Hamburg/Lübeck. Hecking, Bremser und Schweinsteiger kehren nach Lübeck zurück. Über ihre Zeit an der Lohmühle gibt es etliche Anekdoten.
Dirk Bremser ist am Dienstagvormittag nur wenige Autominuten von der Lübecker Lohmühle entfernt, als sich der Co-Trainer des HSV 19 Jahre zurückerinnern soll. „In Lübeck fing ja alles an“, sagt Bremser, der den trainingsfreien Dienstag zuhause im Familiendomizil in Scharbeutz verbringt. „Am 27. März 2001 ging die Reise von Dieter und mir beim VfB los“, sagt Bremser wie aus der Pistole geschossen, und antwortet auf eine ungläubige Nachfrage: „An meinen Hochzeitstag kann ich mich doch auch erinnern.“
Der 27. März 2001, Heckings und Bremsers Trainer-„Hochzeitstag“, war also der Tag, an dem die beiden gemeinsam die Regionalligamannschaft vom VfB Lübeck übernahmen. Diesen Donnerstag, knapp 19 Jahre später, gibt es nun ein Wiedersehen. Um 18.30 Uhr gastiert der HSV an der Lohmühle. Für Hecking und Bremser ist es der letzte Härtetest vor dem Zweitligastart eine Woche später gegen den 1. FC Nürnberg. Einerseits. Und andererseits eine kleine Reise in die Vergangenheit.
Hecking ließ das "Vorbild" nie spielen
„Mir war vom ersten Moment an klar, dass Hecking und Bremser Karriere machen würden“, sagt Timo Neumann. Der frühere Profi und heutige Vertriebler ist gerade bei Dreharbeiten für die „Höhle der Löwen“ in Köln und hat eine kurze Drehpause. „Hecking und Bremser werde ich nie vergessen“, sagt Neumann, der von dem Trainerduo 2001 vom U-19-Talent zur ersten Mannschaft hochgezogen wurde und schließlich seinen ersten Profivertrag unterschrieb.
Neumann muss lachen. „Hecking hat mich fast in jeder Ansprache an die Mannschaft gelobt und immer gesagt, dass ich ein Vorbild sei.“ Der einzige Haken: Vorbild Neumann durfte nahezu nie spielen. „In den drei Jahren unter Hecking wurde ich nur zweimal eingewechselt. Vom Einsatz her war ich Champions League, vom fußballerischen reichte es nicht ganz. Deswegen mussten die Jungs in der Kabine immer lachen, wenn Hecking an ihren Einsatz appellierte und mich über den grünen Klee lobte.“
Bremser erinnert sich an "Wufti"
Anders als Hecking und Bremser blieb Neumann dem VfB treu. Bis auf eine Saison bei Kickers Emden spielte der frühere Manndecker lediglich in Lübeck – bis ihn drei Kreuzbandrisse stoppten. Seit anderthalb Jahren ist er nun im Aufsichtsrat vertreten. „Mit Bremse habe ich immer noch Kontakt. Aber über ein Wiedersehen mit Dieter Hecking würde ich mich am Donnerstag natürlich auch freuen.“
Bremser zuckt zusammen. „Timo Neumann? Na klar erinnere ich mich an Wufti“, sagt Heckings „bessere Hälfte“. „Ich hatte ihn damals schon eine ganze Weile auf dem Zettel. Dann kam Dieter zu uns, hat sich Timo auch noch zweimal im Training angeguckt und ihn schließlich zu den Profis befördert.“
Bremser lotste Hecking unbekannt nach Lübeck
Dass Hecking überhaupt kam, ist vor allem Bremser zu verdanken. „Ich kannte Dieter gar nicht, als ich ihn als Chef-Trainer für den VfL Lübeck vorgeschlagen habe“, sagt „Bremse“. „Ich hatte aber nur Gutes über Dieter gehört. Ich war ja Interimstrainer in Lübeck, wollte aber auf keinen Fall dauerhaft Cheftrainer werden. Und bei Dieter, den ich nur als Gegenspieler aus der Regionalliga kannte, hatte ich ein gutes Gefühl.“
Bremsers gutes Gefühl sollte sich nicht täuschen. Lübecks damaliger Clubchef Günther „Molle“ Schütt zögerte nicht lange, lud Hecking ein und verpflichtete das Trainertalent vom SC Verl. „Damals waren wir noch junge, dynamische, erfolgshungrige Trainer“, sagt Bremser, der 19 Jahre später noch immer beste Verbindungen zum VfB pflegt.
