Sandhausen. Trainer Hecking überrascht mit seiner Aufstellung. Kurz vor Schluss fordert der HSV Elfmeter, doch es läuft ganz anders.
Dieses Unentschieden reicht wohl nicht aus, um die sportliche Krise des HSV abzuwenden. Die Hamburger spielen nur 1:1 (0:1) beim SV Sandhausen und warten nunmehr seit sieben Auswärtsspielen auf einen Sieg. Zuletzt hat der Club aus dem Volkspark am 25. August beim 4:2-Erfolg in Karlsruhe in der Fremde gewonnen. In Sandhausen verhinderte Stürmer Lukas Hinterseer mit seinem fünften Saisontor die dritte Niederlage in Folge. Für Aufregung sorgte eine Szene kurz vor Schluss, in der die Hamburger einen Elfmeter forderten, Schiedsrichter Deniz Aytekin jedoch auf Abseits entschied.
„Wir haben alles versucht, uns fehlt aber im Moment das Fortune", klagte Trainer Dieter Hecking über die Chancenverwertung. „Wir wollten den Sieg unbedingt, haben auch die Möglichkeiten dafür, aber der Ball will nicht über die Linie. Das ist kein Unvermögen, letztlich muss man irgendwann aber auch mal das Tor machen.“ Auch Abwehrspieler Timo Letschert hatte den Eindruck, dass seine Vorderleute "fünf oder sechs Tore" hätten schießen können.
Boldt sieht keine Krise beim HSV
Sportvorstand Jonas Boldt sah dennoch einen „guten Auftritt" seiner Mannschaft: „Wir haben von Anfang an konzentriert und mit viel Spannung agiert. Es ist natürlich ärgerlich, wenn du die Dinger nicht machst. In den letzten fünf Minuten müssen wir uns bei Ferro (Heuer Fernandes, d. Red.) bedanken, dass wir nicht verlieren. In der Art und Weise wie wir gespielt haben, gibt uns dieser Auftritt Hoffnung, dass wir demnächst auswärts wieder gewinnen werden.“
Trotz der zuletzt gezeigten Leistungen steht der HSV noch immer auf einem Aufstiegsplatz. Allerdings kann der VfB Stuttgart mit einem Sieg am Montag bei Darmstadt 98 (20.30 Uhr/Sky) in der Tabelle vorbeiziehen. „Die Ergebnisse stimmen einfach nicht", sagt Boldt. "Der Trend ist nicht so wie wir ihn gerne hätten. Ich sehe aber keine Krise."
Kapitän Hunt: HSV hat kopflos gespielt
Deutlich kritischere Worte fand wie gewohnt Kapitän Aaron Hunt. „Wir haben uns das Leben unnötig schwer gemacht, kopflos gespielt und falsche Entscheidungen getroffen", kritisierte der Spielmacher, der jedoch selber weit unter seinen Möglichkeiten blieb. „Nach einem Standard für den Gegner laufen wir dem Spiel unnötig hinterher.“
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In der Vorsaison hatte der HSV zum selben Zeitpunkt bereits sieben Punkte mehr auf dem Konto. Das Ende ist bekannt: am Ende wurde der Aufstieg verspielt. Und diesmal? „Es hätten mehr Punkte sein müssen", sagte Hecking über die Bilanz von 30 Zählern zum Abschluss der Hinrunde. „Wir haben in den letzten Wochen ein paar Punkte liegen lassen, heute aber nicht."
Fein und Kittel beim HSV nur auf der Bank
Der HSV-Coach ließ in Sandhausen zumindest nichts unversucht: Um den Abwärtstrend zu stoppen, veränderte er seine Mannschaft auf mehreren Positionen. Die Dauerbrenner Adrian Fein, Sonny Kittel und Rick van Drongelen mussten überraschend auf der Bank Platz nehmen. Die Neuzugänge Timo Letschert und Ewerton, dem Hecking ein wackeliges Zweikampfverhalten attestierte, bildeten die Abwehrzentrale, Gideon Jung agierte auf der Sechs.
„Rick, Adrian und Sonny haben bisher fast alle Spiele gemacht und wirkten zuletzt überspielt, deshalb haben sie jetzt mal eine Pause bekommen", begründete Hecking seine Maßnahmen, die allerdings nur bedingt fruchten sollten.
HSV ließ zahlreiche Chancen liegen
Dennoch war der Punktverlust in Sandhausen wie schon die jüngsten Pleiten in Osnabrück (1:2) und zu Hause gegen Heidenheim mehr als unnötig. Der HSV begann dominant, wirkte allerdings phasenweise zu verspielt und in der Offensive nicht zielstrebig genug. Dennoch hätten sich die Kurpfälzer nicht beschweren dürfen, wenn die Hamburger zur Pause schon mit zwei oder drei Toren Vorsprung geführt hätten.
Zweimal Martin Harnik (17. Und 37.), Tim Leibold (22.), Jeremy Dudziak (26.) und Khaled Narey (29.) ließen gleich mehrere hochkarätige Torchancen ungenutzt. 14-mal versuchte es der HSV (Saisonrekord), das Tor erzielte aber der Gegner – und zwar mit der ersten Möglichkeit. Sandhausens Alexander Schirow nutzte den Freiraum, den Ewerton ihm nach einer Ecke gewährte, und nickte frei stehend zum 1:0 für die Gastgeber ein (39.).
Die Eckenschwäche des HSV
Die Entstehung des Gegentores war keinesfalls überrascht. Nahezu jede Ecke der Gastgeber stellte den HSV vor immense Probleme. „Ich kann meine Spieler nicht größer machen. Wir werden in dieser Liga häufig zweiter Sieger sein, müssen aber vielleicht noch enger am Mann sein", sagte Hecking, der allerdings wenig optimistisch wirkte, das Problem in den Griff zu bekommen. „Das ist ein Defizit, das wir aber sicherlich nicht in der Winterpause abstellen können.“
Der HSV wirkte geschockt von dem Gegentor und hatte sogar Glück, nicht gleich einen Doppelschlag zu kassieren. Doch der Schuss von Sandhausens Offensivspieler Halimi (40.) wurde vom eigenen Mann abgeblockt. Und so ging es mit einem 0:1 aus Sicht der Hamburger in die Pause. "Wir waren gefrustet in der Halbzeit, weil man sich denkt, es kann doch nicht schon wieder alles gegen uns laufen", sagte Hecking.
Heuer Fernandes verhindert Schlimmeres für den HSV
Wer nun dachte, der HSV kommt entschlossener aus der Kabine, wurde allerdings eines Besseren belehrt. Torhüter Heuer Fernandes hielt seine Mannschaft mit einer Glanzparade im Spiel, als er einmal mehr ein Eins-gegen-eins-Duell gewann – diesmal gegen Halimi (50.).
Vom erhofften Aufbäumen der Hamburger war lange Zeit nichts zu sehen. Eine verunglückte Flanke von Leibold landete auf der Latte (54.) und Jatta legte sich den Ball bei einem Konter zu weit vor (72.). Mehr kam lange Zeit nicht von der Hecking-Elf – bis Hinterseer (75.) den HSV erlöste.
HSV fordert Elfmeter kurz vor Schluss
Jetzt zeigten die Hanseaten endlich wieder den Fußball, den Hecking von seiner Mannschaft erwartet. Die beste Chance einer zarten Schlussoffensive vergab schließlich Hinterseer (83.). Allerdings hatte auch Sandhausen den Siegtreffer in Person von Behrens auf dem Fuß beziehungsweise Kopf. Doch der Versuch des Stürmers nach einer Ecke landete haarscharf neben dem Tor (80.).
Für Aufregung sorgte eine strittige Szene kurz vor Schluss, als der Abschluss des eingewechselten Kittel Sandhausens Schirow im Strafraum an den ausgebreiteten Arm sprang (87.). Der HSV forderte vehement Elfmeter, doch Schiedsrichter Aytekin entschied auf Abseits von Kittel, der nur wenige Zentimeter mit seiner Fußspitze in der verbotenen Zone stand.
Eine Entscheidung, mit der Hecking haderte. „Wir hatten Pech, dass Sonny Zehennagel-breit im Abseits stand. Ich habe ein Bild gesehen, bei dem eine Linie gezogen wurde, nach der es kein Abseits war. Das ist für uns natürlich sehr ärgerlich.“
Hecking beklagt HSV-Schlussphase
Auf der Gegenseite war es erneut Keeper Heuer Fernandes, der gegen den alleine auf ihn zulaufenden Behrens als Sieger hervorging (90.) und die Niederlage verhinderte.
Und so blieb es beim 1:1 in der Arena am Hardtwald. Ein Ergebnis, mit dem die Hamburger nicht zufrieden sein können. „Nach hinten raus haben wir es nicht gut gespielt", monierte Hecking. „Man darf nicht so offen stehen, auch wenn man unbedingt gewinnen will. Wir dürfen den Gegner nicht zu zwei klaren Konterchancen kommen lassen."
Im letzten Spiel vor der Winterpause muss der HSV noch einmal in Darmstadt zum Rückrundenauftakt ran. Um ein ruhiges Weihnachtsfest feiern zu können, brauchen die Hamburger inmitten ihrer sportlichen Delle dringend einen Sieg. „Momentan überwiegt die Enttäuschung", sagt Letschert. „Es ist kein gutes Gefühl.“
Die Statistik:
- Sandhausen: Fraisl – Diekmeier, Nauber, Schirow, Paqarada – Paurevic – Frey (78. Türpitz), Linsmayer – Halimi (67. Biada) – Behrens, Bouhaddouz. – Trainer: Koschinat
- HSV: Heuer Fernandes – Narey, Letschert, Ewerton, Leibold – Jung (59. Fein) – Dudziak (73. Jairo), Hunt (59. Kittel) – Harnik, Hinterseer, Jatta. – Trainer: Hecking
- Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)
- Tore: 1:0 Alexander Schirow (39.), 1:1 Hinterseer (75.)
- Zuschauer: 12.958
- Gelbe Karten: Halimi (2) – Jatta (2)
- Torschüsse: 12:25
- Ecken: 5:6
- Ballbesitz: 43:57 %