Mehr als 20.000 Dauerkarten verlängert. Fans kritisieren Preise für Saisontickets. Geht Walace im Tausch für einen Jungstar?

Entscheidung gefallen: Peters bleibt im Amt

Bernhard Peters bleibt Direktor Sport des HSV
Bernhard Peters bleibt Direktor Sport des HSV © imago/Oliver Ruhnke

Bis zuletzt schien es so, als habe Bernhard Peters beim HSV keine Zukunft mehr. Im Interview mit dem Abendblatt war der Direktor Sport vorgeprescht und hatte Ansprüche auf das wiederbelebte Amt des Sportvorstands erhoben. Dies erhielt dann Ralf Becker – und der hatte intern klargestellt, dass er sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem früheren Hockey-Bundestrainer Peters (58) nur schwer vorstellen könne.

Doch jetzt haben die beiden Alphatiere ihre Differenzen in einem klärenden Gespräch ausgeräumt. Ergebnis: Peters fügt sich in die Rolle, die ihm von Vereinspräsident und Vorstandschef Bernd Hoffmann zugedacht wurde, und konzentriert sich auf die Koordination der Nachwuchsarbeit beim HSV. Auch sein Büro in der Chefetage der Geschäftsstelle wird Peters räumen und, wie von Becker gewünscht, in den HSV-Campus umziehen.

Peters hatte erst im Dezember seinen Vertrag mit dem HSV bis 2020 verlängert. Er gilt als Garant des Aufschwungs bei den Nachwuchsmannschaften, die zuletzt viele Talente hervorgebracht haben.

Fanprojekt kritisiert Dauerkartenpreise

Das Fanprojekt Nordtribüne Hamburg hat die Preispolitik des HSV für Dauerkarten in der kommenden Zweitligasaison hart kritisiert. Es sei eine „Dreistigkeit“, dass Fans ihre Auswärtsdauerkarten nicht mehr bei Heimspielen am Stand des Supporters Club abholen könnten, sondern künftig per Post zugeschickt bekämen – gegen eine Versandkostenpauschale von fünf Euro pro Brief. Bei 17 Auswärtsspielen entspreche das Mehrkosten von 85 Euro, heißt es in einer Stellungnahme.

HSV-Fans auf der Nordtribüne des Volksparkstadions
HSV-Fans auf der Nordtribüne des Volksparkstadions © dpa | Daniel Reinhardt

Die Begründung des Clubs, dass die Versandkosten zur Finanzierung der Kontrollen diene, ob Dauerkarteninhaber auch wirklich anwesend seien, sei nicht akzeptabel: „Diese Kontrollen sind ein Schlag in das Gesicht aller Allesfahrer*innen, stellen diese sie unter Generalverdacht die Karten überteuert weiterzuverkaufen und auswärts nicht dabei zu sein. Diese Kontrollen hat es bisher immer gegeben, nun sollen sie aber auch noch von den Fans, die eh schon eine teure Auswärtsfahrt auf sich genommen haben, mitbezahlt werden.“

Dabei müsse es dem Verein bewusst sein, dass die treuesten Fans gerade in der Zweiten Bundesliga, in der das Kartenkontingent oftmals deutlich kleiner sei, noch mehr auf Auswärtsdauerkarten angewiesen seien.

Kritik übt der Förderverein auch an den Abonnementpreisen für Heimspiele. So seien VIP-Dauerkarten nach dem Abstieg 19 Prozent billiger, Stehplätze auf der Nordtribüne aber nur neun Prozent. Und das obwohl dort „die Wahrscheinlichkeit am höchsten ist, dass diese Fans ihre Dauerkarte verlängern, diese aber auch über den kleinsten finanziellen Spielraum verfügen“. Man fordere die Fanbetreuung des HSV auf, „dass ihr in unserem Sinne diese absurde Fan- und Ticketpolitik anfechtet und euch mit dagegenstellt“.

Mehr als 20.000 Dauerkartenkunden verlängern

Clubchef Bernd Hoffmann hatte die deutliche Preissenkung bei den teuren Karten damit begründet, möglichst viele VIP-Kunden zurückgewinnen zu wollen. Etwa 40 Prozent der Business-Seats und Logen waren nach dem Abstieg gekündigt worden.

Bernd Hoffmann zur lebenslangen HSV-Mitgliedschaft

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    Die Frist für die Dauerkartenkunden des HSV, ihr Abonnement zu verlängern, läuft an diesem Mittwoch ab. Kurz vor Fristende hatten mehr als 20.000 ihre Option eingelöst. Dies entspreche einer "Umwandlungsquote" von knapp 90 Prozent, wie der Verein mitteilte. "Wir freuen uns sehr über den großen Zuspruch unserer Fans. Dies zeigt, dass wir uns auch in der zweiten Liga auf ihre tolle Unterstützung verlassen können", sagte Hoffmann.

    Die nächste Verkaufsphase für Dauerkarten beginnt am 19. Juni. Sie gillt zunächst exklusiv für HSV-Mitglieder. Zwei Tage später startet der freie Vorverkauf.

    Geht Walace im Tausch für Bueno?

    Jetzt also auch der FC Santos: Laut brasilianischen Medien reiht sich der Pelé-Club in die lange Liste von Interessenten ein, die Walace verpflichten wollen. Darüber berichtet das Portal „Transfermarkt“. Angeblich soll auch Flamengo Rio de Janeiro gewillt sein, den beim HSV ins zweite Glied abgeschobenen Olympiasieger nach Brasilien zurückzuholen. Zudem sollen drei italienische Erstligisten Interesse angemeldet haben.

    Vitor Bueno vom FC Santos gilt als torgefährlicher Mittelfeldspieler
    Vitor Bueno vom FC Santos gilt als torgefährlicher Mittelfeldspieler © imago/Fotoarena | Ricardo Moreira

    Was in diesem Fall anders sein soll: Da sich auch der FC Santos eine hohe siebenstellige Ablöse nicht leisten kann, habe der HSV einen Tausch angeboten: Im Gegenzug für den defensiven Mittelfeldspieler Walace (23) solle Offensivmann Vitor Bueno nach Hamburg kommen. Der 23-Jährige wurde 2016 zum Newcomer der brasilianischen Série A gewählt, ehe ihn vor einem Jahr eine schwere Knieverletzung zurückwarf.

    Da gäbe es nur noch ein Problem: Der FC Santos hatte dem HSV im Februar vergangenen Jahres schon Cléber Reis (27) abgekauft. Und auf die Ablöse, drei Millionen Euro, warten die Hamburger bis heute. Im vergangenen Dezember schalteten sie deshalb sogar den Weltverband Fifa ein. Solange die Altschulden nicht beglichen sind, werden die Clubs wohl eher nicht ins Geschäft kommen.

    Hoffmann und Göttlich lobhudeln und sticheln

    HSV-Präsident Bernd Hoffmann kehrte im März nach sieben Jahren auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden zurück
    HSV-Präsident Bernd Hoffmann kehrte im März nach sieben Jahren auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden zurück © WITTERS | TayDucLam

    HSV-Boss Bernd Hoffmann hat sich lobend über den Lokalrivalen FC St. Pauli geäußert. „Ich mag die Emotionalität, die der Verein ausstrahlt, und das große Maß an Identifikation in sportlichen Krisenzeiten. So etwas kann man durchaus anerkennen“, sagte der 55-Jährige der „Bild“-Zeitung.

    St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich (41) antwortete auf die entsprechende Frage in dem Doppelinterview: „Was den Universalsport angeht, macht der HSV einen sehr guten Job. Das wäre das Einzige, woran wir uns orientieren wollen würden.“ Dem Bundesliga-Absteiger rate er, wirtschaftlich vernünftig zu planen und nicht auf künftige Einnahmen zu spekulieren. „Wir haben jetzt sieben Jahre in Folge schwarze Zahlen geschrieben. So etwas würde dem HSV auch gut zu Gesicht stehen.“

    Hoffmann versprach in diesem Punkt Besserung: „Es kann ja nicht sein, dass der einzige profitable Sportclub in Hamburg der FC St. Pauli ist. Das ist bemerkenswert und auch anerkennenswert. Aber wir haben die Möglichkeit, uns für die nächsten Jahre unabhängig aufzustellen, durch Entscheidungen der letzten Jahre verwirkt. Diese Möglichkeit müssen wir nun wiedergewinnen.“

    St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich verschafft sich bei den Fans Gehör
    St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich verschafft sich bei den Fans Gehör © picture alliance / INSIDE-PICTUR | dpa Picture-Alliance / Selim Sudheimer

    Göttlich bedauert den Abstieg des HSV: „Ein Verein wie der HSV – gerne mit dem FC St. Pauli – gehört in die Erste Liga.“ Die Zweite Liga sei allerdings „kein Vergnügen“, das Spiel kämpferischer: „Da sind vor allem mentalitätsstarke Mannschaften gefragt. Es ist eine Herausforderung, bei der Zusammensetzung des Teams deshalb auch ein wenig abseits der Qualität zu denken.“

    Auch Hoffmann warnte davor, den Aufstieg angesichts des hohen Etats für selbstverständlich zu erachten: “Man kann nicht einfach durch die Zweite Liga marschieren, das wird nicht passieren.“ Der FC St. Pauli habe selbst schon erfahren müssen, „dass man sportlich manchmal unterhalb seiner Etatmöglichkeiten abliefert“.

    Kritik übte St.-Pauli-Chef Göttlich an der Verteilung der Fernseheinnahmen: „Wenn ein Absteiger, unabhängig vom HSV, so einen ‘Rettungsschirm’ erhält, dass dieser Etatposten zehn bis 18 Millionen höher ist – damit greifst du maximal in die Integrität des Wettbewerbs ein.“

    Doll nennt Abstieg „Desaster“

    HSV-Idol Thomas Doll trainiert seit 2013 Ferencvaros Budapest
    HSV-Idol Thomas Doll trainiert seit 2013 Ferencvaros Budapest © WITTERS | TayDucLam

    Thomas Doll glaubt trotz des ersten Abstiegs der Vereinsgeschichte an eine erfolgreiche Zukunft des HSV. Als Garanten für die rasche Rückkehr in die Bundesliga sieht der frühere HSV-Trainer und -Profi das Führungsduo Bernd Hoffmann/Ralf Becker. „Es ist ein großartige Entscheidung, dass Bernd Hoffmann wieder Vorstandsvorsitzender geworden ist. Er hat schon bewiesen, dass er den Verein führen kann. Alles, was Bernd macht, hat Hand und Fuß“, sagte Doll der „Bild“-Zeitung. Hoffmann hatte den HSV schon einmal von 2003 bis 2011 geführt.

    Auch mit Sportvorstand Becker (47), der vom künftigen Ligarivalen Holstein Kiel geholt wurde, sieht er den Posten optimal besetzt. „Er ist ein Klassenmann, kennt die 2. Liga ganz genau. Die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft sind gestellt“, glaubt der 52-Jährige, der für den HSV als Profi (1990/1991) und Coach (2004–2007) tätig war. Derzeit trainiert er in Ungarn den Spitzenclub Ferencvaros Budapest.

    Dass der HSV nach 55 Jahren abgestiegen ist, habe ihn „schwer getroffen“, betonte der Ex-Nationalspieler. „Eine Tragödie. Ich hatte gehofft, dass die Jungs es am Ende doch noch schaffen“, sagte er zur späten Aufholjagd unter Christian Titz, dem dritten HSV-Trainer der abgelaufenen Saison nach Markus Gisdol und Bernd Hollerbach. „Dieser wunderschöne Verein ab Sommer in der 2. Liga – was für ein Desaster.“