Anaheim. Wie Marleen Groß die Vermarktung des Clubs in den USA vorantreibt und welche Rolle der Dino dabei spielt.
Es war eine große Bühne für den HSV. Nicht wegen der 5000 Zuschauer, die sich am Dienstagabend das Freundschaftsspiel beim US-amerikanischen Zweitligisten Orange County im Stadion von Irvine anschauten. Für die weltweite Bühne sorgten die Liveübertragungen der globalen Streamingdienste DAZN und ESPN. Wie hoch die Einschaltquoten wirklich waren, ist noch nicht bekannt. In jedem Fall aber bekommt der HSV in Kalifornien die Aufmerksamkeit, die sich die Deutsche Fußball Liga mit ihrer finanziellen Unterstützung von 100.000 Euro für die Hamburger erhofft hat.
Zu den Zuschauern vor Ort gehörte auch Marleen Groß. Die 31-Jährige leitet beim HSV die Business Unit Brand, Culture, Digital. Man könnte sie aber auch einfach als Marketingchefin bezeichnen. Und in dieser Funktion hat Groß gemeinsam mit ihrem Team auch die Reise des HSV nach Kalifornien organisiert. Das große Ziel: den deutschen Fußball, aber auch den HSV in den USA bekannter zu machen.
„Wir wollen die Marke des HSV präsentieren und vor Ort eine Strahlkraft erzeugen, die uns für neue Partner attraktiv macht“, sagt Groß im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“. Mit dem Chiphersteller NXP hat der HSV bereits einen Partner, der in Kalifornien produziert. Groß plant dort auch einen Besuch.
HSV-Marketing: Die Bedeutung von Dino Hermann
Die Karriere der ehemaligen Hockeyspielerin im Volkspark begann vor acht Jahren mit einem Praktikum im Kinder- und Jugendmarketing. Dabei hat sie vor allem die Strahlkraft von HSV-Maskottchen Dino Hermann kennengelernt. Es ist daher kein Zufall, dass der Dino auch mit nach Los Angeles geflogen ist. „Der Dino ist ein wichtiger Markenbotschafter und ein Magnet für die junge Zielgruppe. Er hat aber auch auf erwachsene Menschen eine unglaubliche Wirkung. Er generiert Aufmerksamkeit und zaubert jedem ein Lächeln ins Gesicht.“
Ob der Dino letztlich dabei helfen kann, dass der HSV in Kalifornien neue Partner findet, ist offen. Trotz der früheren Erfolge spielt der Zweitligist aus Hamburg in den USA keine Rolle. Das kann Marleen Groß aus eigener Erfahrung bestätigen. 2012 lebte die Hamburgerin im Rahmen ihres Studiums an der Universität Bayreuth für ein Jahr in Miami und spielte dort für das Feldhockey-Universitätsteam in der NCAA. Der nationale College-Sport ist in den USA riesig. Das wird der HSV erfahren, wenn er am Sonnabend das Footballspiel der UCLA Bruins gegen die USC Trojans vor 50.000 Zuschauern im Rose Bowl besucht. Das ist das Stadion, in dem 1994 das WM-Finale zwischen Brasilien und Italien stattfand.
Groß trug in ihrer Zeit im College-Hockey auch gerne mal ein Trikot ihres Lieblingsvereins. „Den HSV kannte niemand“, sagt sie. Das soll sich nun ändern. Make HSV great again. Groß und ihr Team haben in den USA verschiedene Aktionen und Aktivitäten vorbereitet, um die Vorgaben der DFL zu erfüllen.
Die Bedeutung der HSV-Tour in die USA
Beim Stadionfest im Rahmen des Testspiels bei Orange County hatte die Hamburger Delegation sogar ihr eigenes Bier von Partner König Pilsener dabei. Der US-Club hatte in seiner Social-Media-Ankündigung des Testspiels zunächst auch ein Design erstellt, das an das Münchner Oktoberfest erinnert. Motto: Oans, zwoa, G’suffa. „Den Unterschied zwischen Bayern und Norddeutschland mussten wir noch einmal klarstellen“, sagt Groß und lacht. Und tatsächlich hat Orange County auf der offiziellen Grafik nun ein Fischbrötchen und eine Dose König Pilsener eingefügt – nicht bayerisch, sondern hamburgisch.
