Hamburg. “Vielleicht muss auch ich ein Zeichen setzen“: Der HSV-Mittelfeldmotor über Hecking, die Drecksackdebatte und seine Zukunftspläne.

Am Montag war Weihnachten beim HSV. Zumindest für die Spieler und ihre Frauen, Freundinnen und Kinder. Beim Hamburger TV-Koch Steffen Henssler kam die Mannschaft zu einem ersten besinnlichen Teamabend zusammen. Am Freitag wollen die HSV-Profis dann auch die Fans im Volksparkstadion im letzten Heimspiel des Jahres gegen den FC Heidenheim in Weihnachtsstimmung bringen. „Vor allem wollen wir eine Reaktion zeigen“, sagt Adrian Fein, der mit seiner Freundin Sophia zur Weihnachtsfeier erschien.

Wenige Stunden zuvor hatte Sophia ihren Adrian um 10.45 Uhr vor der Redaktion des Abendblatts abgesetzt. Der 20-Jährige folgte der Einladung für den Podcast „HSV – wir müssen reden“. Und zu bereden gab es einiges nach der jüngsten 1:2-Niederlage beim Aufsteiger VfL Osnabrück, dem sechsten sieglosen Auswärtsspiel in Folge und dem erneuten Verlust der Tabellenführung.

HSV-Trainer Hecking kritisierte auch Fein scharf

„Auf der Busfahrt zurück nach Hamburg war es extrem leise“, verriet Fein drei Tage danach. Lauter wurden dagegen Sportvorstand Jonas Boldt („Das war nicht zweitligatauglich“) und Trainer Dieter Hecking („Wir haben gedacht, wir können Primaballerina spielen“).

Auch der bislang so hochgelobte Mittelfeldstratege Fein bekam von Hecking ein paar deutliche Wort mit auf den Weg. „Er muss auch schon mal gucken, wo sein Gegenspieler rumläuft“, hatte Hecking über Feingeist Fein gesagt. Die „Bild“-Zeitung veröffentlichte nach dem körperlosen Auftritt des HSV am Montag einen „Drecksack-Check“. Fein wurde dabei in die Kategorie „Kandidat für den Friedensnobelpreis“ eingeordnet.

Konsterniert: Adrian Fein (l.) mit Kapitän Rick van Drongelen nach der HSV-Niederlage gegen Osnabrück.
Konsterniert: Adrian Fein (l.) mit Kapitän Rick van Drongelen nach der HSV-Niederlage gegen Osnabrück. © HA | Jan Hübner

Fein: "Bin nicht der Typ, der wahnsinnig viel grätscht"

Die Bayern-Leihgabe sitzt im Podcast-Studio, nippt an seinem Kaffee und hört sich die Worte der HSV-Verantwortlichen noch einmal über Kopfhörer an. „Die Kritik ist komplett gerechtfertigt“, sagt Fein und versucht zu erklären, warum sich die Mannschaft auswärts gegen aggressiv auftretende Gegner so schwertut.

„Wir sind keine Mannschaft, die einen Gegenspieler umhaut, um ein Zeichen zu setzen. Ich weiß auch nicht, ob wir da die Spielertypen für haben.“ Doch gerade von sich selbst erwartet der U-21-Nationalspieler in diesem Bereich eine Steigerung. „Ich bin nicht der Typ, der wahnsinnig viel grätscht oder einen umhaut. Aber vielleicht muss auch ich mal ein Zeichen setzen und zeigen, dass ich es auch anders kann. Das wäre für mich persönlich der nächste Schritt.“

Adrian Fein freut sich auf die Winterpause

Einen großen Schritt hat Fein bereits gemacht, nachdem er im Sommer vom FC Bayern München für ein Jahr an den HSV verliehen wurde. Gleich in seinem ersten Gespräch machte er Trainer Dieter Hecking deutlich, dass er sich die zentrale Position als alleiniger Sechser im System der Hamburger zutraue.

HSV-Profi Adrian Fein im Podcast-Studio des Hamburger Abendblatts.
HSV-Profi Adrian Fein im Podcast-Studio des Hamburger Abendblatts. © HA | Axel Leonhard

Seitdem verpasste Fein in 16 Pflichtspielen nicht eine Minute. Hinzu kamen fünf Partien für die deutsche U 21. Der Münchner war einer der Gründe, warum der HSV im ersten Saisondrittel einen ansehnlichen Fußball spielte. Zuletzt aber bekam auch Fein die ersten Probleme – und mit ihm der HSV. „Es ist ganz gut, dass jetzt bald eine kleine Pause kommt“, sagt der Techniker.

Fein fiel bei den Bayern durchs Abi

Dass Fein seine ganze Kraft dem Wiederaufstieg des HSV widmet, verrät er am Montag im Podcast. So spielte er vor der Saison mit dem Gedanken, im Laufe der Saison seine Abiturprüfung nachzuholen. „Aber ich kann das einfach nicht vereinbaren. Das primäre Ziel ist es, den HSV wieder in die Erste Liga zu bringen. Da kann ich nichts gebrauchen, was mich davon ablenkt.“

Vor zweieinhalb Jahren war Fein durch das Abi gefallen, weil er mit der A-Jugend des FC Bayern München um die Deutsche Meisterschaft spielte. „Wir haben das Finale gegen Dortmund verloren. Und zwei Tage später war die Abiprüfung.“

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Zugunsten seiner Karriere verzichtete Fein zunächst darauf, sein Abi zu wiederholen. Auch wenn sein Vater Oliver nicht gerade begeistert war von dieser Entscheidung. „Als ich ihm gesagt habe, dass ich nicht noch einmal antrete, gab es Meinungsverschiedenheiten. Er war ein bisschen enttäuscht“, erzählt Fein, der bei seiner Karriereplanung großen Wert auf die Meinung seines Vaters legt.

Entscheidung über Feins Zukunft fällt im Mai

Vor wenigen Wochen hatte Fein senior im Abendblatt gesagt, dass er seinen Sohn gerne noch ein weiteres Jahr im HSV-Trikot sehen würde. Fein junior äußert sich zu diesem Thema aber deutlich zurückhaltender. „Es läuft viel über meinen Berater. Er kümmert sich um die Kommunikation mit den Bayern.“

Sein Hamburger Agent Thies Bliemeister steht im ständigen Austausch mit Bayerns Sportchef Hasan Salihamidzic. Feins Vertrag beim FC Bayern läuft noch bis 2021. Will er sich für ein weiteres Jahr an den HSV verleihen lassen, müsste er gleichzeitig bei den Bayern verlängern. Eine Entscheidung wird erst fallen, wenn klar ist, in welcher Liga der HSV ab kommenden Sommer spielt.

Zunächst einmal stehen vor der Winterpause aber noch drei Spiele für Fein und den HSV an. Danach geht es für den Münchner Heiligabend nach Hause, wo seine Mutter wieder Hirschgulasch für die Familie kocht. Dann kann Fein auch so richtig Weihnachten feiern.