Hamburg. Der HSV musste nach seinem Abstieg Demut lernen. Was ein Erfolg in der Relegation für ein Zeichen senden würde.

Geht es Ihnen auch so, dass Ihnen vor anstehenden bedeutenden Ereignissen Bilder von früher durch den Kopf gehen? Wer 2014 beim Relegations-Rückspielkrimi des HSV in Fürth dabei war, wird wohl nie vergessen, wie Heiko Westermann kurz vor Spielende im Strafraum über den Ball senste und jeder im Stadion dachte: Das ist der Sieg für Fürth und der Abstieg für die Hamburger! Doch es blieb beim 1:1 – und der HSV rettete sich mit zwei Remis in der Relegation nach zuvor fünf Niederlagen in Folge in der Liga über die Linie.

Ein Jahr später war ich als Reporter in der Nachspielzeit schon in der Mixed-Zone des Karlsruher Stadions, um die ersten Stimmen nach dem Abstieg zu sammeln. Den Ausgleich von Marcelo Diaz hörte ich damals nur in den Katakomben. Nach der Partie tanzte Dietmar Beiersdorfer mit den Spielern im Bus vor der Arena so heftig, dass das ganze Fahrzeug wackelte.

Nachspiel: 2018 stieg der HSV ab

Auch 2017 entkam der HSV nur ganz knapp dem Abstieg, als Luca Waldschmidt mit seinem Siegtor gegen Wolfsburg am letzten Spieltag für einen Orkanjubel sorgte, die Fans nach dem Abpfiff den Rasen fluteten und Lewis Holtby auf dem Dach der Ersatzbank tanzte und den Feierdirigenten spielte.

2018 war es dann so weit. Endlich, wie viele sagten, weil der HSV am 12. Mai die Quittung für eine Serie von missglückten Spielzeiten und falschen Entscheidungen erhielt und seinen Dinostatus verlor – unter peinlichen Begleiterscheinungen. Weil auf der Nordtribüne massenhaft gezündelt wurde, musste die (berittene) Polizei das Spielfeld sichern, um einen möglichen Platzsturm zu verhindern. Untergangsstimmung.

HSV wird neue Erinnerungen schaffen

Jetzt, am Montagabend, wird der HSV so oder so neue Erinnerungen schaffen. Gelingt dem Walter-Team tatsächlich der Aufstieg, wäre es die Belohnung dafür, viele Widerstände und Rückschläge in dieser Saison überwunden zu haben und als Mannschaft funktioniert zu haben. Allein Letzteres – normalerweise eine Selbstverständlichkeit – war viel zu selten der Fall.

Ein Erfolg in der Relegation wäre das Ende eines langen Kapitels, in dem der HSV vor allem eines lernen musste: Demut. Und er wäre gleichermaßen Zeichen des Aufbruchs und Mahnung, danach nicht sofort wieder in die gleichen fehlerhaften Muster von früher zu verfallen. Sonst wird es 2023 wieder neue Bilder geben, die sich die leidgeprüften HSV-Fans gerne ersparen würden.