Bereits Anfang Oktober ist Groß gemeinsam mit Teammanager Lennart Coerdt nach Los Angeles geflogen, um die Reise vorzubereiten. Seine bislang letzte Marketingtour hatte der HSV 2014 nach Indonesien gemacht. Der asiatische Markt war für den Club schon immer interessant. Nun sind die USA wieder in den Fokus gerückt. Dort war der HSV in früheren Zeiten bereits achtmal.
Neben den Hamburgern sind aktuell auch Bayer Leverkusen, der VfB Stuttgart und der 1. FC Köln in den Staaten unterwegs. Eintracht Frankfurt (Japan) und Borussia Dortmund (Vietnam/Singapur/Indonesien) touren durch Ostasien. 14 Märkte hat die DFL im Ausland für sich als Ziele definiert. Erst in der vergangenen Woche war Marleen Groß für den HSV auf einer DFL-Versammlung der Kommission Internationalisierung in Frankfurt. Dort trafen sich alle Verantwortlichen der zwei Bundesligen für das Auslandsmarketing und besprachen die gemeinsamen Richtlinien und den langen Maßnahmenkatalog für die Förderwürdigkeit der Clubs.
Wie lockt der HSV noch mehr Fans ins Stadion?
Viel Zeit hatte der HSV für die Umsetzung seiner Reise nicht. Die Gespräche mit der DFL begannen zwar schon im Frühjahr, doch erst vor acht Wochen wurden die Planungen konkret. Die Schwierigkeit: Weil die Major League Soccer ihre Saison erst kürzlich beendet hat, die Ligen in einem Franchisesystem organisiert sind und die Spieler daher keine laufenden Verträge mehr haben, standen dem HSV keine Erstligisten für ein Testspiel zur Verfügung.
Eine der DFL-Vorgaben ist es aber, gleichwertige Gegner für die Liveübertragungen zu finden. Die Wahl fiel am Ende auf Orange County. Ein Argument bei der Entscheidung: Der US-Club hat eine Partnerschaft mit den Glasgow Rangers – genau wie der HSV.
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Im Laufe der Woche werden sich Marleen Groß und ihre Kollegen beim Football auch inspirieren lassen, wie auch der Stadionbesuch beim HSV noch attraktiver gestaltet werden kann, ohne zu kommerziell zu werden.
Dass eine Musikerin beim Singen der Nationalhymne vor dem Spiel ausgepfiffen wird wie Carolin Niemczyk von der Band Glasperlenspiel beim Bundesliga-Eröffnungsspiel zwischen Eintracht Frankfurt und Bayern München? „Das würde in den USA nicht passieren“, sagt Groß, die lange auch die Stadionshow bei den Heimspielen koordinierte. „Wichtig ist, dass es mit dem HSV zu tun hat und unserer Identität und nicht einfach nur eine wilde Idee aus dem Marketing ist“, sagt Groß.
HSV-Marketing: Wie sich Groß Wertschätzung erarbeitete
Ideen hat sie als Führungskraft beim HSV einige. Im Schatten von Marketingdirektoren und Vorständen wie Joachim Hilke, Florian Riepe, Henning Bindzus, Philipp Mokrohs oder zuletzt Thomas Wüstefeld hat sich Groß durch ihre inhaltliche Arbeit innerhalb des Clubs immer wieder eine hohe Wertschätzung erarbeitet. Von der Praktikantin bis zur Abteilungsleiterin hat Groß beim HSV einen steilen Aufstieg hingelegt. Den will sie nun auch mit dem Club begleiten. Die USA-Reise soll neben allen Marketingzwecken dabei helfen.
„Vielleicht ist es ein schöner Nebeneffekt, dass unser Team hier noch enger zusammenwächst“, sagt Groß. Als Bundesligist würde die Wahrscheinlichkeit steigen, dass der HSV in Zukunft wieder häufiger in die USA reist.