Hamburg. Sommer-Zugang Christoph Moritz ist beim HSV nur Kurzarbeiter. Seinen Spaß findet der 28-Jährige auf andere Weise.

Christoph Moritz zuckt kurz, als er aus dem Gespräch mit dem Abendblatt kommt. Im Erdgeschoss des Volksparkstadions steht seine Teqball-Platte, die er aus Kaiserslautern mitgebracht hat. Eine Art Fußballtennis im Tischtennisformat. Zu gerne würde er eine Runde zocken. Moritz (28) liebt das Spielen. Backgammon gegen Lewis Holtby, Tennis gegen Julian Pollersbeck oder Teqball gegen Douglas Santos. Nur das Spielen mit dem HSV läuft für den Neuzugang bislang nicht wie geplant. Auch am Sonnabend beim FC Ingolstadt (13 Uhr/Sky) muss der Mittelfeldmann auf seiner Position Holtby und Kapitän Aaron Hunt den Vortritt lassen.

Hamburger Abendblatt: Herr Moritz, sind Sie ein bisschen spielsüchtig?

Christoph Moritz: Nicht nur ein bisschen (lacht). Damit meine ich aber nicht die Spielsucht als Krankheit. Vielleicht trifft es verrückt nach Spielen und Challenges eher. Wir spielen in der Mannschaft zwar auch mal um Geldbeträge, aber das ist alles im Rahmen. Es macht mir genauso viel Spaß, mit meinen Freunden oder meiner Freundin um ein paar Euros Karten zu zocken. Mir geht es nicht um den finanziellen Ertrag, sondern um das Spiel.

Wo man Sie sieht, sieht man Sie spielen. Ihre Freundin muss es nicht leicht haben...

Moritz: Im Gegenteil. Meine Freundin spielt auch leidenschaftlich gerne. Rommé, Schach, auch Fußball. Sie studiert in Münster, spielt Futsal in der Uniliga. Das ist einer der Gründe, warum wir uns so gut verstehen.

Was ist derzeit Ihr Lieblingsspiel?

Moritz: Eindeutig Schach. Gerne gegen meine Freundin oder Matti Steinmann. Ich gucke auch viel im TV oder spiele Schach auf meinem Handy. Da kann ich gegen viele Freunde parallel spielen.

Sind Sie ein schlechter Verlierer?

Moritz: Ich hasse es zu verlieren. Ich hasse es aber auch, wenn der Gegner sich nach einer Niederlage nicht ärgert. Noch schlimmer finde ich aber schlechte Gewinner, die sich dann arrogant verhalten. Ich bin sicher ein schlechter Verlierer, dafür aber ein guter Gewinner.

Ein Typ Stefan Raab?

Moritz: Das kann man so sagen. Es hätte mich auch gereizt, mal gegen ihn bei „Schlag den Raab“ anzutreten. Aber ich habe mich nicht beworben, weil ich keine Chance gegen ihn gehabt hätte.

Wie schwer ist es für Sie als leidenschaftlicher Spieler, beim HSV derzeit so wenig zum Einsatz zu kommen?

Moritz: Da muss ich nicht groß drumherum reden: Derzeit habe ich fünf, sechs Tage in der Woche richtig Spaß. Am Spieltag freue ich mich natürlich auch mit der Mannschaft, weil es bei uns gut läuft. Aber auf meine persönliche Situation bezogen hält sich der Spaß bei geringer Einsatzzeit in Grenzen. Da muss ich nicht lügen. Der Trainer weiß das, er kann das gut einschätzen. Jeder will spielen. Die Situation gibt es im Moment leider nicht her. Lewis und Aaron spielen auf meiner Position, haben jetzt beide wieder getroffen. Über ihre Qualität muss man nicht diskutieren.

Macht Ihnen ein Sieg Spaß, wenn Sie nur fünf Minuten mitspielen dürfen?

