Hamburg. Tabellenführung ausgebaut – doch gegen das Corona-gebeutelte Schlusslicht Würzburg brauchen die Hamburger einen Weckruf.
Fünftes Spiel, fünfter Sieg – der HSV hat in der 2. Bundesliga weiter einen Lauf. Dass die in der Hamburger Clubgeschichte einmalige Serie auch am Sonnabend gegen den Tabellenletzten Würzburger Kickers gehalten hat, war Simon Terodde zu verdanken: Der Torjäger drehte mit zwei Treffern in der zweiten Halbzeit das Spiel, nachdem Lars Dietz den wackeren Aufsteiger kurz vor der Pause in Führung gebracht hatte. HSV-Kapitän Tim Leibold sorgte in der Nachspielzeit für den 3:1-Endstand.
"Es war am Ende ein gerechtfertigter Sieg", sagte HSV-Trainer Daniel Thioune. Die Woche mit dem Nachholspiel gegen Aue am Mittwoch habe seine Mannschaft viel Kraft gekostet. "Wir sind noch nicht so stabil, wie wir uns das wünschen. Wir müssen uns entwickeln. Die Reaktionen nach dem Rückstand ganz gut auf unserem Weg."
Corona-Fälle schocken HSV-Gegner Würzburg
Zum ersten Mal überhaupt trafen die beiden Mannschaften im Profifußball aufeinander – und die Premiere wird wegen der Umstände allemal in Erinnerung bleiben. In der Nacht hatten die Würzburger Kickers erfahren, dass drei ihrer Teammitglieder, unter ihnen Abwehrchef Douglas, positiv auf Corona getestet wurden.
Eine Absage des Spiels stand im Raum, sie konnte aber unter dramatischen Umständen verhindert werden. Ein Schnelltest brachte für alle Akteure negative Befunde. Und so konnte das Spiel pünktlich um 13 Uhr angepfiffen werden.
HSV-Kapitän Leibold kehrt zurück
Never change a winning team? Nicht mit Thioune. Der HSV-Trainer wartete im fünften Spiel mit der fünften Aufstellung auf – auch gezwungernermaßen. Flügelspieler Bakery Jatta hatte sich im Abschlusstraining eine Adduktorenverletzung zugezogen. Für ihn kehrte Tim Leibold in die Startelf zurück und bekam die Kapitänsbinde von Aaron Hunt zurück. Jan Gyamerah wechselte dafür auf die rechte Abwehrseite. Moritz Heyer zog sich aus dem defensiven Mittelfeld wieder in die Innenverteidigung zurück.
Trotz – oder wegen? – des Corona-Schocks präsentierte sich der Aufsteiger im Volksparkstadion aber durchaus mutig. Der HSV bemühte sich zwar um Spielkontrolle, doch gefährlich wurde es allenfalls bei einem Kopfball von Manuel Wintzheimer (19. Minute).
Würzburgs Dietz bestraft passiven HSV
Stattdessen versetzten die Würzburger dem Tabellenführer kurz vor der Halbzeitpause einen Schock: Nach einer Ecke übersahen die Hamburger Baumann am zweiten Pfosten. Der Würzburger wollte eigentlich volley aufs Tor schießen, verlängerte jedoch mit einem Querschläger ungewollt nach links. Am dortigen Pfosten lauerte Lars Dietz und staubte aus kurzer Distanz ab – 0:1 (40.).
"Das Gegentor war das i-Tüpfelchen einer schwachen Halbzeit", sagte Thioune. "Wir hatten kein Balltempo, kein gutes Positionsspiel. Wir hatten nicht die Gier, die Bälle zu gewinnen."
"Mannschaft angezündet" – Terodde dreht für HSV das Spiel
Thioune brachte zur zweiten Halbzeit Amadou Onana für Gideon Jung, der seit einem Zusammenprall mit Ex-Kollege Ewerton angeschlagen war. "Durch Onana hat der HSV Qualität auf den Platz bekommen", befand Kickers-Trainer Marco Antwerpen später. Doch gleich die ganze Hamburger Mannschaft spielte plötzlich wie ausgewechselt. Khaled Narey hatte noch Pech, als er aus kurzer Distanz die Latte traf (56.).
Kurz darauf belohnte Simon Terodde dann den Aufwand: Von Sturmkollege Manuel Wintzheimer bedient, traf der Torgarant aus der Drehung mit einem Kullerball zum 1:1 (65.). Und es kam noch besser: Nach einer Flanke von Josha Vagnoman bekamen die Würzburger den Ball nicht auf dem Strafraum. Und wieder war es Terodde, der aus sieben Metern eiskalt vollstrecke – Spiel gedreht. Für Terodde war es bereits das sechste Saisontor.
Thioune erklärte den besten Torschützen der eingleisigen 2. Bundesliga später offiziell zum Matchwinner: "Er hat die Mannschaft heute angezündet. Wie er jedes Mal den Ball wieder geholt hat, wie er das Spiel immer wieder schnell gemacht hat. Wir haben mit Simon menschlich einen großen Gewinn und sportlich sowieso." Auch Thiounes Amtskollege Antwerpen verneigte sich vor Terodde: "Er ist eine absolute Tormaschine. Der HSV kann froh sein, dass er ihn verpflichtet hat."
HSV baut Tabellenführung auf fünf Punkte aus
Antwerpens Mannschaft riskierte nun alles – und wurde bestraft. Würzburgs Keeper Fabian Giefer stürmte bei einem Einwurf nach vorn. Beim anschließenden Konter blieb Leibold zunächst hängen, konnte aber nach einem unfreiwilligen Doppelpass noch zum 3:1 einschieben (90.+2).
Dank der Kieler 1:3-Heimniederlage gegen Fürth haben die Hamburger nun schon fünf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten. Zu einem besseren Zeitpunkt als am kommenden Freitag könnte das Stadtderby gegen den FC St. Pauli wohl kaum kommen.