Hamburg. Bei einem Duo entlud sich der Frust nach dem 1:3 im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Freiburg. Kommt ein BVB-Talent nach Hamburg?

Am Tag nach dem 1:3 im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den SC Freiburg herrschte Ruhe beim HSV. Auf dem Platz schufteten am Mittwoch nur die verletzten Maximilian Rohr und Elijah Krahn (beide Muskelfaserriss) für ihr Comeback. Weder das übliche Spielersatztraining noch das klassische Auslaufen der Stammspieler fand am Mittwoch statt. Die Mannschaft regenerierte geschlossen in den Katakomben des Volksparkstadions. Eben ganz ruhig.

HSV News: Trainer Walter gerät mit Sky-Reporter aneinander

Alles andere als ruhig ging es am Dienstagabend nach dem Abpfiff zu. Innenverteidiger Mario Vuskovic (20) und Spielmacher Sonny Kittel (29) gerieten verbal aneinander. Trainer Tim Walter (46) schaute sich den Zwist zunächst an, ging dann aber dazwischen. Der 46-Jährige hielt mit seiner Hand den Mund von Vuskovic zu und trennte die beiden Streithähne letztlich. Worum es in dem Disput ging, wollte der HSV-Coach nach dem Spiel nicht verraten. "Die Jungs waren verärgert, aber darüber reden wir morgen", erklärte Walter ruhig und besonnen in der Pressekonferenz.

Minuten zuvor geriet Walter ob der Situation mit Vuskovic und Kittel aber mit Sky-Reporter Martin Groß aneinander, der verständlicherweise die Hintergründe der Streitigkeiten wissen wollte. "Wenn das Ihr größtes Problem ist, dann weiß ich auch nicht. Wegen so einer dummen Lappalie. Wir können gerne über das Spiel reden, aber nicht über so eine blöde Situation“, pampte Walter den Journalisten an.

Wie ein Ringrichter beim Boxen: Tim Walter (M.) trennt die Streithähne Sonny Kittel (r.) und Mario Vuskovic.
Wie ein Ringrichter beim Boxen: Tim Walter (M.) trennt die Streithähne Sonny Kittel (r.) und Mario Vuskovic. © Witters

Der Frust war eben groß über die vergebene Chance, erstmals seit 1987 wieder ins Endspiel um den DFB-Pokal einzuziehen. Bei der Ursachenforschung der verdienten Niederlage gerät unweigerlich das System Tim Walter mal wieder in den Fokus. Wie in der Zweiten Liga auch praktizierten die Hamburger auch gegen den Bundesligaclub ihr sehr kleinteiliges Aufbauspiel mit extrem hohem Risiko, das durch das hervorragende Pressing der Freiburger bitter bestraft wurde. Ähnlich war es bereits im Achtelfinale gegen den 1. FC Köln, als es der Bundesligaclub verpasst hatte, die unzähligen Fehler im HSV-Aufbau in Tore umzumünzen. Am Ende kamen die Hamburger glücklich im Elfmeterschießen eine Runde weiter. Doch spätestens da hätte Walter verstehen müssen, dass seine Spielidee gegen höherklassige Clubs nur bedingt funktioniert.

Das musste der HSV vor 57.000 Zuschauer am Dienstag schmerzvoll erfahren. Freiburgs Trainer Christian Streich hatte seine Hausaufgaben vor dem Halbfinale gemacht und den Walter-Fußball gut analysiert. Vor allem der linke Innenverteidiger Sebastian Schonlau und Linksverteidiger Josha Vagnoman wurden immer wieder aggressiv angelaufen, und zu Fehlern gezwungen. So entstanden gerade in der ersten Hälfte immer wieder hohe Ballgewinne der Freiburger, die zu gefährlichen Situationen führten. "Na, was heißt Taktik? Man bereitet sich ein bisschen vor. Und Vagnoman und Schonlau sind Rechtsfüßer, die beide auf der linken Seite spielen", erklärte Streich seinen Kniff und zuckte mit den Achseln.

HSV-Trainer Walter verteidigt risikoreiche Spielweise

Doch Tim Walter wäre eben nicht Tim Walter, wenn er seinen Spielstil nicht auf Gedeih und Verderb durchziehen würde. Der Vorwurf, der 46-Jährige sei zu stur, um die durchaus nicht unansehnliche, aber häufig ineffektive Spielidee dem Gegner anzupassen, dürfte ebenso lauter werden wie der Vorwurf, Walter habe keinen taktischen Plan B in der Tasche. Spätestens nach den zahlreichen Ballverlusten in der Anfangsphase wäre eine bessere Balance zwischen Kurzpassspiel und langen Bällen, um dem Pressing der Freiburger zu entgehen, wohl die bessere Wahl für den HSV gewesen.

Der HSV-Trainer selbst zeigte sich gewohnt selbstbewusst und verteidigte seinen Matchplan. "Das einzige, das wir gezeigt haben, ist, dass wir nie aufgeben und fußballerisch definitiv mithalten können. Wir werden den Weg, den wir eingeschlagen haben, weitergehen. Wir machen uns nicht abhängig von Ergebnissen", betonte Walter, wohlwissend, dass für seine Zukunft in Hamburg sehr wohl Resultate eine wichtige Rolle spielen werden.

Für den HSV und Walter gilt es nun, die bisher insgesamt unbefriedigende Zweitliga-Saison anständig zu beenden. Auch wenn theoretisch noch die Chance besteht, in den Aufstiegskampf einzugreifen, deutet derzeit vieles darauf hin, dass die Hamburger, die am Sonnabend (13.30 Uhr) bei Jahn Regensburg antreten müssen, auch in der kommenden Saison zweitklassig bleiben.

Medienbericht: HSV interessiert sich für BVB-Talent

Die Planungen für die neue Spielzeit laufen daher bereits langsam an. So soll der HSV nach Abendblatt-Informationen Kontakt zu Abwehrtalent Lion Semic (18) von Borussia Dortmund aufgenommen haben. Der Vertrag des Rechtsverteidigers läuft im Sommer aus und wäre somit ablösefrei zu haben. Am Wochenende feierte der Youngster beim 6:1-Sieg des BVB gegen Wolfsburg sein Bundesliga-Debüt. Zuerst hatte die "Halterner Zeitung" über das Interesse berichtet.

Rechtsverteidiger Lion Semic gilt als großes Abwehrtalent. Deshalb will der HSV den Youngster von Borussia Dortmund verpflichten.
Rechtsverteidiger Lion Semic gilt als großes Abwehrtalent. Deshalb will der HSV den Youngster von Borussia Dortmund verpflichten. © Getty Images

Semic könnte in Hamburg die Nachfolge von Jan Gyamerah (26), der bei den Hamburgern wohl keinen neuen Vertrag erhalten wird, und Josha Vagnoman (21), der bei einem Nichtaufstieg mit einem Wechsel in die Bundesliga liebäugelt, antreten.