Hamburg. Der Sportvorstand des 1. FC Nürnberg freut sich auf die Rückkehr in den Volkpark am Sonntag und warnt vor den Hamburgern.
So langsam aber sicher steigt das Kribbeln bei Dieter Hecking. Am Sonntag kehrt der 57-Jährige als Sportvorstand des 1. FC Nürnberg zum Topspiel gegen den HSV ins Volksparkstadion zurück. Jener Ort, der in der Saison 2019/20 sein Arbeitsplatz war. Rein tabellarisch kommt der "Club" als noch ungeschlagener Tabellenvierter in der Favoritenrolle nach Hamburg.
Hecking sieht Kontinuität als Grund für guten Saisonstart
"Ich glaube, wenn man die Tabelle anschaut, sehe ich sie als Formtabelle. Jahn Regensburg hatte im Sommer keine großartigen Veränderungen in der Mannschaft oder beim Trainer. Beim SC Paderborn gab es eine Veränderung auf der Trainerposition, aber sie haben noch dieselbe Spielidee wie unter Steffen Baumgart. St. Pauli mit wenig Veränderungen. Der KSC war letztes Jahr schon beständig und ist wieder vorne dabei. Wir haben wenig Veränderungen und sind mit vorne dabei. All diese Vereine haben die Chance genutzt, und sich oben festgesetzt", erklärt Hecking.
Ohnehin will der erfahrene Fußballexperte das derzeitige Tableau nicht überbewerten. Die Abstände zwischen ganz oben und ganz unten sind überschaubar. Zwei Niederlagen, und schon befindet man sich wieder im grauen Mittelfeld. "Von Platz eins bis zehn sind es vier Punkte. Das spricht für totale Ausgeglichenheit der Liga", sagt Hecking.
Hecking lobt und kritisiert die Spielweise des HSV
Mit großem Interesse verfolgt der starke Mann in Nürnberg auch den HSV. Dass die Hamburger sich ähnlich schwer tun wie die anderen vermeintlichen Schwergewichte der Liga, wundert ihn nicht. "Ich habe vor der Saison schon gesagt, dass der HSV nicht der absolute Topfavorit ist. Wenn man Schalke und Bremen sieht, welche Fluktuation sie hatten, da ist es ganz normal, dass sie im Moment noch nicht vorneweglaufen. Das ist gut für die Liga", erklärt Hecking und fügt an: "Ich rechne aber mit beiden, dass sie den einen oder anderen noch überflügeln werden. Ob sie den Aufstieg schaffen, ist eine andere Frage."
Bei der endgültigen Bewertung der Qualität des HSV tut sich Hecking derweil noch schwer. Nach sieben Spielen scheinen die Hamburger so langsam aber sicher in der Saison angekommen zu sein. Aber so ganz traut Hecking dem sportlichen Frieden an der Elbe nicht.
"Sie hatten einen tollen Start mit dem Sieg auf Schalke. Dann gab es im Heimspiel gegen Dresden, die mit der Aufstiegseuphorie gespielt haben, gleich eine kleine Ernüchterung. Es folgte die Niederlage auf Pauli. Man muss die Saison des HSV differenziert betrachten. Sie haben sich gegen ein gut strukturiertes Sandhausen schwergetan, erst in der 96. Minute das Siegtor geschossen", so der Nürnberger Chef.
Hecking erwartet euphorisierten HSV nach dem Sieg im Nordderby
Das Nordderby gegen Werder Bremen hat Hecking indes nur bis zur dritten Minute im Fernsehen gesehen, weil er dann auf eine private Feier wollte. Das 2:0 beim ewigen Rivalen könnte dem HSV einen Schub verleihen, der auch am Sonntag im Stadion zu spüren sein wird, glaubt der ehemalige Trainer von Borussia Mönchengladbach. "Nach dem Derbysieg in Bremen glüht die Fanseele nicht mehr so sehr, es ist Ruhe eingekehrt. Der HSV hat einen Umbruch vollzogen, man hat etwas verändert. Man hat viel auf erfahrene Spieler gesetzt in meiner Zeit, jetzt die Abkehr mit dem Einsatz vieler junger Spieler. Mit Tim Walter haben sie zudem einen hochinteressanten Trainer gefunden, der für eine Spielidee steht", lobt Hecking
Hecking hat gute Erinnerungen an HSV-Trainer Tim Walter
An den Hamburger Trainer hat Hecking nur die besten Erinnerungen. In der Saison 2019/20 zerlegte der HSV den VfB Stuttgart - mit Chefcoach Walter an der Seitenlinie - im Volksparkstadion mit 6:3. Es war das wohl bisher beste und spektakulärste Spiel der Hamburger Zweitligageschichte. "Das Spiel hätte auch 8:6 ausgehen können. Es war viel Überfall, viel Spektakel, mit bewusstem Risiko, ein Tor zu kassieren. Das System vom Walter ist auch fehleranfällig", sagt Hecking, der hofft, dass seine Nürnberger davon am Sonntag profitieren können.
Hecking bereut fehlendes Vertrauen in Torwart Heuer Fernandes
Mit seiner Hamburger Zeit und dem Verpassen des Bundesliga-Aufstiegs hat Hecking emotional weitesgehend abgeschlossen, doch in der Analyse gibt es eine Sache, die er rückblickend anders machen würde. "In der Nachbetrachtung war es ein Fehler, dass ich Daniel Heuer Fernandes aus dem Tor genommen habe. Am 28. Spieltag war das glaube ich. Ich hätte ihm das Vertrauen schenken sollen. Man sieht heute, welche Fähigkeiten ihn auszeichnen. Er ist ein sehr guter, mitspielender Torwart ", gesteht Hecking offen ein.