Hamburg. Der 27-Jährige Sebastian Schonlau spricht über die Schmerzen der alten Saison und die neue Lust auf den Aufstieg seiner Mannschaft.

Nach dem Training am Dienstagnachmittag dürfte sich Sebastian Schonlau an alte Zeiten in Paderborn erinnert gefühlt haben. Um den Balldienst für die Woche auszuspielen, schossen die HSV-Spieler in Gruppen wechselweise auf gestapelte Wasserkisten. Ein Spiel, das auch gut auf dem Hamburger Dom zum Einsatz kommen könnte. Schonlau holte mit seiner Gruppe um Xavier Amaechi und Jonas David am Ende den Sieg. Kein Wunder, schließlich war der HSV-Kapitän in seiner Zeit beim SC Paderborn regelmäßiger Gast bei der jährlichen Kirmesveranstaltung.

Gut möglich also, dass man Schonlau in den kommenden Wochen häufiger mal auf dem Sommerdom auf dem Hamburger Heiligengeistfeld treffen wird. „Ich habe gesehen, dass dort schon wieder aufgebaut wird. Das werden wir mit den Kollegen definitiv in Angriff nehmen“, sagte Schonlau am Dienstag vor dem Training beim Besuch in der Abendblatt-Redaktion.

HSV: Schonlau nimmt Favoritenrolle an

Der 27-Jährige sitzt am Hochtisch, trägt ein weißes T-Shirt und spricht im Podcast „HSV – wir müssen reden“ eine Halbzeit lang über die am Wochenende beginnende Zweitligasaison. Sieben Wochen nach dem verpassten Aufstieg in der Relegation gegen Hertha BSC gibt sich Schonlau schon wieder angriffslustig. Und das nicht nur fürs Dosenwerfen oder Pferderennen auf dem Dom, sondern für den Kampf um die ersten zwei Plätze in der Zweiten Liga, der für den HSV am Sonntag (13.30 Uhr) mit dem Auswärtsspiel bei Aufsteiger Eintracht Braunschweig beginnt.

Nicht nur Sky-Experte Torsten Mattuschka bezeichnet die Hamburger als Topfavoriten, auch der HSV selbst nimmt die Rolle des Gejagten an. „Wir sind der HSV, wir sind der Favorit, und wir haben Bock darauf, der Favorit zu sein. Und das sollte man auch von Anfang sehen“, sagt Schonlau über das Spiel am Sonntag an der Hamburger Straße in Braunschweig, aber auch über die Liga insgesamt, wenn es um die Frage nach den Topteams geht. „Ich würde uns auf eins sehen. Auch Bielefeld wird wieder eine gute Rolle spielen.

Schonlau: HSV, Relegation und ein Loch

Hannover sehe ich weit vorne, die haben eine Menge getan“, sagt Schonlau, der aber auch seinem Ex-Club Paderborn wieder eine gute Rolle zutraut. In jedem Fall geht der HSV die neue Saison selbstbewusst an. Schonlau gefällt das. „Ich finde es gut, weil es nicht glaubwürdig wäre, wenn wir nach so einer Saison sagen würde, wir gucken mal. Wir wollen aufsteigen, wir wollen unser großes Ziel erreichen.“

Beinahe wäre ihm das schon in seiner ersten Saison mit dem HSV gelungen. Denkbar knapp scheiterten die Hamburger in der Relegation erst im Rückspiel nach einer verdienten Heimniederlage gegen Hertha. An die Minuten und Stunden danach erinnert sich Schonlau nicht gerne zurück. „Klar fällst du ein Stück weit in ein Loch. Die ganze Saison kämpfst du für dein großes Ziel. Dann erlebst du so eine Enttäuschung. Das tut natürlich weh“, sagt Schonlau, der am liebsten gar nicht mehr über die vergangene Saison reden würde.