Moritz: Je länger man spielt, desto mehr Spaß macht auch ein Sieg. Das ist doch klar. Am schlimmsten ist es, wie gegen Union kurz reinzukommen – und das Spiel kippt gegen dein Team. Da ist die Laune dann am Tiefpunkt. Nicht zu spielen nervt jeden Fußballer. Wenn man immer nur trainiert, aber keine Chance hat, in die Mannschaft zu kommen, stellt man schon mal einiges infrage. Diese Momente gehören im Fußball dazu, jeder Spieler kennt sie. Es gilt dann dranzubleiben, Gas zu geben und sich immer wieder über das Training anzubieten.

Sind Ihre Chancen auf mehr Einsatzzeit durch den Trainerwechsel gestiegen? Unter Wolf gehören Sie immer zu den ersten Einwechselspielern.

Moritz: Gehörte ich unter Christian Titz auch. Natürlich hatte ich mir insgesamt mehr Spielzeit erhofft. Bis jetzt hat es einfach noch nicht so gepasst. Ich versuche trotzdem, meinen Beitrag zum Erfolg der Mannschaft zu leisten.

Spielen Sie auch deshalb privat viel, weil Sie für den HSV derzeit so wenig spielen?

Moritz: Nein. In Kaiserslautern war ich abseits des Platzes auch als verrückter Spieler bekannt. Und da gehörte ich zur Stammelf, habe viel gespielt.

Ist das Fußballerleben für Sie auch ein großes Spiel? Eine Art Rollenspiel sogar?

Moritz: Es ist vor allem ein großes Geschäft. Man kann nicht immer das sagen, was man gerade denkt. Ich bin aber froh, jeden Tag zum Training fahren zu können. Alles, was außerhalb des Platzes passiert, versuche ich von mir fernzuhalten. Ich will kein Produkt sein. Ich will auch nicht erkannt werden. Ich will einfach Fußball spielen.

Woher kommt Ihr Spieltrieb?

Moritz: Zu Hause habe ich immer viel gespielt mit meinem Opa, meinem Vater oder meiner Schwester. Das ist bis heute so. Nach dem Essen hole ich die Karten raus, dann wird gespielt. Mit meinem Opa habe ich schon als Kind angefangen, Schach zu spielen. Ich bin es gewohnt, von klein auf immer zu spielen. Bei uns im Heimatort musste man erfinderisch sein, um den Tag zu füllen. Zum Glück habe ich dicht am Fußballplatz gewohnt. Da habe ich die Zeit lieber verbracht als an der Spielekonsole.

Spielen Sie Fifa an der Playstation? Der HSV sucht gerade ein eSport-Team.

Moritz: Seit zwei Jahren nicht mehr. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, mich alleine zu Hause hinzusetzen. Ich spiele allerdings seit einigen Jahren Online-Poker. Das ist ein Hobby. Früher habe ich auch Turniere gespielt. Heute mache ich nur noch Spiele, die man wieder abbrechen kann. Alles andere würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen.

Mit Verlaub: Sind Fußballer gefährdeter, in die Spielsucht zu geraten?

Moritz: Die Gefahr besteht. Gerade junge Fußballer müssen aufpassen. Man hat verhältnismäßig viel Geld, viel Zeit. Da ist der Weg zum Casino nicht weit. Das kenne ich aber nicht nur aus Fußballerkreisen. Ich bin froh, dass das Spielen für mich nur Hobby ist.

Dann lassen Sie uns zum Ende eine Runde spielen. Sie bekommen einen Satz und sagen „Stimmt“ oder „Stimmt nicht“ ...

Moritz: Na dann mal los.

Lewis Holtby ist der bessere Backgammonspieler.

Moritz: Stimmt. Leider (lacht).

Christoph Moritz trainiert eines Tages eine Bundesligamannschaft.

Moritz: Stimmt nicht.

Im August 2019 machen Sie Ihr erstes Bundesligaspiel für den HSV.

Moritz: (überlegt) Es wäre schön, wenn es stimmen würde ...