Hamburg. Fürths Trainer erwartet gegen den HSV einen „Kampf über 95 Minuten“. Der Einsatz von Hwang bleibt fraglich.
4.44 Stunden kann eine verdammt lange Zeit sein. Zumindest dann, wenn man keinen Gesprächsstoff hat. Vier Stunden und 44 Minuten können aber selbst in der Bahn wie im Flug vergehen, wenn man auf dem Weg von Hamburg nach Fürth über dies und das reden kann. Und zu bereden gibt es beim HSV ja wieder einmal jede Menge – auch, gerade und sogar trotz der Partie an diesem Donnerstag des HSV bei Greuther Fürth (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de).
Nimmt man als Ausgangslage die Tabelle vor dem Spieltag, dann reiste am Mittwochnachmittag der Tabellenzweite im ICE zum Vierten nach Franken. Der HSV sei „der Topfavorit auf den Aufstieg, das Team ist gespickt mit sehr guten Spielern“, schwärmte Fürths Trainer Damir Buric fast zeitgleich in 600 Kilometer Entfernung, als die Hamburger in der Heimat gerade in den Zug stiegen. An Bord mit dabei: sowohl der angeschlagene Orel Mangala (Prellung) als auch Hee-chan Hwang (Innenbanddehnung), der allerdings als 19. Mann im Laufe des heutigen Tages aus dem Kader gestrichen werden könnte. Hwang hin, Mangala her, Buric erwartete für diesen Abend jedenfalls einen „Kampf über 95 Minuten“.
Fiete Arp in der Startelf
Den hat es in Fürth auch schon vor vier Jahren gegeben. Damals, beim letzten HSV-Gastspiel bei der Spielvereinigung, siegte der HSV mit 1:1. Geht nicht? Geht wohl. Es war das Rückspiel in der Relegation – und nur weil das Hinspiel torlos im Volkspark ausgegangen war, reichte Pierre-Michel Lasoggas Auswärtstor in Fürth zum umjubelten Klassenerhalt. Ob aber jener Lasogga heute Abend überhaupt von Anfang an spielen darf, scheint zumindest fraglich. Die wahrscheinlichere Variante: ein erstmaliger Startelfeinsatz von Fiete Arp im heutigen Spitzenspiel, das in Wahrheit aber gar kein Spitzenspiel ist.
Es brauchte gerade einmal 90 Minuten, fünf Gegentore und ein paar Berichte in der „Bild“-Zeitung, um aus dieser Spitzenpartie in Rekordgeschwindigkeit ein Krisenspiel zu machen. „Dieser HSV ist ein Titz“, titelte das Boulevardblatt am Tag nach dem bitteren 0:5 gegen Regensburg, einen Tag später legte die Zeitung nach: „Titz unter Druck – zwei Pleiten könnten schon sein Aus bedeuten“. Und am Mittwoch dann noch diese Zeile in großen Buchstaben: „Sport-Vorstand Becker umschifft die Titz-Diskussion“.
HSV ist ein Verein der Extreme
Nun denn. Tatsächlich ist Christian Titz seit seiner Beförderung zum Cheftrainer vor gut einem halben Jahr mit einer Siegquote von 60 Prozent und einem Schnitt von 1,87 Punkten pro Spiel nach Branko Zebec (63,5 Prozent, aber nur 1,83 Punkte) der erfolgreichste HSV-Coach der Clubgeschichte. Zumindest in der Theorie.
In der Praxis wurde Zebec 1979 mit dem HSV deutscher Meister, und Titz kämpft in Fürth darum, nicht ins Mittelfeld der Zweiten Liga abzurutschen – und als Konsequenz vor dem Derby eine echte Trainerdiskussion zu entfachen. „Ich arbeite bei einem Verein, bei dem vieles in Extremen bewertet wird“, sagte der Fußballlehrer zu Wochenanfang, als er bereits mitbekommen hatte, dass nach dem 0:5 gegen Regensburg auch von der Clubspitze die passende Antwort gefordert wurde. In Fürth.
Erste Derby-Pressekonferenz
Aber vor allem auch am Sonntag im Heimspiel beim Derby gegen den FC St. Pauli. Und genau an dieser Stelle wird Titz’ Aufgabe in Fürth doppelt und dreifach kompliziert. Denn so sehr der Trainer und auch alle anderen HSV-Verantwortlichen in diesen Tagen auch betonen, dass der Fokus bis zum Donnerstagabend einzig und alleine auf Fürth liege, so wenig kann das in einer Stadt wie Hamburg gelingen.
So war es wohl auch nur ein Zufall, dass am Mittwoch pünktlich zum Abschlusstraining um 10.30 Uhr am Volksparkstadion im Volksparkstadion die erste Derby-Pressekonferenz stattfand. Während Titz im Hinblick auf die Partie in Fürth das direkte Passspiel und den anschließenden Abschluss üben ließ, referierte Polizeisprecher Timo Zill (siehe Seite 13) über das am Sonntag folgende Derby. Es sei ein „überdurchschnittlicher Einsatz“ im Vergleich zu anderen Spielen, sagte Zill. Er versicherte aber auch: „Wir sehen uns hervorragend aufgestellt.“
„Wir haben einen weiten Weg vor uns“
Gleiches würde auch Titz nur allzu gerne über seine Mannschaft vor den beiden Spielen in Fürth und gegen St. Pauli sagen. 4.44 Stunden hatte er am Mittwoch Zeit, um sich auf der langen Bahnfahrt über die richtige Aufstellung den Kopf zu zerbrechen. Léo Lacroix oder David Bates in der Innenverteidigung? Lewis Holtby oder Christoph Moritz im Mittelfeld? Anders als in den Vorwochen ließ sich Titz diesmal nicht in die Karten gucken. Nur eines war für ihn unabhängig vor der Zugfahrt nach Fürth völlig klar: „Wir haben einen weiten Weg vor uns.“
Fürth: Burchert – Mohr, Magyar, Maloca, Sauer – Ideguchi, Gugganig, Ernst, Green, Atanga – Keita-Ruel.
HSV: Pollersbeck – Sakai, Lacroix, van Drongelen, Santos – Mangala – Narey, Holtby, Hunt, Ito – Arp.
Schiedsrichter: Sascha Stegemann.