Hamburg. Viele Ex-Hamburger schauen neidisch auf Deutschland, wo bald wieder gespielt werden soll. Für einen ist die Saison bereits beendet.
Am Freitag wurde in Tilburg frenetisch gefeiert, mit einem Autokorso durch die niederländische Stadt. Pyros wurden gezündet, Flaggen am Straßenrand geschwenkt. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die Saison in der Eredivisie, der ersten holländischen Fußballliga, vorzeitig abgebrochen wird. Der Jubel in Tilburg hatte einen Grund: Durch den Abbruch qualifizierte sich der bis dahin auf Platz fünf liegende Erstligist Willem II erstmals nach 15 Jahren wieder für die Play-offs der Europa League.
Ein Mann, der daran großen Anteil hatte, saß währenddessen zu Hause in Norderstedt und schaute sich die Jubelbilder auf YouTube an: Mats Köhlert. Im vergangenen Sommer war der 21-Jährige vom HSV nach Holland gewechselt und startete gleich in seiner ersten richtigen Profisaison durch. In allen 26 Spielen stand Köhlert in der Startelf, sechs Tore und vier Vorlagen gelangen ihm.
Niederlande: Saisonende für Ex-HSV-Profi Köhlert
Trotz der Freude über den sportlichen Erfolg ist Köhlert auch betrübt. Bis September wird in den Niederlanden kein Profispiel stattfinden. Anders als in Deutschland haben sich die TV-Rechteinhaber mit der Liga geeinigt, die Zahlungen auch ohne Spiele fortzusetzen. Trotzdem werden wohl auch Köhlert und seine Teamkollegen auf Gehalt verzichten. „Wir Fußballer sind die Letzten, die sich dagegen wehren sollten“, sagte Köhlert am Montag im Abendblatt-Podcast „HSV – wir reden weiter“.
Für seinen Ex-Club gab es am Montag schon einmal eine gute Nachricht: Die DFL hat allen Proficlubs aufgrund der Coronakrise die Lizenz für die kommende Saison erteilt. Der HSV bekam diese – im Gegensatz zu anderen Vereinen – ohne Auflagen und Bedingungen. Doch wie sieht es in den anderen großen Profiligen Europas aus? Ein Überblick.
England: Son nutzt Coronapause für Militärdienst
Für Heung-Min Son hätte die Unterbrechung in England nicht passender kommen können. Seit Februar hatte der Südkoreaner, von 2008 bis 2013 beim HSV, wegen eines Armbruchs pausieren müssen. Nun nutzt der 27-Jährige die Gelegenheit, um in seinem Heimatland seinen dreiwöchigen Militärdienst zu absolvieren. Noch im Mai wird der Stürmer bei Tottenham Hotspur zurückerwartet. Ob er dann direkt wieder ins Spielgeschehen eingreifen kann, ist unwahrscheinlich. Auch die Premier League ist auf unbestimmte Zeit unterbrochen.
Bitter wäre ein vorzeitiger Abbruch vor allem für den FC Liverpool. Dem Club von Trainer Jürgen Klopp ist nach einer bislang perfekten Saison die erste Meisterschaft seit 1990 kaum mehr zu nehmen. Doch selbst wenn die FA Spitzenreiter Liverpool vorzeitig zum Meister küren würde, fällt die Meisterfeier in der Stadt aus. In Liverpool ist man sehr vorsichtig geworden. Dass sich das Coronavirus dort so schnell ausgebreitet hat, könnte auch damit zu tun haben, dass im März das Champions-League-Spiel gegen Atlético Madrid noch vor Zuschauern ausgetragen wurde. 3000 Fans aus dem spanischen Corona-Epizentrum Madrid waren an der Anfield Road dabei.
Stand jetzt soll die Saison im Juni weitergehen. Auch Lewis Holtby würde sich freuen. Nach seinem Außenbandriss im Knie arbeitet der ehemalige Fanliebling des HSV an seinem Comeback beim Zweitligisten Blackburn Rovers.
