Bad Häring. Vor Wiedersehen im Test mit Feyenoord erklärt der Däne, warum der Druck in Hamburg groß ist und warum er Boldt getroffen hat.

Frank Arnesen ist begeistert. „Herrlich ist es hier“, sagt der Däne. „Fantastisch.“ Der frühere Sportchef des HSV sitzt in seinem großzügigen Zimmer im Althoff Seehotel Überfahrt, schaut durch das offene Fenster auf den Tegernsee und schwärmt. „Mit unserem Hotel haben wir alles richtig gemacht“, sagt Arnesen, der mit Feyenoord Rotterdam von Sonntag bis zu diesem Freitag das Trainingslager in dem Bayern-München-Hotel absolviert.

Als Schlusspunkt des insgesamt achttägigen Deutschland-Trainingslagers hat sich Arnesen, seit November vergangenen Jahres Technischer Direktor von Feyenoord, etwas Besonderes überlegt: ein Testspiel gegen seinen Ex-Club HSV im 75 Kilometer entfernten Kufstein. Morgens hin, Spiel um 16 Uhr, abends zurück nach München, dann mit dem Flugzeug direkt nach Rotterdam.

„Ich freue mich auf das Spiel, auch wenn aus meiner HSV-Zeit kaum einer übrig geblieben ist“, sagt der 63-Jährige. Dann überlegt Arnesen kurz. „Was ist eigentlich mit Marcell Jansen?“, fragt er. „Ist er wirklich Präsident und Aufsichtsratschef?“ Mit dem HSV-Kontrollgremium hat der Skandinavier so seine eigenen Erfahrungen in seinen zwei Jahren in Hamburg gemacht. Mehrfach wurde er zum Rapport gebeten, ehe er 2013 schließlich entlassen wurde. „Das ist lange her“, sagt er. „Aber ich freue mich für Marcell. Ein guter Junge ...“

Frank Arnesen: „Der HSV muss einfach aufsteigen!“

Den „guten Burschen“ Jonas Boldt hat er gerade erst am Montag beim Testspiel von Feyenoord gegen Arminia Bielefeld (0:0) in Kufstein getroffen. „Ich kenne Jonas schon lange“, sagt Arnesen, der mit dem HSV-Sportvorstand den einen oder anderen Deal in dessen Leverkusener Zeit abschloss. „Seinerzeit habe ich Gökhan Töre von Bayer zu Chelsea geholt.“ Am Montag plauderten die beiden Funktionäre aber weniger über alte Zeiten als vielmehr über Hamburg („Jonas wohnt ja wie ich damals in Eppendorf“) und natürlich den HSV.

„Jonas hat mir am Montag gesagt, dass die Zweite Liga in der kommenden Saison sehr ausgeglichen ist, dass viele Clubs aufsteigen könnten“, sagt Arnesen, der ein zentrales Problem für den HSV ausgemacht hat. „Hamburg bedeutet Druck. Das muss man einfach wissen, wenn man zum HSV geht. Auch in den vergangenen beiden Jahren hat es der HSV lange Zeit in der Zweiten Liga ja sehr gut gemacht, ehe jeweils zum Saisonende der Druck zu groß wurde.“

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Die mögliche Konsequenz, den Druck rauszunehmen und nicht mehr den Aufstieg als Ziel auszugeben, ist aus Arnesens Sicht keine Alternative. „Der HSV muss einfach aufsteigen! Hamburg ist eine der größten und reichsten Städte Deutschlands. Hamburg gehört nun mal in die Bundesliga.“ Daher sei es auch richtig, dass der HSV mit Simon Terodde (32) und Klaus Gjasula (30) zwei erfahrene Profis geholt hat. „Sie können sicherlich gut mit Druck umgehen. Da hat Jonas die richtigen Schlüsse gezogen.“

Boldt und Arnesen waren kurzzeitig Konkurrenten

Im Winter waren Boldt und Arnesen kurzzeitig keine Kollegen, sondern Konkurrenten. Ihr gemeinsames Objekt der Begierde: Sturmtalent Robert Bozenik (20). Nach wochenlangen Verhandlungen hatten Arnesen und Feyenoord die Nase vorn. Der Slowake kam für vier Millionen Euro, schoss in fünf Spielen zwei Tore – und wurde vom coronabedingten Saisonabbruch kalt erwischt. „Er ist ein junger Bursche, der noch lernen muss. Aber er hat ein Näschen vor dem Tor“, sagt Arnesen, der vor allem auf Feyenoords Offensivtrainer Robin van Persie setzt. Die niederländische Sturmlegende ist natürlich auch „fantastisch!“

Etwas mehr Geduld braucht Arnesen mit dem früheren St. Paulianer Christian Conteh, der am Donnerstag 21. Geburtstag feierte. Aufgrund von Muskelproblemen verpasste der Ex-Hamburger einige Monate – und musste zudem mit Corona-Verdacht vom Tegernsee-Trainingslager nach Rotterdam zurückreisen. „Er fühlte sich nicht gut, wurde aber glücklicherweise negativ getestet. Christian braucht noch Zeit“, sagt Arnesen, der seine Zeit nach Hamburg auch gut nutzte: Metalist Charkiw, PAOK Saloniki, RSC Anderlecht und jetzt Rotterdam. Vier Clubs in vier Ländern. „Ich bin gerne unterwegs“, sagt Arnesen, der sich trotzdem nach dem HSV-Spiel auf sein Zuhause und Ehefrau Kate freut. „Zu Hause ist es am schönsten.“