Schonlau über Relegationsschmerz beim HSV

Doch die Bilder vom Abend des 23. Mai sind noch präsent. Trainer Tim Walter und die Mannschaft mit Schonlau vorneweg waren nach dem Spiel durch die Polizeiabsperrung gelaufen, um sich bei den HSV-Fans zu bedanken. „Wir waren überrascht, dass die Polizei aufs Feld gekommen ist. Sie wird ihre Gründe gehabt haben. Für uns stand fest, dass wir uns bei den Fans für den Support bedanken wollten. Sie haben uns unglaublich gepusht und auch nach dem Spiel noch gesungen, als wären wir aufgestiegen.“

Doch so richtig trösten konnten die HSV-Spieler nach diesem Abend auch die Fans nicht. „Ich weiß noch, dass ich lange in der Kabine war und spät nach Hause gekommen bin. Dort hat mich meine Freundin in den Arm genommen, das tat sicher auch ganz gut. Dann lag ich noch ein bisschen auf dem Sofa und habe versucht, mich mit Fernsehgucken abzulenken, so weit das möglich ist. Das war keine allzu schöne Zeit“, sagt Schonlau.

Schonlau deckt geheime HSV-Videos auf

Mittlerweile hat der Abwehrchef die alte Saison abgeschüttelt. Schon im Trainingslager in Österreich war zu spüren, dass die Stimmung in der Mannschaft wieder stimmt. Wegen einer hartnäckigen Fußverletzung, mit der sich Schonlau schon in der Endphase der Saison durch die Spiele gequält hat, konnte er die meisten Einheiten in der Steiermark gar nicht mitmachen. Abseits des Platzes war Schonlau aber mittendrin.

Er verrät, wie die Mannschaft in der Woche die Aufgabe hatte, in Kleingruppen jeweils ein kreatives und lustiges Video abseits der Trainingseinheiten zu drehen. Am letzten Tag des Camps wurden die Sieger vom Trainerteam ausgezeichnet. „Es kamen viele lustige Videos zustande. Es war das Ziel, dass alle etwas zu lachen haben. Wir haben ein paar lustige Jungs in der Truppe, die lassen sich den einen oder anderen Unfug einfallen“, berichtet Schonlau.

Auch interessant

Auch interessant

Am Sonntag wird es nun wieder ernst. Ob der Kapitän, der in der vergangenen Saison mit 3137 Minuten so lange auf dem Platz stand wie kein anderer HSV-Spieler, am Sonntag wieder in der Startelf steht, ließ Walter nach dem 5:1-Sieg beim FC Basel noch offen. In dieser Woche soll sich Schonlau die nötige Fitness holen. Ansonsten spielt Jonas David wie schon in Basel in der Innenverteidigung an der Seite von Mario Vuskovic. Läuft alles nach Plan, dürfte Schonlau seinen Stammplatz aber zurückbekommen. „Alle anderen Jungs verdienen sich das genauso wie ich. Ich freue mich trotzdem, wenn ich am Sonntag auf dem Platz stehe.“

Nicht nur für Schonlau ist es ein großer Vorteil, dass die Spieler die Idee von Trainer Walter verinnerlicht haben. Vor einem Jahr war das noch anders. „Ich hatte die ersten zwei Wochen Probleme zu verstehen, was der Trainer von mir will“, gibt Schonlau ganz offen zu. „Es ist komplett unterschiedlich zu dem, was man sonst kennt als Innenverteidiger. Aber man fuchst sich da rein, das hat man in der Saison gesehen. Ich bin froh, dass wir bei der Spielidee bleiben und nicht etwas ganz Neues machen.“ Das gilt auch für die Konstellation insgesamt. „Es tut uns gut und war wichtig, dass nicht nur das Trainerteam zusammengeblieben ist, sondern auch der Kern der Mannschaft. Für die neuen Jungs ist es einfacher, wenn die Mitspieler wissen, wie es funktioniert.“

Schonlau ist bereit. Für Braunschweig. Für den Aufstieg. Und auch für den Dom.