Hamburg. Hamburgs Schlüsselfigur wird wohl zu seinem Stammverein zurückkehren. Doch erst steht das HSV-Comeback an – in veränderter Rolle?

Adrian Feins Sorge war groß am Montag. Zusammen mit zwei hübschen Mädels und einem kleinen Mädchen im Kinderwagen ging der HSV-Profi mittags im Food-Court der Europa Passage essen und hatte die Zeile für den Fall, dass ihn ein Boulevardfotograf ablichten würde, schon im Kopf: "Huch, ist Fein jetzt Papa?“

Die schnelle Antwort: Nein, ist er nicht. Fein genoss seinen freien Tag mit seiner Freundin, seiner Schwester und seiner kleinen Nichte in Hamburgs Innenstadt, ehe am Dienstagmorgen der Ernst des Fußballerlebens wieder auf ihn wartete: Erstmals seit seinem Jochbeinbruch vor 17 Tagen nahm der Mittelfeldmann wieder am Mannschaftstraining teil. "Da kommt Zorro", witzelte ein Trainingszuschauer, als Fein um kurz vor 10.30 Uhr am Morgen mit einer schwarzen Maske auf den Rasen lief.

Feins Maske kostet 1300 Euro

Knapp anderthalb Stunden später konnte man unter Feins speziell angefertigten Maske sogar ein Lächeln erahnen. "Es lief alles gut", sagte der 20-Jährige, als er vom Platz ging. "Ein bisschen ungewohnt ist es schon. Aber ich denke mal, dass es jetzt mit jeder Einheit besser wird. Die Maske ist eine gute Lösung.“

Die Maske ist auch eine teure Lösung, die im Erfolgsfall aber jeden Cent wert sein dürfte. Knapp 1300 Euro kostet die Maßanfertigung aus extra leichtem Carbon, die von Spezialist Frank Knickenberg vom Sanitätshaus Carepoint am UKE angefertigt wurde.

Am Dienstag konnte Adrian Fein ohne Probleme, aber mit Maske erstmals wieder mit dem Team trainieren.
Am Dienstag konnte Adrian Fein ohne Probleme, aber mit Maske erstmals wieder mit dem Team trainieren. © Witters

Fein wurde eine Metallplatte eingesetzt

Gerade einmal zweieinhalb Wochen ist es her, dass sich Fein in einem unglücklichen Zweikampf mit Karlsruhes Marvin Wanitzek schwer verletzte. Direkt nach der Partie wurde der U-21-Nationalspieler ins Universitätskrankenhaus Eppendorf gebracht, wo er am Tag danach in der Kieferchirurgie operiert wurde.

"Die Operation war ein Routineeingriff. Nach einer Stunde war alles geschafft“, sagt HSV-Mannschaftsarzt Götz Welsch. Bei dem Eingriff wurde Fein in der linken Gesichtshälfte eine kleine Metallplatte eingesetzt. Diese könne nach einem halben Jahr wieder rausgenommen werden – oder sogar ein Leben lang drinbleiben. "Das kann ich mir nach Gefühl aussuchen“, sagt Fein.

Fein: "Ich muss mir zu 100 Prozent sicher sein"

Auf sein Gefühl wird es nun auch in den kommenden Tagen ankommen. Wichtig ist aus Sicht von HSV-Arzt Welsch vor allem, dass Fein wieder vollstes Vertrauen in seinen eigenen Körper und bei Zweikämpfen ein uneingeschränktes Sicherheitsgefühl habe.

Und genau dieser Sicherheit will sich Fein in den kommenden Tagen nach und nach annähern: "Der Trainer weiß, dass ich Bock habe. Aber ich weiß auch, dass ich mir zu 100 Prozent sicher sein muss, um der Mannschaft auch wirklich zu helfen. Wir werden im Laufe der Woche genau gucken, wie es läuft.“

Fein könnte gegen Aue nach vorne rücken

Das Problem: Ohne Fein läuft es im HSV-Mittelfeld nicht. Der Münchner war bis zu seiner Verletzung unumstrittener Führungsspieler, der zuvor bei allen Spielen dabei war.

Zwar konnte Gideon Jung als Fein-Ersatz vor der Abwehr gegen Hannover (1:1) und St. Pauli (0:2) überzeugen. Allerdings fehlt dem HSV-Spiel Feins Genialität im Zentrum.

Sollte der Bajuware also vor dem Aue-Spiel am Sonnabend seine Bereitschaft signalisieren, könnte er auch eine Position nach vorne rücken und als sogenannter Achter neben Louis Schaub auflaufen.

Fein will es bei den Bayern versuchen

Langfristig muss der HSV allerdings doch einen Fein-Ersatz finden. Anders als in der vergangenen Woche von der "TZ" berichtet, ist eine endgültige Entscheidung über Feins Rückkehr zum FC Bayern im Sommer zwar noch nicht getroffen. Aber nach Abendblatt-Informationen tendiert das für ein Jahr ausgeliehene Toptalent dazu, es in der neuen Saison bei den Bayern zu versuchen.

Lässt sich Fein hängen wie Mangala?

Eine Konstellation, die ein gewisses Risiko in sich birgt. So war bereits Feins Vorgänger Orel Mangala in der vergangenen Saison vom VfB Stuttgart nur geliehen – und wusste frühzeitig, dass er im Sommer zurückkehren wird.

Die Folge: Während Mangala in der Hinrunde überragte, fiel der Mittelfeldmann in der Rückrunde immer mehr ab. Intern wurde als Ursache ausgemacht, dass Mangala zum Ende der Saison nicht mehr wirklich bei der Sache war und sich nicht vor seiner Rückkehr verletzen wollte.

Ein Vorwurf, den sich Fein allerdings mit Sicherheit nicht gefallen lassen muss. Trotz seiner ernsten Jochbeinverletzung will sich der Fußballer nicht schonen und auch Zweikämpfen nicht aus dem Weg gehen. "Ich bin zuversichtlich, dass ich mich nicht wegdrehen werde. Und ich köpfe so wie immer."

Fein ist nicht der ersten HSV-Maskenmann

Seine Spezialmaske wurde auch extra für Kopfballduelle präpariert. An der verletzten Stelle ist zwischen Haut und Schutzpanzer ein Puffer aus Luft, während die Maske an Nasenbein, Stirn und auf der rechten Gesichtshälfte fixiert ist.

Zudem erinnert Mannschaftsarzt Welsch daran, dass Fein ja auch nicht der erste HSV-Profi sei, der sich eine derartige Verletzung zugezogen habe: "Ich erinnere mich an Emir Spahic, der vor einigen Jahren mal eine Mittelgesichtsfraktur hatte."

Der Bosnier hatte sich seinerzeit die linke Augenhöhle gebrochen – und war nach 19 Tagen zurück auf dem Platz. "Er konnte sehr schnell wieder spielen“, so Welsch.

Und Fein? Könnte sich nach seinen ersten beiden Trainingseinheiten mit Maske ausnahmsweise wohl sogar eine Boulevardüberschrift sehr gut vorstellen: "Huch, ist Fein jetzt ein Phantom?“