Frankreich: Choupo-Moting hält sich am Elbstrand fit
Die fußballfreie Zeit verbringt Maxim Choupo-Moting (31) am Strand. Genauer gesagt am Elbstrand. Der Stürmer vom französischen Dauermeister Paris Saint-Germain ist für die Coronapause in seine Heimat zurückgekehrt. Der frühere HSV-Stürmer, der bei Altona 93 groß wurde, trainiert mit seinem Vater Just mehrmals die Woche vor der Hafenkulisse im Sand von Övelgönne.
Choupo-Moting steht aktuell aber vor einer ungewissen Zukunft. Sein Vertrag beim Champions-League-Viertelfinalisten läuft im Sommer aus. Und ob er noch einmal die Chance bekommt, sich für einen neuen Vertrag zu empfehlen, ist unwahrscheinlich. Zwar plant Frankreichs Liga mit einem ähnlichen Konzept wie die DFL, die Saison im Juni mit Geisterspielen fortzusetzen, doch Politiker und auch Spieler sprechen sich dagegen aus. Zu schlecht ist die aktuelle Situation im Gesundheitssystem, zu gering sind die vorhandenen Testkapazitäten.
Am 11. März war der damals verletzte Choupo-Moting als Zuschauer dabei, als PSG vor leeren Rängen Borussia Dortmund bezwang. Vor dem Stadion versammelten sich Tausende Fans. Die Spielergewerkschaft fürchtet, dass es bei erneuten Geisterspielen zu ähnlichen Vorfällen kommt. Wann es in Frankreich weitergeht, ist daher aktuell völlig offen.
Italien: Ekdal hat sechswöchige Quarantäne hinter sich
Die Serie A hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer HSV-Liga entwickelt. Nach Tomás Rincón (FC Turin) und Milan Badelj (AC Florenz) spielen mittlerweile auch Hakan Calhanoglu (AC Mailand), Valon Behrami (FC Genua), Jacopo Sala (SPAL Ferrara), Walace (Udinese Calcio) und Albin Ekdal (Sampdoria Genua) in Bella Italia. Oder besser gesagt: Sie spielen nicht. Denn in Italien ist bis zum 4. Mai ein rigoroser Lockdown vorgesehen.
Von kommendem Montag an hoffen die Serie-A-Clubs zwar wieder auf Training in Kleingruppen. Unklar ist aber, ob es dann zur kompletten Isolation der Fußballer und Betreuer bis zu einem Neustart kommt. Zuletzt hieß es, dass nach dieser Phase der strengen Hygienemaßnahmen von Juni bis zum 2. August wieder gespielt werden soll.
Sollte es im Mai aber tatsächlich zur Isolation der Fußballer kommen, hätte einer einen extremen Erfahrungsvorsprung. Der frühere Hamburger Ekdal hatte sich Anfang März mit Covid-19 infiziert – und musste anschließend sechs (!) Wochen in häuslicher Quarantäne verbringen.
Spanien: Baldiger Neustart utopisch
Im Gegensatz zu den anderen großen europäischen Ligen steht in der La Liga kein einziger Ex-Hamburger unter Vertrag. Und beim HSV glaubt man fest daran, dass sich das auch in der Post-Corona-Zeit nicht ändern wird. Denn: Gerade weil Länder wie Spanien und Italien (und deren Ligen) so extrem von der Pandemie betroffen sind, gehen Experten davon aus, dass Fußballprofis Deutschland und die Bundesligen zukünftig mehr wertschätzen werden. Der wahrscheinlich wichtigste Grund: Neben der Gesundheit sei auch das Gehalt in Deutschland europaweit am sichersten.
In Spanien mussten sogar die Profis vom FC Barcelona einen vorübergehenden Gehaltsverzicht von 70 Prozent akzeptieren. Zudem ist unsicher, wie lange die Clubs von der Krise betroffen sind. Der spanische Gesundheitsminister Salvador Illa hat gerade erst am Sonntag angekündigt, dass ein baldiger Neustart wie in Deutschland utopisch sei.
Angesichts von mehr als 23.500 Coronatoten in Spanien wollen die Spieler derzeit nicht an einen Neustart denken. Der Ex-Schalker Sergio Escudero (FC Sevilla) bringt die Stimmung unter den Fußballern auf den Punkt: „Es herrscht Unsicherheit, ein bisschen Angst.“
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden