Hamburg. Freigestellte Mitarbeiter kosten den Club noch eine große Summe. Ex-Boss Bruchhagen löst seinen Vertrag Ende September auf.
Heribert Bruchhagen hat sich in den vergangenen Monaten mit seiner Meinung über den HSV öffentlich zurückgehalten. Kein falsches Wort über seinen Ex-Club, der ihn am 8. März vom Amt des Vorstandsvorsitzenden freigestellt hatte. Schließlich wird der Ex-Boss noch vom HSV bezahlt.
Am Freitag vor dem Spiel gegen Holstein Kiel aber wollte der 69-Jährige mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halten, als er im Fernsehen bei Sky auf die HSV-Profis Lewis Holtby und Aaron Hunt angesprochen wurde. Bruchhagen wurde deutlich: „Diese Spieler sind Absteiger. Und die haben verdammt noch mal die Pflicht, sich jetzt auch ins Zeug zu legen, um das wiedergutzumachen.“
Ansonsten gibt sich Bruchhagen reserviert. Ab dem 1. Oktober kann der dann 70-Jährige aber wieder so frei reden, wie man es von ihm kennt. Wie das Abendblatt erfuhr, hat sich Bruchhagen mit dem HSV geeinigt. Noch bis zum 30. September bezieht er sein Gehalt. Dann wird sein bis zum 30. Juni 2019 laufender Vertrag aufgelöst.
Hintergrund: Bruchhagens erster Vertrag, der im Dezember vorzeitig um ein Jahr verlängert wurde, lief ursprünglich noch bis zum 30. Juni dieses Jahres. Mit dem HSV hat er aber vereinbart, nach einer Freistellung nur noch für drei weitere Monate nach Ablauf der ersten Vertragslaufzeit bezahlt zu werden. „Der HSV hat in den vergangenen Jahren genug Geld für Abfindungen gezahlt“, sagte Bruchhagen dem Abendblatt.
HSV zahlt drei Millionen für Ex-Mitarbeiter
Die Liste der abgefundenen Trainer und Manager in den vergangenen HSV-Jahren ist tatsächlich lang. Alleine für den ehemaligen Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer, dessen Vertrag im Juni dieses Jahres ausgelaufen wäre, zahlte der HSV mehr als zwei Millionen Euro.
Nicht weniger lang aber ist die Liste der freigestellten Mitarbeiter, die in der neuen Saison noch bezahlt werden müssen. Neben Bruchhagen und dem im Februar gleichzeitig beurlaubten Sportchef Jens Todt, dessen Vertrag bis Ende des Jahres läuft, zahlt der HSV für verschiedene Mitarbeiter insgesamt noch drei Millionen Euro bis zum 30. Juni 2019.
Das HSV-Training am Dienstag:
Heiß auf Sandhausen: HSV trainiert bei mehr als 30 Grad
Alleine elf Trainer, Manager und Mitarbeiter hat der HSV im Zeitraum zwischen Januar und Juni freigestellt – und das aus drei verschiedenen Trainerteams. Am kürzesten im Amt war Maria Wallenborn, die als Teammanagerin unter Bernd Hollerbach nach nur sechs Wochen ihren Job wieder verlor. Ähnlich erging es Steffen Rau, der unter Hollerbach als Co-Trainer arbeitete.
Gisdol-Team verschlingt die meisten Millionen
Der größte Teil der drei Millionen Euro geht aber an das Team um den im Januar beurlaubten Trainer Markus Gisdol. Rund eine Million Euro verdient der 48-Jährige noch bis Juni 2019. Kurios: Hätte der HSV unter Christian Titz den Klassenerhalt geschafft, wäre Gisdols Gehalt trotz der Freistellung sogar noch gestiegen. Nun ist auch Gisdol von der Regelung betroffen, dass sich das Gehalt in der Zweiten Liga um 30 bis 40 Prozent reduziert. Diese Klausel gilt in den Verträgen aller Mitarbeiter beim HSV in leitenden Positionen.
Die derzeitigen Verantwortlichen beim HSV um Vorstandschef Bernd Hoffmann und Finanzvorstand Frank Wettstein hoffen, dass die freigestellten Trainer Markus Gisdol und Bernd Hollerbach zeitnah einen neuen Job finden, um sie von der Gehaltsliste streichen zu können. Der HSV hat den beiden nach Abendblatt-Informationen bislang kein Abfindungsangebot gemacht. Vielmehr zocken die Clubbosse darauf, dass Gisdol und Hollerbach ein neues Angebot bei einem neuen Verein bekommen.
Findet Gisdol in der Bundesliga einen Job?
Insbesondere bei Gisdol stehen die Chancen nicht schlecht. Der Retter-Trainer von 2017 hatte nach seiner Beurlaubung im Januar bereits Anfragen aus dem Ausland. Gisdol könnte sich eine Tätigkeit etwa in England durchaus vorstellen, will aber am liebsten wieder in der Bundesliga arbeiten. Spätestens im Herbst, wenn wieder die ersten Trainer entlassen werden, könnte Gisdol einen neuen Club bekommen.
Der Schwabe, der seit Mai wieder in seiner Heimat in Baden-Württemberg lebt, will lieber wieder arbeiten, anstatt seinen Vertrag beim HSV auszusitzen. Auch seine Co-Trainer Frank Kaspari und Frank Fröhling dürfen dann wieder auf eine neue Anstellung hoffen. Beide hatten wie auch Torwarttrainer Stefan Wächter im März 2017 ihre Verträge beim HSV bis 2019 verlängert.
Schwieriger könnte es bei Bernd Hollerbach werden. Nach seinem missglückten Intermezzo als HSV-Trainer zwischen Januar und März stehen die Clubs nicht gerade Schlange, um den Würzburger zu verpflichten. Hollerbach steht beim HSV noch bis Sommer 2019 unter Vertrag.
Unklar ist noch, wie es mit Hollerbachs Co-Trainer und ehemaligem Videoanalysten Matthias Kreutzer sowie Soner Uysal weitergeht. Beide arbeiteten bis Saisonende noch im Trainerteam von Christian Titz. Als sie wieder im Nachwuchs des Clubs arbeiten wollten, hatte der neue Sportvorstand Ralf Becker die beiden im Juni freigestellt.
HSV kompensiert Kosten durch neue VIP-Kunden
Läuft es schlecht, wird der HSV bis Ende der Saison die drei Millionen Euro für alle freigestellten Mitarbeiter aufbringen müssen. Kompensiert werden können die Kosten durch die unerwartet hohe Nachfrage nach Businessseats. Um die neuen VIP-Kunden dauerhaft im Volksparkstadion zu halten, sollte sich der HSV aber nicht mehr allzu viele Heimspiele wie am vergangenen Freitag gegen Holstein Kiel (0:3) erlauben.
Heribert Bruchhagen, der mit Eintracht Frankfurt schon zweimal erlebt hat, wie schwer die Zweite Liga sein kann, glaubt trotz des Fehlstarts an seinen Ex-Club. „Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass der HSV und Köln aufsteigen.“ Eine Meinung, die man in Hamburg gerne hören wird.