Hamburg. Der frühere Verteidiger des HSV ist beim Afrika-Cup als TV-Experte tätig und spricht über Probleme und Chancen in seiner Heimat.
Am Mittwochabend saß Guy Demel wieder mit dem französischen TV-Reporter Pierre Henry-Dufeil zusammen. Für den Sender Canal+ kommentierten die beiden zusammen das erste Halbfinale im Afrika-Cup zwischen Burkina Faso und dem Senegal. Und ganz nebenbei werden Demel und Henry-Dufeil sicher auch wieder über den HSV gesprochen haben. Demel spielte von 2005 bis 2011 sechs Jahre im Volkspark, Henry-Dufeil wurde 2009 zum HSV-Fan, als die Hamburger in der Europa-League-Qualifikation bei AS Guingamp mit 5:1 gewannen.
Mit Dreierpacker Mladen Petric, Paolo Guerrero, Jerome Boateng, Zé Roberto und eben auch Demel. Heute arbeiten der aus Guingamp stammende Henry-Dufeil und Demel Seite an Seite beim Fernsehen. „Der HSV verfolgt mich überall“, sagt Demel am Mittwoch im Abendblatt-Podcast „HSV – wir müssen reden“ (abendblatt.de/hsv-podcast) und lacht.
Guy Demels Erfolge mit dem HSV
Der frühere Rechtsverteidiger hat in Hamburg die bis heute letzte große Zeit miterlebt, als der HSV noch in der Champions League spielte und zweimal ins Halbfinale der Europa League einzog. Doch wenn Demel an den HSV denkt, dann hat er auch noch sein für ihn trauriges Ende im Kopf. Der damalige Trainer Michael Oenning schob ihn im Sommer 2011 zur zweiten Mannschaft ab, der Club drängte auf ein vorzeitiges Vertragsende. Demel wechselte schließlich zu West Ham United nach England. „Der Abschied tat sehr weh. Es hat lange gedauert, darüber hinwegzukommen“, sagt Demel rund zehn Jahre später. „Ich hatte keine Möglichkeit, mich von den Fans zu verabschieden. Es war sehr schwer für mich und meine Familie.“
Heute ist Demel 40 Jahre alt und lebt am Rande von Paris. Seine Karriere hat er vor vier Jahren in der französischen Hauptstadt beim FC Red Star beendet. Frankreich ist seine zweite Heimat. Als Kind wuchs er mit seiner aus der Elfenbeinküste stammenden Familie im Norden von Marseille auf. In einem Viertel, das von Gewalt und Drogen geprägt war. Nur dank des Fußballs und seiner Familie schaffte Demel den Sprung in ein besseres Leben. „Meine Mutter war sehr streng. Sie hat aufgepasst, dass ich auf dem richtigen Weg bleibe. Der Fußball hat mein Leben gerettet. Die Zeit, die ich auf dem Fußballplatz stand, konnte ich nicht mit den falschen Leuten im Ghetto zusammen sein.“
Was Demel gelang, haben in Frankreich auch viele andere Profifußballer mit afrikanischen Wurzeln geschafft. Doch in ihren Ursprungsländern hat sich dadurch nur wenig verbessert. Deswegen will Demel in Zukunft selbst in die Elfenbeinküste reisen und helfen, die Fußball-Infrastruktur zu verbessern. „Das ist mein Plan. Ich will meine Erfahrungen aus Europa einbringen“, sagt Demel, der 35 Länderspiele für die Elfenbeinküste bestritt, bei zwei Weltmeisterschaften (2006/2010) dabei war und auch selbst den Afrika-Cup spielte.
Demel sieht Potenzial für HSV in Afrika
Heute finden sich in fast allen europäischen Topclubs Spieler mit afrikanischem Hintergrund. So wie der frühere HSV-Profi Maxim Choupo-Moting vom FC Bayern München, der am Donnerstag mit Gastgeber Kamerun auf Titelfavorit Ägypten um Superstar Mohamed Salah vom FC Liverpool trifft. „Die afrikanischen Spieler haben sich entwickelt, der Fußball aber leider nicht“, sagt Demel. „Der Fußball muss viel besser organisiert werden, vor allem in den Jugendakademien. Die 16- bis 18-Jährigen haben keine Chance, in einer Liga zu spielen. Das ist traurig“, sagt Demel, der viele Probleme sieht. „Es gibt zu wenig Plätze. Die Trainer müssen besser ausgebildet werden. Der Verband muss mehr investieren. Die Spieler gehen zu schnell nach Europa, um auf einem höheren Level zu spielen. Deswegen sind die Ligen nicht so gut.“
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Dabei sieht Demel auf dem afrikanischen Markt große Chancen, Talente zu finden und zu entwickeln. Red Bull hat in Ghana vor einigen Jahren eine Nachwuchsakademie gegründet. Projekte dieser Art müsste es viel mehr geben, meint Demel. Auch für Clubs wie den HSV würden dort große Möglichkeiten schlummern. „Die Spieler in Europa sind so teuer geworden. Es wäre schlau, neue Akademien in Afrika zu gründen und die Spieler früher zu finden. Auch für den HSV gibt es dort viele Potenziale.“
Dass Demel trotz seines traurigen Abschieds noch am HSV hängt, wird mehr als deutlich. „Der HSV ist in meinem Herzen. Es war ein Traum, was ich dort erlebt habe. Wir hatten eine geile Mannschaft und die Überzeugung, jeden schlagen zu können.“ So wie 2006, als der HSV auch dank des ersten Bundesligatores von Demel mit 2:1 beim FC Bayern München gewann.
Heute ist der Ivorer häufiger mal wieder in München, Dortmund oder Leipzig zu Gast – als TV-Experte. „Ich hoffe, dass der HSV aufsteigt, damit ich endlich wieder nach Hamburg kommen kann“, sagt Demel. Dann hätte er noch einmal die Chance, sich gebührend von den Fans zu verabschieden.