Hamburg. Der 28-Jährige spricht über sein Comeback beim HSV, seine Zukunft, das Festhalten an Walter und den bevorstehenden Abgang von Kittel.

Tim Leibold kommt am Mittwochnachmittag gerade von einem Termin im UKE, als ihn das Abendblatt auf dem Handy erreicht. Im Athleticum kümmerten sich die Physiotherapeuten mal wieder um sein Knie. Fast acht Monate ist es her, dass sich Leibold in der zweiten Runde des DFB-Pokals das vordere Kreuzband im rechten Knie gerissen hat. Nun ist die Leidenszeit endlich vorbei.

„Ich habe mein Programm absolviert. Es ist alles im grünen Bereich“, sagt Leibold in fast schon euphorischer Stimmlage. Am Montag wird der Linksverteidiger mit seinen Teamkollegen das erste Mal auf dem Trainingsplatz stehen. Und Leibold ist wieder ein fester Bestandteil. „Es ist schön, dass es endlich wieder losgeht.“

HSV: Leibold weinte nach Relegation

Nicht jeder Spieler im HSV-Kader dürfte nach der kurzen Pause schon wieder so viel Vorfreude haben wie Leibold. Gerade mal dreieinhalb Wochen ist es her, dass der HSV durch die 0:2-Niederlage im Relegationsrückspiel gegen Hertha BSC im Volksparkstadion den Aufstieg in die Bundesliga verpasste. Selbst bei Leibold, der das Spiel auf der Tribüne verfolgte, war der Schmerz größer als in den zwei Jahren zuvor. „Ich fand es fast noch enttäuschender, weil es im letzten Spiel entschieden wurde. Es sind ein paar Tränen geflossen, nicht nur bei mir.“

Die Tränen sind getrocknet, die neue Saison beginnt bereits in vier Wochen. Anders als in den vergangenen Jahren hat der HSV bereits offensiv formuliert, dass der Aufstieg das Ziel sein wird. „Es ist genau richtig zu sagen, dass wir nach Platz drei den nächsten Schritt gehen wollen. Ohne Schalke und Werder wird es vielleicht wieder so sein, dass alle uns als Favoriten sehen. Wir wollen wieder angreifen und versuchen den Aufstieg zu schaffen.“

„Ich habe mich zeitweise gequält"

Nach seiner schweren Kreuzbandverletzung im DFB-Pokalspiel bei seinem Ex-Club 1. FC Nürnberg fühlt sich der 28-Jährige nun sogar besser als zuvor. Probleme mit seinem Knie hatte er schon länger, doch Leibold ignorierte die Signale. „Ich habe mich zeitweise gequält, habe unter Schmerzen trainiert. Ich habe nie eine Pause gemacht“, sagt er. Nun konnte er die lange Pause gezielt nutzen. „Ich konnte die Stabilisatoren rund um mein Knie gut aufbauen. Es wird vielleicht noch einmal in der Vorbereitung mit den vielen Einheiten reagieren, aber Stand jetzt ist es viel besser als vor der Verletzung.“

Leibold ist nicht nur zurück in der Mannschaft – er will auch so schnell wie möglich seinen Stammplatz zurück. Auf der linken Abwehrseite wird er gegen Miro Muheim konkurrieren. Den Schweizer hatte der HSV nach dem Leihgeschäft fest vom FC St. Gallen verpflichtet. Bis zu seiner Verletzung war Leibold noch gesetzt. „Ich habe ja lange genug zugeschaut“, sagt Leibold und lacht. „Es wird Zeit, dass ich selbst wieder meinen Beitrag dazu leiste, dass wir weiter einen guten Ball spielen.“

Leibold verpasste Kittels Hochzeit

Während Leibold wieder da ist, haben seine langjährigen Teamkollegen Jan Gyamerah und David Kinsombi den Club bereits verlassen. Sein bester HSV-Kumpel Sonny Kittel wird der nächste sein. Kittel steht vor einem Wechsel in die USA. „Natürlich ist das schade. Wenn man drei Jahre mit den Jungs zusammenspielt, wächst etwas zusammen. Aber damit muss man immer rechnen. So ist das Geschäft“, sagt Leibold, dem insbesondere Kittels Abgang wehtun wird.

Leibold und Kittel bildeten in ihren drei gemeinsamen Jahren beim HSV auf der linken Seite ein harmonierendes Pärchen. Vor allem in der ersten Saison spielten sie sich zusammen in die Herzen der Hamburger Fans. Leibold mit seinen Vorlagen, Kittel mit seinen Toren. Doch nicht nur auf dem Platz verstanden sich die beiden bestens.

In der Sommerpause war Leibold zu Kittels Hochzeit eingeladen. Doch weil Leibold kurz vorher krank wurde, musste er sein Kommen im letzten Moment absagen. Es war womöglich die letzte Chance, seinen Freund vor dem fast sicheren Transfer in die USA noch einmal persönlich zu sehen.

„Ich finde es gut, dass man am Trainer festhält"

Leibold wäre dann neben Josha Vagnoman und Bakery Jatta der einzige ver­bliebene Feldspieler, der in der Saison 2019/20 noch regelmäßig zum Einsatz kam. Zumindest blieb – anders als in den vergangenen zwei Jahren – der große Schnitt im Kader in der Sommerpause aus.

In seinem vierten HSV-Jahr wird Leibold zudem erstmals mit dem Trainer in die neue Saison starten, mit dem der Club die alte beendet hatte. Tim Walter ist der erste HSV-Chefcoach seit Bruno Labbadia (2016), der die zweite Sommervorbereitung in Folge bestreitet. „Ich finde es gut, dass man am Trainer festhält. Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Leibold. „Und es ist gut, dass wir einen Großteil der Mannschaft zusammenhalten.“

Noch kein Gespräch über Leibolds HSV-Vertrag

Auch Leibolds eigene Zukunft dürfte bald ein Thema werden. Sein Vertrag beim HSV läuft 2023 aus. Ein Verkauf wie bei Kittel ist angesichts seiner Kreuzbandgeschichte ausgeschlossen. Mit der sportlichen Führung hatte er vereinbart, sich nach der abgelaufenen Saison zusammenzusetzen. Dieses Treffen steht noch aus. Aktuell haben die Kaderplaner des HSV allerdings noch andere Themen abzuarbeiten. Und auch Leibold drängt nicht auf eine zeitnahe Entscheidung. „Ich konzentriere mich jetzt erst einmal darauf, komplett fit zu werden und regelmäßig zu spielen. Der Rest kommt dann von allein.“

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Zumindest die Fitness ist schon wieder da. In Kürze wird Leibold dann auch wieder sein erstes Spiel für den HSV bestreiten – voraussichtlich im Trainingslager in der Steiermark in Österreich. Dass sein Knie hält, spürte Leibold schon in den letzten Einheiten der vergangenen Saison, als er wieder mit dem Team trainierte. „Es war gut für den Kopf, dass ich vor der Pause noch mittrainieren konnte. Ich habe keine Angst, mich in Zweikämpfe zu werfen. Der Rest kommt jetzt über die Einheiten und die Spiele.“ Leibold ist zurück. Und das alleine ist für ihn schon ein großes Glück.