Stuttgart. 2:3 nach 2:0: Der HSV war klar besser als Stuttgart, verlor aber den Faden. Entsprechend ungehalten reagierte der Trainer.
K.o. für den HSV in der Nachspielzeit: Die Hamburger haben eine vermeintlich komfortable 2:0-Führung beim VfB Stuttgart aus der Hand gegeben und am Ende noch 2:3 verloren. Es war nur noch eine Minute zu spielen, da ließ Abwehrspieler Timo Letschert Stuttgarts agilen Flügelstürmer Nicolás González folgenschwer ziehen. Der Argentinier legte den Ball in den Fünfmeterraum, wo der eingewechselte und von Rick van Drongelen aus den Augen gelassene Gonzalo Castro die Fußspitze zum Siegtreffer für die Gastgeber hinhielt.
"Die Enttäuschung ist natürlich spürbar", sagte Trainer Dieter Hecking wenige Minuten nach dem Abpfiff. Er ärgerte sich "maßlos" über die fehlende Cleverness seiner Mannschaft. "Wir machen in der Nachspielzeit das Spiel unnötig schnell und laufen dadurch in einen Konter rein – das darf uns nicht passieren. Es ist ein extrem bitterer Abend für uns."
In zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten trafen Stürmer Joel Pohjanpalo und Kapitän Aaron Hunt für die Hamburger. Wataru Endo, González und eben Castro erzielten die Stuttgarter Tore. Für den HSV sind es bereits die Punkte elf, zwölf und 13, die nach einer Führung verspielt wurden. Allesamt auswärts, wo der Club aus dem Volkspark nur einen Sieg aus den vergangenen 13 Spielen holte (3:1 im Februar in Bochum).
HSV verlor den Faden nach der Pause
Das Ergebnis ist mehr als unglücklich für den HSV, denn bis zur Pause waren die Hamburger die klar bessere Mannschaft, hatten die reifere Spielanlage und führten verdient mit 2:0. Doch der VfB kam wie ausgewechselt aus der Kabine und drängte die Gäste fortan in die Defensive.
Dabei war Stuttgart bis zum Anschlusstreffer kaum in Erscheinung getreten. Das Spiel der Schwaben war im ersten Durchgang vor allem von Fehlpässen und Lethargie geprägt. War sich der HSV möglicherweise zu sicher nach einer bärenstarken ersten Hälfte? "Nein", lautet die klare Antwort von Hecking.
Aogo kritisiert HSV-Elfmeter
Doch nur eine aufstiegsreife Halbzeit reichte dem HSV im Zweitliga-Topspiel eben nicht. Dabei ließ die Elf von Hecking in der ersten Hälfte keine Zweifel aufkommen, wer an diesem Donnerstagabend als Sieger vom Platz gehen soll. "Wir müssen Stuttgart heute zeigen, dass wir hier hergefahren sind, um das Spiel zu gewinnen", sagte der Coach, der ohne seinen besten Torschützen Sonny Kittel (elf Tore) wegen eines Infekts auskommen musste, vor der Partie.
Und Heckings Plan sollte vorerst aufgehen. Zunächst traf der Finne Pohjanpalo mit dem Kopf nach einer von Gonzalez verlängerten Hunt-Ecke (16.). Kurz vor der Pause verwandelte Hunt einen umstrittenen Hand-Elfmeter (45.+2) zum vermeintlich beruhigenden 2:0.
Zuvor hatte Stuttgarts Pascal Stenzel eine Kopfballablage von Timo Letschert mit dem ausgestreckten Arm abgewehrt. "Für mich ist das kein Elfmeter, sondern eine natürliche Bewegung", analysierte Sky-Experte Dennis Aogo, der in seiner Karriere für beide Clubs gespielt hatte.
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Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste: Stuttgart kam wie ausgewechselt aus der Kabine und erzielte kurz nach dem Wiederanpfiff durch Endo das 1:2 nach einer Freistoßflanke (47.). Der HSV wirkte nun verunsichert und verlor an Sicherheit – und dem VfB gelang der Ausgleich. Weil Hamburgs Torhüter Daniel Heuer Fernandes Orel Mangala im Strafraum foulte, trat Gonzalez vom Punkt an und verwandelte (60.).
Der zweite Stuttgarter Treffer wirkte noch einmal wie ein Weckruf für die Hamburger, die nun wieder deutlich konzentrierter zu Werke gingen. Bis zur Nachspielzeit, als sich die HSV-Abwehr übertölpeln ließ.
Diese Aufgaben stehen für den HSV an
In der Tabelle haben die Hanseaten (46 Punkte) den zweiten Platz an Stuttgart (48) verloren und liegen nun mit einem Punkt Vorsprung vor Heidenheim (45) auf dem Relegationsplatz. Für den HSV ist es das dritte sieglose Spiel seit dem Restart. "Wir haben viele Rückschläge diese Saison hinnehmen müssen und sind jetzt gefordert", sagte Trainer Hecking vor den Spielen gegen Wiesbaden (Sonntag), in Dresden (12. Juni) und gegen Osnabrück (16. Juni).
"Es ist jetzt unsere Aufgabe im Trainerteam, die Mannschaft mental nach dem neuerlichen Rückschlag wieder aufzurichten", sagte der HSV-Coach. "Es wird spannend bleiben bis zum Schluss."
Die Statistik:
Stuttgart: Kobel – Stenzel, Badstuber, Kaminski, Mola - Endo, Mangala (82. Castro) – Förster, Wamangituka (78. Kalajdzic) – Al Ghaddioui (78. Churlinov), Gonzalez (90.+4 Kempf). – Trainer: Matarazzo
HSV: Heuer Fernandes – Vagnoman (84. Beyer), Letschert, van Drongelen, Leibold – Fein – Dudziak (69. Schaub), Hunt – Harnik (69. Jairo), Pohjanpalo (81. Hinterseer), Jatta.
Tore: 0:1 Pohjanpalo (16.), 0:2 Hunt (45.+2), 1:2 Endo (47.), 2:2 Gonzalez (60.), Gonzalo Castro (90.+2 )
Schiedsrichter: Christian Dingert (Lebecksmühle)
Zuschauer: keine
Gelbe Karten: Badstuber (5), Förster (6), Castro (8) – Vagnoman (2), Hunt (2)
Torschüsse: 13:9
Ecken: 5:4
Ballbesitz: 51:49 %