Bremser und Hecking marschierten mit dem VfB
Na klar erinnere sie sich noch gut an Dirk Bremser und Dieter Hecking, sagt Annette Stonies. Die 56-Jährige ist Mitarbeiterin auf der Geschäftsstelle – und war schon damals Mitarbeiterin auf der Geschäftsstelle. „Sie war und ist die gute Seele des Vereins“, sagt Bremser, den eine ganz besondere Leidenschaft mit Annette Stonies verbindet. „In den Mittagspausen haben wir immer zusammen ,Wer wird Millionär?’ auf dem PC gespielt“, erinnert sich Stonies. „Einmal haben wir sogar gewonnen.“
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Auf dem Platz haben Bremser und Hecking durchaus häufiger gewonnen. Im ersten Jahr scheiterte der Aufstieg in die Zweite Liga nur knapp, im zweiten Jahr klappte es. Und im dritten Jahr folgte der Höhepunkt: Zweitligaaufsteiger Lübeck marschierte durch den DFB-Pokal und musste sich erst im Halbfinale mit 2:3 nach Verlängerung dem späteren Pokalsieger und deutschen Meister Werder Bremen geschlagen geben.
Hecking wurde gesiezt, Bremser geduzt
„Das war wirklich eine schöne Zeit“, sagt Annette Stonies, die sich auf ein Wiedersehen an diesem Donnerstag freut. „Mit Dirk Bremser war man immer auf Du. Der Dirk eben. Und Herr Hecking war immer Herr Hecking.“
Allzu viele bekannte Gesichter aus der damaligen Zeit werden der Dirk und Herr Hecking nicht wiedertreffen. Gut 15 Jahre sind im Profifußball eine halbe Ewigkeit. Neben Frau Stonies und Aufsichtsrat Neumann bleibt wohl nur Ulf Seidel, der unter Hecking und Bremser als VfB-Mannschaftsarzt anfing – und bis heute noch immer da ist.
Lübeck-Arzt: "Ach, Hecking und Bremser"
„Ach, Hecking und Bremser“, sagt Seidel, als er am Mittag aus dem OP kommt. Sieben Stunden lang hat er gerade im Helios Agnes Karll Krankenhaus Bad Schwartau künstliche Kniegelenke operiert und Schultergelenksspiegelungen durchgeführt. „Das wird sicherlich ein großes Hallo geben, wenn die beiden am Donnerstagabend mit dem HSV hier in Lübeck vorbeikommen.“
Er habe viele Trainer über die Jahre in Lübeck kennen gelernt, aber nur wenige wie Hecking und Bremser. „Die beiden haben mir den Einstand beim VfB sehr erleichtert“, sagt Seidel.
Ein erstes Wiedersehen habe es vor zwölf Jahren beim „Retterspiel“ gegen Hannover gegeben, als 96 mit Coach Hecking dem vor der Insolvenz stehenden VfB wirtschaftlich zur Seite sprang. Ein zweites Treffen gab es vor anderthalb Jahren, als Hecking und Bremser mit Mönchengladbach 2:0 in der alten Heimat gewannen.
Auch Schweinsteiger war schon in Lübeck
„Aber aller guten Dinge sind drei“, sagt Seidel – und erinnert daran, dass neben Hecking und Bremser noch ein dritter HSV-Trainer auf Heimatbesuch vorbei kommt: Tobi Schweinsteiger. Der Assistenztrainer war von 2004 bis 2006 in Lübeck unter Vertrag. „Man kann also behaupten“, sagt Seidel, „dass Lübeck ein guter Startpunkt ist.“
Für eine gute Karriere. Und gerne auch für eine gute Rückrunde.