Hamburg. Der langjährige HSV-Reporter des Abendblattes hat seine Besten nominiert. Wie immer mit Überraschungen. Und es gibt eine Flop-Elf.

55 Jahre Bundesliga, für den HSV ein stets Auf und Ab, bei Spielern und Trainern ein Kommen und Gehen. Gerade in den Monaten dieser abgelaufenen Saison gab es unter den Fans, unter Freunden und Bekannten immer wieder eine heiße Diskussion darüber, wer die Versager waren, wer die Erwartungen erfüllt hat, wer herausragend war?

Bei den Trainern würde ich sagen, dass es mehr Männer waren, die ihrem teilweise guten Ruf oder großen Namen nicht gerecht geworden sind. Gefühlt würde ich ein Verhältnis von 30:70 anführen, wenn es darum geht, wie viele gute Trainer der HSV in seiner Erstklassigkeit seit 1963 gehabt hat. Es gab meiner Meinung nach viel zu viele, die als Blender in die Geschichte eingingen.

Der HSV hat seit dem Jahr 2000 auf viel zu großem Fuß gelebt

Bei den Spielern ist das Verhältnis ähnlich. Gerade im neuen Jahrtausend gab es zu viele große Enttäuschungen, die teilweise überteuert eingekauft wurden. Der HSV hat seit 2000 auf viel zu großem Fuß gelebt, hat Wahnsinnsgehälter gezahlt, hat schwindelerregende Ablösesummen bei anderen Vereinen hingeblättert – sogar für Trainer. In dieser Beziehung dürfte der HSV in einer imaginären Tabelle an erster Stelle rangieren.

Haarsträubend, was sich in Sachen Finanzen im Volkspark abgespielt hat, es wurde eingekauft und verschenkt nach dem Motto: „Was kostet die Welt? Wir geben gerne, wir haben es ja.“ Die Kühne-Millionen machten es in der jüngeren Vergangenheit möglich, sie sorgten bei den HSV-Verantwortlichen für Übermut ohne Grenzen. Es ist schon so, wie es in den vergangenen Jahren immer wieder in Bundesliga-Kreisen hieß: „Der HSV ist die größte Geldvernichtungsmaschine der Liga.“ Diese Behauptung ist nicht weiter zu kommentieren – sie stimmte ganz einfach.

Wenn ich nach meiner HSV-Bundesliga-Mannschaft aller Zeiten gefragt werde, dann stehen für mich die besten elf Spieler absolut fest. Natürlich gibt es Härtefälle, viele sogar, aber ich werde sie erklären:

Im Tor steht Horst Schnoor

Dieter Seeler (l.) führte den HSV in seinem ersten Bundesligaspiel als Kapitän aufs Feld. Ebenfalls dabei: Uwe Seeler (2.v.r.)
Dieter Seeler (l.) führte den HSV in seinem ersten Bundesligaspiel als Kapitän aufs Feld. Ebenfalls dabei: Uwe Seeler (2.v.r.) und im Tor Horst Schnoor © Witters | Unbekannt

Der Keeper brachte es in der Bundesliga-Zeit zwar nur auf 125 Pflichtspiel-Einsätze, aber er hat sich bei mir gegen die starke und große Konkurrenz deshalb durchgesetzt, weil er insgesamt 15 Jahre die Nummer eins des HSV war. Eine Zahl, die nie wieder ein Torwart mit der Raute auf der Brust erreichen wird. Horst Schnoor war ein eleganter Flieger, ich habe stets – etwas übertrieben – gesagt: „Er war einer, der vom rechten Pfosten an den linken Pfosten fliegen konnte – ohne auch nur einmal abzusetzen.“

Rechter Verteidiger

Manfred Kaltz. Natürlich. Der Schweiger. Er steht immer noch mit seinen 581 Bundesliga-Spielen an zweiter Stelle der ewigen Bestenliste, Kaltz bringt es insgesamt auf 726 Pflichtspiel-Einsätze.

Verstanden sich nicht nur auf dem Platz: Horst Hrubesch und Manfred Kaltz
Verstanden sich nicht nur auf dem Platz: Horst Hrubesch und Manfred Kaltz © Witters | Unbekannt

Das, obwohl er von 1989 bis 1990 in Frankreich bei Girondins Bordeaux unter Vertrag stand, bevor er wieder zum HSV zurückkehrte, um dann in Hamburg seine Karriere 1991 zu beenden. Manfred Kaltz geht als der erfolgreichste Spieler des HSV in die Geschichte ein.

Rechter Innenverteidiger

Ditmar Jakobs. Der ehemalige Duisburger schaffte 323 Bundesliga-Spiele für den HSV, brachte es insgesamt auf 395 Pflichtspiel-Einsätze. „Jako“ war ein eisenharter, aber stets fairer Abwehrspieler, er war kein „Lautsprecher“ seiner Zunft, er war ein Realist, der immer mit beiden Beinen auf dem Boden stand. Leider wurde seine erfolgreiche Laufbahn durch ein tragisches Unglück vorzeitig beendet, als er am 20. September 1989 bei einem Abwehrversuch (im Spiel gegen Bremen) in einen Karabinerhaken rutschte und sich böse verletzte.

Linker Innenverteidiger

Willi Schulz. Der frühere Schalker brachte es auf 211 Erstliga-Spiele für die Rothosen, hatte insgesamt 244 Pflichtspiel-Einsätze zu verzeichnen. „Wer an Willi Schulz vorbeikommt, hat selber Schuld.“ So hieß es zu jenen Zeiten, als der o-beinige Abwehrrecke auf dem Rasen stand. „World-Cup-Willi“ hielt die HSV-Abwehr auch in jenen Zeiten zusammen, als der Club immer wieder einmal ums Überleben in der Bundesliga kämpfte. Nach seiner großen Karriere blieb Schulz in Norderstedt wohnen und wurde ein überaus erfolgreicher Geschäftsmann.

Linker Verteidiger

Marcell Jansen. Der einst vom FC Bayern gekommene offensive (!) Abwehrmann brachte es auf 187 Bundesliga-Spiele für den HSV, insgesamt hatte er 230 Pflichtspiel-Einsätze für den „Dino“. Wobei in diesen Zahlen auch ein Einsatz für die Zweite und zwei Einsätze für die Dritte des HSV enthalten sind. Die Entscheidung für Jansen auf dieser Position fiel mir deshalb leicht, weil der Linksverteidiger insgesamt 45 Spiele für die deutsche A-Nationalmannschaft absolvierte. Heute ist Marcell Jansen Mitglied des HSV-Aufsichtsrates.

Im rechten Mittelfeld

Thomas Doll und Frank Rohde
Thomas Doll und Frank Rohde © WITTERS | WilfriedWitters

Thomas Doll. Der kleine Dribbelkünstler stand beim HSV zweimal als Spieler unter Vertrag – später noch als Trainer der Zweiten und als Coach der Bundesliga-Mannschaft. „Dolli“ brachte es auf 83 Bundesliga-Spiele, insgesamt auf 92 Pflichtspiel-Einsätze. Sein letztes Bundesliga-Spiel bestritt er am 16. Februar 2001 beim 2:1-Sieg über 1860 München, er half dabei 19 Minuten mit. Doll war und ist Publikumsliebling des HSV, er riss das Publikum mit genialen, mutigen und unwiderstehlichen Sturmläufen immer wieder von den Sitzen.

Im zentralen Mittelfeld

Rafael van der Vaart. Auch der Niederländer stand beim HSV als Spieler zweimal unter Vertrag. Er schaffte 152 Bundesliga-Spiele mit der roten Hamburger Hose, insgesamt brachte es „Raffa“ auf 198 Pflichtspiel-Einsätze für den HSV. Für viel Aufregung sorgte der Mittelfeldmann am 16. August 2008, als er vor dem Uefa-Cup-Qualispiel in Budapest gegen Honved wegen Rückenschmerzen nicht spielen konnte. Er wechselte Tage darauf zu Real Madrid. 2012 kam van der Vaart auf Wunsch von Sponsor Klaus-Michael Kühne zurück zum HSV.

Im linken Mittelfeld

Mit seinem Treffer zum 1:0-Sieg gegen Juventus schoss Felix Magath den HSV 1983 zum Europapokal der Landesmeister
Mit seinem Treffer zum 1:0-Sieg gegen Juventus schoss Felix Magath den HSV 1983 zum Europapokal der Landesmeister © Witters | Unbekannt

Felix Magath. Er kam 1976 vom 1. FC Saarbrücken und legte beim HSV eine Bilderbuch-Karriere hin. Er brachte es auf 306 Bundesliga-Spiele, insgesamt auf 380 Pflichtspiel-Einsätze – nur für den HSV. Magath, 1983 unvergessener Siegtorschütze von Athen, zog nach der WM 1986 (als Vize-Weltmeister) endgültig seine „Buffer“ aus und wurde als Nachfolger von Günter Netzer HSV-Manager. Später war Felix Magath auch noch Trainer der HSV-Zweiten, bevor er im Oktober 1995 Benno Möhlmann als Chef-Coach ablöste.

Rechte Spitze

Kevin Keegan. Die „Mighty Mouse“ wurde 1977 von Generalmanager Dr. Peter Krohn aus Liverpool nach Hamburg gelotst, Keegan brachte es auf 90 Bundesliga-Spiele, schaffte insgesamt 111 Pflichtspiel-Einsätze.

Witters
Ein Novum vom HSV-Superstar: Kevin Keegan sang "Head over heels in love" und stürmte die Hitparade © Unbekannt | Unbekannt

Der Engländer, auch als Schallplatten-Star bekannt („Head over heels in love“), wurde auf Anhieb Publikumsliebling im Volkspark und sorgte dafür, dass mit seiner Verpflichtung der Anteil von Frauen unter den Zuschauern gewaltig anstieg. Keegan wurde als HSV-Profi auch „Europas Fußballer des Jahres“. Er wechselte 1980 zum FC Southampton.

Mittelstürmer

Uwe Seeler. Keine Frage. Auch wenn es später noch einen ganz großen HSV-Stürmer gab, nämlich Horst Hrubesch. Einer kann nur in der Mitte spielen, und das muss „uns Uwe“ sein.

HSV-Idol Uwe Seeler bei seinem Abschied von den Fans nach der Saison 1971/1972
HSV-Idol Uwe Seeler bei seinem Abschied von den Fans nach der Saison 1971/1972 © Witters | Unbekannt

Er hat 239 Bundesliga-Spiele für seine Rothosen absolviert, brachte es während der Zeit von 1963 bis zum Ende seiner Bilderbuch-Karriere auf insgesamt 283 Pflichtspieleinsätze. Tore waren sein Markenzeichen, er traf im Fliegen, im Liegen, per Fallrückzieher, er traf volley und mit dem Kopf, meistens spektakuläre Hechtkopfbälle. Uwe Seeler ist noch heute ein Vorbild für jeden Fußballer, er ist trotz seiner riesigen Erfolg ein Mann des Volkes geblieben.

Linke Spitze

50 Jahre danach: Spieler aus der siegreichen HSV-Elf mit der Meisterschale. Von links: Gert Dörfel, Horst Schnoor, Gerd Krug, Jochen Meinke und Uwe Seeler.
HSV: Mitglieder Meistermannschaft von 1960: Gert Dörfel, Gerd Krug, Horst Schnoor, Jochen Meinke, Uwe Seeler. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Gert „Charly“ Dörfel. Der Flügelflitzer war einst der beste Linksaußen der Welt, er verstand es wie kein anderer, aus vollem Lauf zentimetergenau zu flanken. Dörfel schaffte 224 Bundesliga-Spiele, brachte es von 1963 an auf insgesamt 269 Pflichtspiel-Einsätze. Anfang 1972 musste „Charly“, der auch als Fußball-Clown berühmt wurde, den HSV viel zu früh verlassen, Trainer Klaus Ochs hatte sich für Georg Volkert als Linksaußen des HSV entschieden. Gert Dörfel spielte danach noch als Profi in Südafrika und Kanada, und auch noch für den HSV Barmbek-Uhlenhorst.

Trainer dieser Mannschaft

Ernst Happel. Der beste und erfolgreichste Mann des HSV. Der Österreicher war einmalig, er war ein absolutes Fußball-Genie.

Günter Netzer, Wolfgang Klein, Ernst Happel
Günter Netzer, Wolfgang Klein, Ernst Happel © WITTERS | WilfriedWitters

Einen wie ihn hat der HSV nie wieder gehabt, auch nicht nur ansatzweise. Happel hatte alles und jeden im Griff, ohne viele und große Worte zu verlieren. Der Kettenraucher führte in der Bundesliga das Pressing ein. Er befahl seinen Spielern nur kurz und knapp: „Gemma! Gemma!“ Und schon spurten alle in der Mannschaft. Ein Gigant. Unvergessen.

Auf der Reservebank sitzen:

Für das Tor: Uli Stein, Rudi Kargus.

Für die Abwehr: Nico Hoogma, Hans-Jürgen Ripp, Peter Hidien, Jürgen Kurbjuhn.

Für das Mittelfeld: Wolfgang Rolff, Thomas von Heesen, Jürgen Groh, Caspar Memering, Miroslav Okonski, David Jarolim, Klaus Zaczyk, Sergej Barbarez.

Für den Angriff: Horst Hrubesch, Ivica Olic, Karsten Bäron, Anthony Yeboah.

„Ersatz“-Trainer: Kuno Klötzer, Huub Stevens, Frank Pagelsdorf.

Dieter Matz
Dieter Matz © HA | Unbekannt

Und das ist die Elf der HSV-Flops

Tor: Mladen Pralija.

Abwehr: Jean Carlos Donde, Michael Baur, Reto Ziegler, Juan Pablo Sorin.

Mittelfeld: Vyacheslav Hleb, Cristian Raul Ledesma, Richard Kitzbichler, Thiago Neves.

Angriff: Andreas Mate, Macauley Chrisantus.

Selbst die Flops haben eine Ersatzbank:

Tor: Sascha Ilic, Khalid Sinouh.

Abwehr: Klaus Theiss, Josip Simunic, Rene Schneider, Hans-Heinrich Radbruch, Paul Scharner, Alex Silva, Lennard Sowah.

Mittelfeld: Heinz Libuda, Alexander Curtiano, Waldomir Pacheco "Buca",  Jens Dowe, Michael Molata, Albert Streit, Martin Zafirov, Quasim Bouy, Valmir Nafiu, Alen Halilovic.

Angriff: Elmar May, Mark McGhee, Sergio Zarate, Rasoul Khatibi, Ailton, Jörn Andersen, Vanja Grubac, Kim Christensen, Marek Saganowski, Christian Claaßen, Ola John, Jaquues Zoua, Batuhan Altintas, Martin Dahlin, André Hahn, Sven Schipplock.

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