr viel, das habe ich mehrfach erwähnt“, ließ sich Glatzel auf der vereinseigenen Webseite zitieren, auf der sein Verbleib am Sonnabendnachmittag offiziell verkündet wurde. „Ich kann es kaum erwarten, dass die kommende Saison losgeht. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dass wir unsere Ziele gemeinsam erreichen.“

Warum es bei Reis kein Statement gibt

Rund zehn Stunden später lief auch die Ausstiegsklausel von Ludovit Reis aus. Doch im Gegensatz zu Glatzel blieb eine Mitteilung auf hsv.de diesmal aus. Der Hintergrund ist, dass der HSV seine Fans nicht einfach nur über die abgelaufene Klausel informieren wollte – zumal der Club ohnehin keine Vertragsdetails öffentlich macht. In der Mitteilung über Glatzel kommt das Wort „Ausstiegsklausel“ deshalb gar nicht erst vor. Stattdessen wird sein Verbleib in den Vordergrund gestellt.

Doch genau dieser ist bei Reis eben noch unklar. Anders als Glatzel griff der Niederländer noch nicht zum Telefon, um bei Kuntz ein Treuebekenntnis zu hinterlegen. Der zentrale Mittelfeldspieler will erst einmal die Vorbereitung abwarten, um zu sehen, wie Trainer Steffen Baumgart mit ihm plant und welche Interessenten sich möglicherweise noch bei ihm melden, jetzt, da seine Ablösesumme frei verhandelt werden kann.

HSV-Verbleib? Wie es bei Reis weitergeht

Der HSV-Coach hatte Reis im Saisonfinale als Rechtsverteidiger für den häufig verletzten Ignace Van der Brempt eingesetzt. Eine Position, auf der die Stärken des laufstarken Strategen kaum zur Geltung kamen. In Zukunft möchte Reis wieder eine feste Rolle im Mittelfeldzentrum spielen, um mehr Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Sollte sein Wunsch erfüllt werden, gilt ein Verbleib des 24-Jährigen weiterhin als sehr wahrscheinlich.

Seine vertragliche Situation lässt ohnehin kaum einen anderen Spielraum zu. Der HSV möchte seinen Vizekapitän halten und würde wohl nur bei einem unmoralischen Angebot schwach werden. Doch ein solches Angebot ist weiterhin nicht in Sicht. Schon die Höhe seiner Ausstiegsklausel, die zwischen fünf und sechs Millionen Euro lag, hatte potenzielle Interessenten abgeschreckt.

Wie Kuntz Glatzel überzeugte

Und dennoch gewinnen Außenstehende den Eindruck, dass bei Reis das eine oder andere Gespräch vonnöten ist, um ihn von einem Verbleib beim HSV zu überzeugen. Mit welcher Herangehensweise dieses Ziel erreicht werden kann, unterstrich Kuntz bereits bei Glatzel. Der Manager hatte dem Stürmer eine hohe Wertschätzung entgegengebracht, indem er ihn in einem persönlichen Gespräch nach Glatzels Urlaub emotional berührte.

Dabei zeigte Kuntz seinem Angreifer auf, wie der Aufstieg im siebten Anlauf endlich gelingen soll und welche wichtige Rolle Glatzel in der Mannschaft weiterhin einnehmen soll. Anders als in den beiden vergangenen Jahren, als der FC Schalke 04 (2022) und der VfB Stuttgart (2023) den Topstürmer verpflichten wollten, waren diesmal keine finanziellen Anreize in Form einer Vertragsverlängerung im Gespräch.

HSV-Sportvorstand Stefan Kuntz freut sich über den Verbleib von Robert Glatzel.
HSV-Sportvorstand Stefan Kuntz freut sich über den Verbleib von Robert Glatzel. © Witters | Unbekannt

„Wir haben gute, intensive und offene Gespräche miteinander geführt“, gab Kuntz preis. „Bobby hat stets den Eindruck vermittelt, dass er seinen Weg und seine Aufgabe beim HSV als noch nicht vollendet ansieht – ebenso wie seine persönliche Entwicklung. Und auch ich habe das Gefühl, dass er sich unter Steffen Baumgart noch einmal weiterentwickeln und Steffen noch mehr aus Bobby herausholen kann.“

Glatzel lehnte Augsburg-Offerte ab

Auch Glatzel sprach von einem „intensiven“ und „wertschätzenden Austausch“. Zugleich räumte der Torjäger offen ein, sich nach der Saison Gedanken über seine Zukunft gemacht zu haben. Letztlich lag dem Torjäger allerdings nicht die eine Offerte vor, die ihn ins Grübeln gebracht hätte.

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Weil er und seine Familie sich extrem verbunden mit dem HSV und dem Wohnort Eimsbüttel fühlen, hatte Glatzel die Messlatte eines Wechsels selbst sehr hoch gelegt. Es hätte schon alles passen müssen, damit der Familienmensch seine vor einem Jahr eingeschulte Tochter Elea mit einem Umzug in eine andere Stadt konfrontiert hätte.

Doch es passte eben nicht alles bei den zweifellos vorhandenen Anfragen. Nach Abendblatt-Informationen bemühte sich vor allem Bundesligist FC Augsburg intensiv um eine Verpflichtung des Stürmers, der daraufhin aber nicht bereit war, in Hamburg alles stehen und liegenzulassen.

HSV-Pläne: Wird Glatzel zum Faktor für Reis?

Möglicherweise wird Glatzel nach seinem Telefonat mit Kuntz nun auch die Nummer seines Mitspielers Reis wählen, um ihn von einem Verbleib zu überzeugen. Das Bekenntnis des Torjägers dürfte sich als Mosaikstein für die Kaderplanung erweisen. Verpflichtet werden soll unter anderem ein weiterer Stürmer, der neben Glatzel zuverlässig trifft. Zudem sendet der Club mit dieser Personalie ein wichtiges Signal an die Konkurrenz: Mit dem HSV ist auch in der neuen Saison zu rechnen.