Neues Detail entlastet Jatta. Berater warnte HSV schon 2016 vor Jattas Identität. Hecking mit Appell an die Öffentlichkeit.

Die HSV-News am Freitag, den 9. August 2019:

  • DFL: Gambischer Fußballbund bestätigte Jattas Angaben
  • Neues Detail entlastet Jatta
  • Heckings Appell an die Öffentlichkeit im Fall Jatta
  • Wusste der HSV von Zweifel an Jattas Identität?
  • Polizei rüstet sich für Pokalspiel in Chemnitz
  • Hecking blockt bei Frahn-Suspendierung ab
  • Ewerton erneut verletzt
  • Steinmann wechselt nach Neuseeland
  • Auch Jattas Entdecker hatte Zweifel

DFL erklärt: So lief die Spielberechtigung für Bakery Jatta

Am Freitag hat die DFL eine Erklärung dazu veröffentlicht, wie internationale Spielertransfers allgemein und speziell im Fall von Bakery Jatta ablaufen. Dort heißt es: "Da im Fall von Bakery Jatta sämtliche notwendigen Dokumente durch den Hamburger SV in TOR (d. Red.: das deutsche Transfer-Online-Registrierungssystem; eine Onlineplattform, auf der alle Clubs der Bundesliga und zweiten Bundesliga ihre Transfervorgänge abwickeln können) hinterlegt worden und vom Gambischen Fußballbund bestätigt worden sind, hat die DFL eine entsprechende Spielberechtigung für den Spieler ausgestellt.“

Diese behalte "aktuell ihre Gültigkeit", da es "zum jetzigen Zeitpunkt keinen Beweis für eine falsche Identität des Spielers gibt".

Jatta beantragte einen neuen Pass

Bakery Jatta kam offenbar zunächst ohne gültigen Reisepass aus Gambia nach Deutschland. Das gab er gegenüber der Stadt Bremen an, wo er im Sommer 2015 zuerst registriert wurde, wie eine Sprecherin der dortigen Innenbehörde auf Anfrage sagte. In der Folge habe er sich jedoch nach Auskunft der Sachbearbeiter bemüht, ein Ausweisdokument vorlegen zu können. "Das sprach auch sehr für ihn, weil viele andere Betroffene diese Mitwirkung nicht zeigen", so die Sprecherin. In einigen Fällen besitzen Ausländer auch einen Pass, zeigen diesen aber aus Sorge vor einer Abschiebung zunächst nicht bei den Behörden vor.

Nach Recherchen des Abendblattes beantragte und bekam Bakery Jatta dagegen einen neuen Pass, der am 27. Januar 2016 in seiner Heimat Gambia ausgestellt wurde. Wie aus einem späteren offiziellen Dokument hervorgeht, sollte der Ausweis dabei von Familienmitgliedern Jattas abgeholt und per Post an Bakery Jatta in Deutschland geschickt werden. Dieser Umweg war nötig, weil die Konsulate und Botschaft Gambias in Deutschland nach eigener Auskunft selbst keine neuen Reisepässe ausgeben.

Neues Detail entlastet Jatta

Das Bremer Migrationsamt sah es offenbar als nötig an, die Echtheit des Dokuments, das Jatta schließlich vorzeigte, zu überprüfen. Dazu wurde nach Abendblatt-Informationen im Frühjahr 2016 eine Anfrage an das Honorargeneralkonsulat der Republik Gambia in Köln gestellt – dieses bestätigte die Ausstellung des neuen Reisepasses. Kurz darauf wechselte die Zuständigkeit für Bakery Jatta von Bremen nach Hamburg. "Wäre es andersherum gewesen, hätten wir den Reisepass erneut überprüft, bevor eine längere Aufenthaltserlaubnis gestattet wird", sagte die Sprecherin der Bremer Innenbehörde. In Hamburg sah man dazu offenbar keine Notwendigkeit, da die Bestätigung des Konsulats bereits aktenkundig war.

Dass der Reisepass von Bakery Jatta auf offiziellen Wegen ausgestellt wurde, macht eine Fälschung nach Angaben von Beamten unwahrscheinlicher. "Es wäre sicherlich auch schwieriger, jemanden von Deutschland aus zu bestechen, damit er falsche Angaben in einen legitimen Reisepass einträgt", heißt es in Verwaltungskreisen. "Auszuschließen ist es dennoch nicht."

Jatta: Heckings Appell an die Öffentlichkeit

Mit einem Appell an Medien und Öffentlichkeit hat sich Dieter Hecking hinter seinen Spieler Bakery Jatta gestellt. "Von außen kommt wieder etwas, worauf sich alle stürzen. Man muss aber auch erst mal die Beweislage abwarten. Ich bitte euch, das Thema ein bisschen runterzufahren. Das, was gerade passiert, ist typisch für die Medienlandschaft. Man hat etwas, was vielleicht sensationell ist, obwohl noch die Unschuldsvermutung existiert", sagte der Coach über den Verdacht, Jatta könnte unter falscher Identität spielen.

