Hamburg. Der Spielmacher befindet sich seit Wochen in Topform. Er hat neben seiner Ernährung auch die Belastung umgestellt – mit Erfolg.

Aaron Hunt war noch außer Atem vom stufenweise ansteigenden Lauftest in der Winterhuder Leichtathletikhalle, da pikste es schon für einen kurzen Moment am Ohrläppchen. Ein Betreuer des HSV nahm dem Routinier am Montagmorgen einen kleinen Tropfen Blut ab, um die Konzentration von Laktat zu ermitteln. Direkt im Anschluss ging es für Hunt im Kraftraum weiter mit dem Beweglichkeits- und Stabilitätstest Functional Movement Screen (FMS). Auf Basis dieser Werte werden die individuellen Trainingspläne für die nach dem Auswärtsspiel in Kiel (Sonntag, 13.30 Uhr) beginnende 13-tägige Winterpause erstellt.

In welchem Bereich Hunts Laktatwerte liegen, wollte der HSV nicht preisgeben. Fest steht aber, dass sich der 32 Jahre alte Routinier seit Wochen in bester Verfassung befindet – und das, obwohl er häufig die Hälfte der Trainingseinheiten verpasst. Beim 2:1-Erfolg in Duisburg war der Spielmacher mit 11,4 Kilometern laufstärkster HSV-Profi nach Flügelflitzer Khaled Narey (11,9). Dabei hatte Hunt in der Woche nur einmal mit dem Team trainiert.

Von mangelnder Fitness war auf dem Platz aber nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil. Viele Angriffe liefen über Hunt. Auch am laufintensiven Pressing beteiligte er sich. „Er ist sehr fleißig, sehr konstant. Und er arbeitet unheimlich viel“, lobte Trainer Hannes Wolf. Doch woher kommt Hunts Energie, wenn er in der Woche immer wieder mal beim Training fehlt?

Hunt isst jetzt weniger Fleisch

Nachdem er in den vergangenen Jahren des Öfteren von muskulären Verletzungen und Erkältungen geplagt war, ließ sich Hunt im Sommer 2016 die Mandeln entfernen. Besser wurde es aber erst, seit er ein Jahr später seine Ernährung umgestellt hat. Der HSV-Kapitän verzichtet seitdem häufig auf Fleisch und ernährt sich vermehrt von veganen Produkten. Vor dem Training nimmt er meist nur einen Gemüsedrink zu sich. Durch die kohlenhydratarme Kost fühlt er sich fitter.

Der positive Effekt zeigte sich schon in der Rückrunde der Abstiegssaison, als Hunt verletzungsbedingt nur ein Spiel verpasste und zum Bundesligaendspurt wie die gesamte Mannschaft noch einmal leistungsmäßig aufdrehte. Ein Umstand, der beinahe zu einer historischen Aufholjagd geführt hätte. In der laufenden Saison fehlte Hunt wegen Wadenproblemen nur bei den ersten beiden Partien gegen Kiel (0:3) und in Sandhausen (3:0). Da er in den weiteren 15 Spielen stets zur Startelf zählte, kam der Offensivspieler seit seinem Wechsel aus Wolfsburg im Sommer 2015 auf so viele Einsätzen wie noch nie in einer Hinrunde für den HSV.

Hunt verzichtet bewusst auf manche Trainingseinheiten

Neben der Ernährungsumstellung hat aber noch eine weitere Maßnahme zu seiner verbesserten Fitness geführt. Wie das Abendblatt erfuhr, verzichtet der Ex-Bremer in Absprache mit den HSV-Ärzten bewusst auf Trainingseinheiten, um die Belastung zu dosieren. Offiziell wurde in den vergangenen Wochen gleich zweimal um die Kadernominierung von Hunt gezittert. Vor dem Duisburg-Spiel fehlte er laut HSV einige Tage wegen muskulärer Probleme, drei Wochen zuvor vor dem Duell gegen Union Berlin pausierte er wegen eines Infekts. Wirklich gefährdet war sein Einsatz letztlich aber nie.

Vielmehr hat Hunt erkannt, dass er wegen seines Alters und seiner Verletzungshistorie die Belastungssteuerung verändern muss, um Topleistungen abzurufen. Seine Grundkondition holt sich Hunt unter anderem durch private Stabilisationsübungen, die zudem Verletzungen vorbeugen. Gut erholt kann er dann in den Spielen ans Limit gehen.

So wie vor allem in den jüngsten fünf Partien, als der Kreativspieler fünf Scorerpunkte (vier Tore und eine Vorlage) sammelte. Den Siegtreffer in Duisburg erzielte Hunt zum zweiten Mal mit einem direkt verwandelten Freistoß. „Er ist ein sehr, sehr wichtiger Spieler für uns. Technisch sehr stark, dazu extrem ballsicher“, sagte Mitspieler Narey über den Mann, der ihn im Spiel so häufig in die Tiefe schickt. „Er ist einfach ein sehr guter Fußballer, der immer wieder letzte und vorletzte Pässe liefert“, ergänzte HSV-Coach Wolf.

Zwiegespaltes Fan-Urteil über Hunt

Trotz der Lobeshymnen äußert sich der Adressat bescheiden über seine Formstärke. „Ich habe immer Bock auf Fußball, auch wenn das vielleicht nicht immer so aussah“, sagt Hunt mit einem Augenzwinkern. Der Kapitän weiß, wie schnell die Stimmung wieder umschlagen kann. Wegen seiner Bremer Vergangenheit und seiner mitunter phlegmatisch wirkenden Spielweise wurde Hunt in der Vergangenheit von den Fans kritisch beäugt. Der Mittelfeldspieler ist eben keiner, der künstliche Emotionen zeigt, um den Fans zu gefallen.

Doch wie so häufig im Fußball beeinflussen vor allem Tore das Urteil der Fans. Und momentan erkennen die Anhänger an, dass der Ex-Nationalspieler Partien mit nur einer Aktion entscheiden kann. Eine Qualität, die Hunt auch seiner Fitness zu verdanken hat.