Hamburg. Maximilian R. hatte sich gestellt. Richterin folgt Antrag der Staatsanwaltschaft und vermisst Reue beim Angeklagten.
Es war ein Schicksalsspiel des HSV. Jener Tag, an dem für den „Dino“ der Bundesliga eine Ära zu Ende gehen sollte. Trotz eines 2:1-Sieges der Hamburger über Borussia Mönchengladbach stieg der Verein, der 55 Jahre und 1866 Spiele ununterbrochen seinen festen Platz in der Ersten Liga hatte, am 12. Mai 2018 in die Zweite Liga ab. Ein Schicksal, das der Verein schlucken und akzeptieren musste – mit dem sich aber etliche Fans so gar nicht abfinden wollten.
Chaos und Randale gab es an jenem Tag im Volksparkstadion, ausgehend von Fußballanhängern in der Nordtribüne, wo Feuerwerkskörper, Bengalos und Rauchbomben gezündet und aufs Spielfeld geworfen wurden und sich eine riesige Rauchsäule über Teile des Stadions ausbreitete. Und mittendrin in dem Tumult war offenbar Maximilian R., ein 24 Jahre alter Fußballfan, der sich jetzt wegen der Aktion vor dem Amtsgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft dem jungen Mann schweren Landfriedensbruch vor.
Er soll sich als Teil einer Gruppe von rund 50 Personen unter einer Plane versteckt und sich dort wie viele andere mit Sturmhaube und Kapuze vermummt haben. Dann habe er zusammen mit anderen Fans pyrotechnische Mittel auf den Rasen geworfen, während das Spiel zunächst noch im Gange war.
20-minütiges Video überführt HSV-Fan
Zur Anklage sagt Maximilian R., ein großer Mann mit kräftiger Statur, selber nichts, doch sein Verteidiger erklärt, dass der 24-Jährige die Vorwürfe einräume. Demnach habe sich der gelernte Chemikant „unter der Plane vermummt, um Feuerwerkskörper, die ihm ein anderer zugeleitet hatte, aufs Spielfeld zu werfen“.
Das Gericht spielt ein 20-minütiges Video ab, auf dem die Randale festgehalten ist – und in dem deutlich wird, dass der Tumult offenbar einer peniblen Choreografie folgt. Kurz vor Ende des Spiels wird blitzschnell eine riesige Plane vom Zaun nach hinten ausgebreitet, unter der nun etwa 50 Fans versteckt stehen. Dann wird die Abdeckung wie auf Kommando wieder zusammengerafft. Die, die darunter verborgen waren, sind nun schwarz vermummt, haben Feuerwerkskörper, Rauchbomben und Bengalos bei sich.
Erste pyrotechnische Körper fliegen auf das Spielfeld, es gibt mehrere Flammenherde; vor lauter Rauch ist in diesem Teil des Stadions kaum noch etwas zu erkennen. Schließlich wird die Plane wieder über den Fans ausgebreitet und kurze Zeit später erneut zusammengerafft. Nun ist niemand mehr aus der Gruppe vermummt.
Pyrotechnik: Immer wieder knallen Böller
Auf einem zweiten Video ist auch zu sehen, wie sich der Rauch bis weit in den Strafraum ausbreitet. Immer wieder knallen Böller. Polizei kommt aufs Spielfeld und sichert in mehreren Reihen das Stadion. Auch berittene Beamte sind dabei. Ein Stadionsprecher ruft: „Unterlasst sofort das Abbrennen von Pyrotechnik. Bleibt vernünftig.“ Doch davon lassen sich die Randalierer nicht beeindrucken. Der Tumult geht weiter.
Um die Randalierer ausfindig zu machen, wurde vier Monate nach dem Spiel eine Öffentlichkeitsfahndung ausgeschrieben. Wenig später stellte sich Maximilian R. der Polizei. Nach Lesart der Verteidigung sollte ihm dies viele Pluspunkte einbringen. Doch eine sehr auffällige Waschung seiner Hose hätte wohl ohnehin zur Identifizierung geführt.
HSV-Fan zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt
Der Verteidiger, der sieben Monate auf Bewährung für seinen Mandanten beantragt, nennt die Randale eine „riesengroßen Dummheit, die hier passiert ist. Eine sinnvolle Erklärung des Tuns ist nicht möglich.“ Die Richterin folgt mit ihrem Urteil allerdings dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilt Maximilian R. zu neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem muss der Angeklagte 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.
„Mit vereinten Kräften“, so die Richterin, habe der 24-Jährige aus einer Menschenmenge heraus mit gefährlichen Werkzeugen hantiert. Viele warfen Knallkörper und Polenböller auf das Spielfeld. Damit hätten unter anderem Ordner und andere Zuschauer verletzt werden können, schärft die Richterin dem Angeklagten ein. Natürlich müsse sich sein Geständnis positiv auf das Strafmaß auswirken. „Aber von wirklicher Reue haben wir hier nichts gehört.“