Hecking gab an, dass die Mannschaft sehr sensibel mit dem Thema umgegangen sei. "In der Kabine war es gestern natürlich Thema, als Baka kam – heute war das aber schon viel weniger der Fall. Und so sollte auch die Öffentlichkeit damit umgehen." Sehen Sie sich die Aussagen des Coaches noch einmal im nachfolgenden Video an:

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Hecking stellt Jatta-Einsatz in Aussicht

HSV-Coach Hecking behauptete zudem, dass Jatta selbst "relativ entspannt" mit den Gerüchten um seine Person umgegangen sei. Der 54-Jährige sehe deshalb keinen Grund, den Flügelstürmer aus dem Kader zu streichen. "Natürlich nehmen wir ihn mit nach Chemnitz. Aus meiner Sicht gibt es überhaupt keinen Grund, ihn hierzulassen." Es ist sogar davon auszugehen, dass Jatta am Sonntag bei der ersten Pokalrunde (18.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) in der Startelf stehen wird.

So könnte der HSV spielen: Heuer Fernandes – Gyamerah – Papa, van Drongelen – Leibold – Fein – Jatta, Jairo, Dudziak, Amaechi – Wood.

Wusste der HSV von Zweifel an Jattas Identität?

Ist der HSV schon vor dreieinhalb Jahren Zweifeln am Namen und dem Alter von Bakery Jatta nachgegangen? Das geht zumindest aus Dokumenten der Enthüllungsplattform Football Leaks, über die der "Spiegel" berichtet hervor. Demnach wies ein Spielerberater einen HSV-Mitarbeiter bereits am 18. Januar 2016 darauf hin, was er aus vermeintlich verlässlichen Quellen in Gambia erfahren habe: Bakery Jatta solle mit richtigem Namen Bakary Daffeh heißen, schrieb der Berater und nannte einen ehemaligen Club des Spielers.

Hat Bakery Jatta etwas über seine Identität zu verheimlichen?
Hat Bakery Jatta etwas über seine Identität zu verheimlichen? © Witters

Ein HSV-Mitarbeiter versuchte daraufhin, den Spuren nachzugehen. Doch offenbar hatte er keine Beweise, die Jatta belasten oder entlasten konnten. Nur eine Tendenz: Sein "Hauptverdacht" sei, so schreibt er Ende Januar 2016 in einer Mail, "dass es sich bei dem Spieler tatsächlich um Bakary Daffeh handeln könnte".

Jatta blieb jedoch stets bei seiner Version, wie HSV-Sportvorstand Jonas Boldt erst am Donnerstag bestätigte. Nun geht die zuständige Hamburger Behörde Hinweisen nach, ob der Gambier seine Identität korrekt angegeben hat. Dazu wird er angehört und mit den Vorwürfen konfrontiert.

Noch keine Strafanzeige gegen Jatta

Eine Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft sagte am Freitagmittag, dass bislang keine Strafanzeigen gegen den HSV-Flügelstürmer vorlägen. Bis mögliche Anzeigen nach dem Posteingang im System erfasst würden, könnten jedoch einige Tage vergehen. "Wir haben die Entwicklungen unabhängig von Strafanzeigen im Blick", so die Sprecherin.

Dazu findet auch ein Austausch mit dem für Jatta zuständigen Bezirksamt Mitte statt. "Aus den bislang bekannten Informationen ergibt sich aber kein Anfangsverdacht einer Straftat", so die Sprecherin. Entsprechend wurde auch von Amtswegen noch kein Verfahren eingeleitet.

Polizei rüstet sich für Pokalspiel in Chemnitz

Fan- und Extremismusforscher Robert Claus rechnet rund um das DFB-Pokalspiel beim Drittligisten Chemnitzer FC mit Reaktionen beider Fanlager. "Ohne den Fußball über Gebühr interpretieren zu wollen, steckt sowohl in der Chemnitzer Debatte um Daniel Frahn als auch im Hamburger Fall um Bakery Jatta viel Gesellschaftspolitisches um die Themen extreme Rechte, Rassismus und Migration“, sagte Claus vor der Partie am Sonntag (18.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de): "Es ist gut möglich, dass die jeweiligen Fanszenen die Themen am Sonntag mit Spruchbändern aufgreifen."

Skurrile Szene: Nach der Niederlage in Halle redete Daniel Frahn (hinter dem Zaun, 2.v.r.) aus dem Zuschauerblock heraus auf seine Mannschaftskollegen ein.
Skurrile Szene: Nach der Niederlage in Halle redete Daniel Frahn (hinter dem Zaun, 2.v.r.) aus dem Zuschauerblock heraus auf seine Mannschaftskollegen ein. © Imago/Picture Point

Der CFC hatte Anfang der Woche seinen Kapitän Frahn wegen einer angeblich zu großen Nähe zur rechtsextremistischen Szene entlassen. Deshalb stellt sich auch die Polizei in Chemnitz auf Unruhe ein. "Zumindest die Geschehnisse um Daniel Frahn und das, was jetzt in Chemnitz in den letzten Tagen medial verbreitet wurde, hat natürlich eine Rolle für die Lagebewertung gespielt“, sagte Sprecherin Jana Ulbricht dem Sportinformationsdienst SID: "Wir stehen da in sehr engem Kontakt mit dem Verein.“

Wie viele Beamte am Sonntag im Einsatz sind, wollte die Behörde nicht verraten, man sei aber gewarnt. "Es ist schon eines der größeren Spiele. Pokal und HSV ist schon etwas anderes als irgendwelche Regionalligisten", sagte Ulbricht.

Hecking interessiert Frahn-Suspendierung nicht

Der sportlich Verantwortliche beim HSV, Trainer Dieter Hecking, will sich derweil nicht öffentlich zu den Vorfällen in Chemnitz äußern. „Das ist nicht mein Problem, das interessiert mich nicht. Ich habe meine Meinung, die werde ich aber nicht nach außen kundtun", sagte der Coach. "Es ist nicht meine Aufgabe, sportpolitische Dinge zu beurteilen. Für mich ist es wichtig, dass der HSV in die zweite Runde des DFB-Pokals muss."

Neuzugang Ewerton schon wieder verletzt

Und dieses Ziel sei "kein Selbstläufer", sagte Hecking am Freitag und bediente sich dabei an einer Floskel. Seine Botschaft: Er weiß, dass der HSV in den zurückliegenden sieben Jahren dreimal in der ersten Runde gegen unterklassige Gegner ausschied, behält aber vor allem den Halbfinaleinzug in der Vorsaison in bester Erinnerung.

Der Brasilianer Ewerton hat sich am Sprunggelenk verletzt.
Der Brasilianer Ewerton hat sich am Sprunggelenk verletzt. © Witters

Um nun den ersten Schritt im DFB-Pokal zu machen, muss der Verein aber auf seinen Kapitän Aaron Hunt verzichten. "Aaron wird nicht spielen, das werden wir nicht machen", sagte Hecking, der gleich noch einen zweiten Ausfall verkündete: den des Brasilianers Ewerton. "Er hat sich im Training am Sprunggelenk verletzt. Das sah nicht gut aus, wir müssen aber die Diagnose abwarten."

Der Innenverteidiger hatte sich gerade erst nach einer langwierigen Leistenverletzung zurückgekämpft. Nun fällt der für zwei Millionen Euro aus Nürnberg verpflichtete Abwehrspieler schon wieder aus.

Steinmann wagt Abenteuer in Neuseeland

Nach David Bates hat der HSV noch einen weiteren Spieler abgegeben: Mittelfeldspieler Matti Steinmann wechselt nach Neuseeland zum Wellington Phoenix FC. Dort unterschrieb der 24-Jährige einen Einjahresvertrag. Wellington spielt als einziger neuseeländischer Verein in der australischen A-League. In Hamburg war Steinmann, der 13 Spiele für die Profis bestritt, im Sommer ausgemustert und zurück in die U21 versetzt worden.

Zum Abschied gab der HSV dem Mittelfeldstrategen nette Worte mit auf den Weg. "Vielen Dank für alles, was du für den HSV geleistet hast, Matti! Du bist und bleibst ein echter HSVer!", twitterte der Club. Steinmann richtet seinen Blick derweil schon wieder nach vorne: "Ich wollte mich sportlich verändern und etwas Neues erleben."

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Auch Jattas Entdecker hatte Zweifel

Nun hat sich auch Lothar Kannenberg, der als Entdecker von Bakery Jatta gilt, zu Wort gemeldet und die Zweifel an der Identität des Gambiers bestärkt. „Wir hatten alle Zweifel, ob er nicht älter als 17 sein könnte“, sagte Kannenberg über den Spieler, der im Sommer 2015 nach Bremen gekommen war, der „Bild“. Er wünsche sich, „dass er alles von sich aus aufklärt. Er kann nur Leistung bringen, wenn alles abgehakt ist. So eine Belastung behindert ihn.“

Der ehemalige Leiter der mittlerweile geschlossenen Bremer Jugendhilfeeinrichtung bestätigte, Jatta habe bei seiner Ankunft einen gambischen Pass besessen. „Die Stadt Bremen hat seine Identität überprüft und ihn dann an uns vermittelt, darauf haben wir uns natürlich verlassen.“

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