Der Direktor Nachwuchs will die Verzahnung zwischen der Profimannschaft und der Jugend weiter vorantreiben.

Am Sonntag verspürte Horst Hrubesch nostalgische Gefühle. Anlässlich des 70. Geburtstag von Legende Kevin Keegan zog es den Direktor Nachwuchs ins HSV-Museum.  "Da stand der Pokal, den der FC Bayern zuletzt geholt hat. Da dachte ich mir, dass man den auch mal gern wieder holen könnte. Das erste Ziel muss aber sein, wieder in die Bundesliga aufzusteigen", sagt der 69-Jährige, wohlwissend, dass der Zweitligaclub so weit von der Königsklasse entfernt ist, wie nie zuvor in der glorreichen Historie.

Nun soll der Blick nach hinten nicht den Ausblick nach vorne beeinträchtigen. Im Gegenteil: Hrubesch brennt darauf, mitzuhelfen, dass sein Herzensclub wieder bessere sportliche Zeiten erlebt. Dafür will der ehemalige Torjäger seine Expertise im Nachwuchs einbringen. "Ich bin der Meinung, dass wir ein reiner Ausbildungsverein sind", sagt Hrubesch und fügt an: "Der HSV wird nicht in der Lage sein, Topspieler zu kaufen. Es ist ein verdammt guter Weg, wenn man ihn richtig geht und über den Nachwuchs Talente in die Profimannschaft bringt."

Sportvorstand Boldt lotste die HSV-Legende nach Hamburg

In den vergangenen Jahrzehnten genoss der Jugendbereich bei den Hamburgern häufig wenig Beachtung. Doch spätestens die aktuelle finanzielle Lage des HSV hat zu einem Umdenken geführt. Sportvorstand Jonas Boldt macht keinen Hehl daraus, wie wichtig es sei, Toptalente für den Profikader selbst auszubilden. Auch deshalb hat er alles dafür getan, Hrubesch als Galionsfigur für den Jugendbereich zu verpflichten.

Seit vergangenem Sommer hat sich Hrubesch ein Bild über die Nachwuchsabteilung gemacht. Regelmäßig schaut er – sofern es durch die Corona-Pandemie möglich ist – Trainingseinheiten im Talentezentrum in Norderstedt und am Campus im Volkspark. Dabei sucht er permanent den Dialog mit den Jugendtrainern. Erste Erfolge der neuen Durchlässigkeit sieht man bereits im aktuellen Profikader, weil das Zusammenspiel mit dem aktuellen Trainer Daniel Thioune passt.

HSV hat in die Durchlässigkeit zu den Profis verbessert

Stephan Ambrosius hat sich innerhalb der vergangenen Monate zu einem der besten Innenverteidiger der Zweiten Liga entwickelt. Zudem stehen mit Ogechika Heil (20), Moritz Kwarteng (22), Bryan Hein (19) und zuletzt Robin Meißner (21) immer wieder junge Spieler im Kader. "Wir haben gute Trainer im Nachwuchs, verfügen über Topmöglichkeiten, und wir sind durchlässig nach oben. Wir haben mit Daniel Thioune einen Trainer der Profimannschaft, der aus dem Bereich kommt. Wir sind wirklich gut aufgestellt", lobt Hrubesch, der betont, dass gute Nachwuchsarbeit nur im Team geht.

Deshalb hält Hrubesch auch nichts davon, häufiger Jugendtrainer auszutauschen, wenn einmal die Ergebnisse ausbleiben. Gerade bei den ganz jungen Talenten stehe die Entwicklung vor den Resultaten. "Das wird es bei uns nicht geben. Wir brauchen eine hohe Qualität bei den Trainern. Es geht darum, in den Fußballschulen, die wir haben, dass wir Fußball spielen lassen und die Talente nicht in irgendwelche Formate zu pressen. Ich will bei den Kleinen keine Roboter oder irgendeinen Einheitsbrei", erklärt Hrubesch.

U21 soll perspektivisch in der Dritten Liga spielen

Klare Vorstellungen hat Hrubesch auch für den direkten Unterbau der Profimannschaft. Mittelfristig will der Direktor Nachwuchs mit der U-21-Mannschaft aus der Regionalliga Nord raus und in der Dritten Liga auf Punktejagd gehen. "Wenn der HSV mal wieder in der Ersten Liga oder gar international spielt, ist es gut, wenn man einen Unterbau hat, der in der Dritten Liga spielt. Es ist ein Blick in die Zukunft und nicht für die nächsten zwei Jahre. Wir wissen alle, wie schwer es ist, in die Dritte Liga zu kommen. Du musst jungen Spielern aber ein Ziel geben. Der Sprung von Liga drei in die Bundesliga wäre nicht so weit", stellt Hrubesch die Vorteile eines Aufstiegs heraus.

Der ehemalige Trainer der deutschen U-21-Nationalmannschaft will in jedem Fall den Grundstein für eine positive Zukunft beim HSV legen. Ein Fundament, auf dem auch sein Nachfolger irgendwann einmal aufbauen kann. In zweieinhalb Jahren endet das Arbeitspapier des Fan-Lieblings. Ob er darüber hinaus weitermacht, lässt er aktuell noch offen. "Es bringt mir wirklich viel Spaß, aber ich werde auch nicht jünger", gesteht Hrubesch offen ein.

Für den ehemaligen Nationalspieler ist auf jeden Fall klar, dass er auch nach dem Karriereende im Norden bleiben wird. Hier fühlt sich Hrubesch wohl, hier ist sein zu Hause. "Ich bin immer Hamburger geblieben. Ich habe hier fünf Jahre gespielt. Der Verein hat mein Leben komplett verändert. Durch Hamburg habe ich das bekommen, was ich für mein Leben gebraucht habe. Die Leute, die Stadt, das Umfeld, Nordsee, Ostsee. Es hat sich alles zusammengefügt. Dafür bin ich dankbar. Ich liebe die Stadt. Der HSV hat mich geprägt", schwärmt Hrubesch, der sich sportlich nichts sehnlicher wünscht, als seinen Herzensverein wieder in der Bundesliga zu sehen.