Hamburg. Wie im Vorjahr liegt der HSV nach dem ersten Drittel vorne. Die Zahlen belegen, dass das Konstrukt in dieser Saison stabiler ist.
Dieter Hecking war gut drauf am Tag nach dem 1:1 bei Arminia Bielefeld. Wo denn der HSV jetzt stehe nach den ersten zehn Saisonspielen der Zweiten Liga, wurde der Cheftrainer nach der Rückkehr in Hamburg gefragt. „An der Spitze“, sagte Hecking und grinste. Der HSV-Coach war zufrieden. Nicht nur mit dem Auftritt seiner Mannschaft beim Topspiel in der SchücoArena. Auch mit der Zwischenbilanz nach den ersten zehn Spielen der Saison.
„Nach zehn Spielen kann man ein erstes Fazit ziehen“, sagte Hecking und stellte sich und seiner Mannschaft dann auch gleich ein positives Zwischenzeugnis aus. Schließlich steht der HSV ja auch an der Spitze. So wie vor einem Jahr, als es am Ende aber nur der vierte Platz wurde. Wie spitze ist der Spitzenreiter diesmal?
Hecking selbst benutzte das Wort in seiner Analyse aus der ersten Halbzeit von Bielefeld. „Jeder im Stadion hat gesehen, dass da eine Spitzenmannschaft unterwegs war“, sagte Hecking. Tatsächlich hatte der HSV beim Tabellendritten seine vielleicht 45 besten Saisonminuten gespielt.
Eine Spitzenmannschaft hätte allerdings mehr aus seinen Möglichkeiten machen müssen. So blieb der Treffer zum 1:0 durch Lukas Hinterseer das einzige HSV-Tor des Abends. Eine strittige Szene vor dem Ausgleich ärgerte Hecking aber auch am Tag danach noch. Andreas Voglsammer hatte Josha Vagnoman vor dem entscheidenden Eckball zu Fall gebracht. „Mit dieser Aktion kippt das Spiel“, sagte Hecking. Aber: „Wir haben uns vom 1:1 abbringen lassen. Wir müssen lernen, dass es weitergeht.“
Hecking mit Lernprozess des HSV zufrieden
Mit dem Lernprozess des HSV nach dem ersten Saisondrittel ist Hecking allerdings zufrieden. Indiz dafür seien jedoch nicht die 21 Punkte nach zehn Spielen, sondern vielmehr die Entwicklung des Gesamtgefüges, meint der Trainer. „Am Montag haben wir wieder einen Schritt gemacht. Für mich zählt, dass die Mannschaft eine Entwicklung nimmt“, sagte Hecking. „Wir haben gezeigt dass wir auf einem richtig guten Weg sind.“
Zumindest für die erste Hälfte gelten diese Worte. Der Trainer selbst gab zu, dass seine Mannschaft das Tor zum 1:1 hätte besser verteidigen und die zweite Halbzeit besser spielen können.
Topspiel des HSV in Bielefeld: Die besten Bilder:
Topspiel des HSV in Bielefeld: Die besten Bilder
Blickt man auf die Zahlen der ersten zehn Saisonspiele, findet man viele Statistiken, die Hecking in seiner Auffassung bestätigen. Da wäre zum einen der physische Zustand des Teams. Keine Mannschaft der Liga hat bessere Laufwerte als der HSV. 117,53 Kilometer Laufleistung pro Spiel sind der Topwert der Liga. Vor allem in Bielefeld legten die HSV-Profis mit 121,18 Kilometern eine hohe Strecke zurück. Aber auch bei den Zweikampfwerten kommen die Hamburger auf gute Zahlen. 52,8 Prozent gewonnene Duelle bedeuten Platz zwei im Ligaranking hinter dem VfB Stuttgart.
Härtetest bestanden
In Bielefeld verlor der HSV zwar 56 Prozent der Zweikämpfe, den Härtetest gegen die körperlich starken Arminen aber bestanden die Hamburger. Zuvor hatte Heckings Mannschaft bei den Auswärtsspielen in Regensburg und auf St. Pauli Probleme mit der aggressiven Spielweise des Gegners. „Wir wissen, dass wir eine Fußball spielende Mannschaft sind“, sagt Hecking und spricht damit gleichzeitig über die Schwäche. „Wir wissen, dass wir zulegen müssen, wenn eine Mannschaft so körperlich agiert wie es Bielefeld gemacht hat. Das war aber eine deutliche Verbesserung zum St.-Pauli-Spiel. Wir haben uns deutlich mehr gewehrt.“
Auffällig ist in dieser HSV-Saison die geringe Zahl an Gelben Karten. Mit nur neun Verwarnungen und noch keinem Platzweis sowie den wenigsten Fouls sind die Hamburger aktuell die fairste Mannschaft der Liga. Ein Beleg dafür, dass der HSV seine Aufgaben lieber spielerisch als kämpferisch löst. Man könnte die Statistik so interpretieren, dass es dem Team an körperlicher Spielweise fehlt. Man könnte aber auch von einer größeren Reife sprechen. In der Vorsaison gab es gleich mehrere Platzverweise für junge Spieler wie David Bates, Vasilije Janjicic oder Orel Mangala.
HSV hat die meisten Tore geschossen
Eindeutig lesen sich dafür die wichtigsten Zahlen der Tabelle: Der HSV hat nicht nur die meisten Punkte geholt, sondern auch die meisten Tore geschossen (22) und die wenigsten kassiert (8). Schon nach zehn Spieltagen ist die Tordifferenz (+14) deutlich besser als in der gesamten letzten Saison (+3). Auch deshalb ist sich Hecking sicher: „Wenn wir so weiterarbeiten, sind wir in der Lage, die Saison so konstant durchzuspielen.“
Doch das Wörtchen „wenn“ hat beim HSV traditionell eben eine ganz eigene Gesetzmäßigkeit. Zu oft erlitt der HSV in den vergangenen Jahren Rückschläge, wenn er in Zufriedenheit verfiel. Das weiß auch der Trainer. „Der Saisonstart gibt uns ein gutes Gefühl. Er darf aber nicht zur Selbstsicherheit führen“, sagte Hecking am Dienstag.
Da dürfte es dem 55-Jährigen durchaus gelegen kommen, dass der Spitzenreiter am Sonnabend gleich zum nächsten Spitzenspiel antritt. Dann kommt der Tabellenzweite VfB Stuttgart in den erstmals in dieser Saison voll besetzten Volkspark.
Schwaben mit ähnlichen Probleme wie der HSV
Die Schwaben offenbaren in dieser Saison ähnliche Probleme wie die Hamburger vor einem Jahr. Der HSV hat die große Chance, sich mit einem Heimsieg in der Tabelle ein wenig abzusetzen. Zumal danach mit Wehen Wiesbaden und Holstein Kiel zwei vermeintlich einfache Auswärts-Aufgaben auf den HSV warten.
Wenngleich Hecking schon jetzt vor so einer Denkweise warnt. „Wenn du glaubst, das sind sechs sichere Punkte, dann holst du gar keinen Punkt.“ Erfahren hat das ausgerechnet der große Ligafavorit aus Stuttgart. Der VfB spielte zuletzt zu Hause gegen Wehen Wiesbaden und Holstein Kiel. Die Punkteausbeute ist bekannt: null.