HAMBURG. Hauptversammlung wählt neue Kontrolleure um Ex-Profi Marcell Jansen. Klaus-Michael Kühne agiert entgegen seines Naturells.
Pünktlich zur Mittagszeit sickerten trotz größter Geheimhaltung die entscheidenden Informationen im Volkspark durch: Selbstverständlich sei es eine harmonische HSV-Hauptversammlung gewesen, hieß es. Und viel wichtiger: Zur Stärkung der hermetisch abgeriegelten Teilnehmer gab es Pulled-Pork-Burger und Tatar. Fleisch ist mein Gemüse, so das Stichwort.
Es dauerte dann allerdings doch noch eine ganze Weile, ehe zumindest ein wenig Fleisch an die Geschichte kam, was denn wirklich auf der Hauptversammlung der AG-Anteilseigner in den VIP-Räumen der Westtribüne passiert war. Eines vorweg: Zum großen Knall, den der eine oder andere nach den Turbulenzen der Vorwoche erwartet hatte, kam es tatsächlich nicht. Vorstand und Aufsichtsrat wurden einstimmig für das Geschäftsjahr 2016/17 durch die Hauptversammlung entlastet. Und selbst Investor Klaus-Michael Kühne, der wie angekündigt zur Versammlung erschienen war, soll sich entgegen seinem Naturell mit allzu lautstarker Kritik zurückgehalten haben.
Krall wird Chef, Meier sein Stellvertreter
„Die Sitzung war effektiv, kurz und knackig“, sagte Marcell Jansen, der von Kühne und Co. zum Aufsichtsrat gewählt wurde. Neben Kühne waren aber auch Vertreter der restlichen Anteilseigner (Familie Burmeister, Agrarunternehmer Helmut Bohnhorst und die Erben von Weinhändler Alexander Margaritoff), die HSV-Vorstände Heribert Bruchhagen und Frank Wettstein, sämtliche neuen Aufsichtsräte und bis auf Bernd Bönte auch alle alten Kontrolleure gekommen. Und ganz oben auf der Tagesordnung: die geplante Wahl von Jansen und Kollegen als neue Räte.
Um Punkt 14 Uhr ließ der HSV via Pressemitteilung schließlich verbreiten, dass die vorgeschlagenen Aufsichtsratskandidaten Michael Krall, Felix Goedhart, Marcell Jansen, Max-Arnold Köttgen und Andreas Peters einstimmig in das neue Kontrollgremium gewählt wurden, während Präsident Jens Meier das sechsköpfige Kontrollorgan „für die kommenden fünf Jahre im Amt“ komplettierte. Auf der anschließenden konstituierenden Sitzung wurden – ebenfalls einstimmig und ebenfalls wie erwartet – der frühere KPMG-Vorstand Krall als Vorsitzender und Meier als sein Stellvertreter gewählt. „Die Aktionäre haben uns heute ihr Vertrauen ausgesprochen. Wir sind uns der Bedeutung der Aufgabe bewusst und beginnen morgen mit der Arbeit“, ließ sich Krall im Anschluss zitieren.
Hoffmann deutet Umwälzungen an
Was Krall nicht sagte: Möglicherweise kann für den einen oder anderen Neu-Kontrolleur die Arbeit auch schon wieder in knapp zwei Wochen vorbei sein. Schließlich findet am 18. Februar die mit Spannung erwartete Mitgliederversammlung statt, auf der Ex-HSV-Chef Bernd Hoffmann gegen Noch-Vereinschef Meier um das Präsidentenamt antritt. Und Hoffmann machte zuletzt kein Geheimnis daraus, dass er die gestrige Ratswahl nicht nur terminlich unglücklich empfand, sondern im Falle eines Wahlsiegs in Teilen wohl sogar wieder rückgängig machen würde.
„Natürlich müsste man überprüfen, ob aus Sicht des Hauptgesellschafters der Aufsichtsrat entsprechend aufgestellt ist, sodass die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern sind“, sagte Hoffmann unlängst in einem Gespräch mit dem Abendblatt. „Der Aufsichtsrat ist das entscheidende Gremium für den Erfolg eines Fußballclubs, weil er sowohl die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen festlegt, die Vorstandsentscheidung für die kommenden Jahre trifft als auch bei jeder wichtigen sportlichen Entscheidung involviert ist.“
Steht MGV-Termin auf der Kippe?
Nun denn. Ex-Profi und Neu-Aufsichtsrat Marcell Jansen sieht dem 18. Februar trotz allem gelassen entgegen. Ob er nur unter Meier oder auch unter Konkurrent Hoffmann für das Kontrollgremium zur Verfügung stehen würde? „Das muss man dann entscheiden“, so Jansen diplomatisch. „Wichtig ist, dass es sich richtig anfühlt. Wenn es sich nicht mehr richtig anfühlt, dann kann ich jederzeit reagieren. Am Ende ist eines wichtig: nur der HSV.“
Zumindest in diesem Punkt dürften auch die ansonsten völlig unterschiedlichen Konkurrenten Meier und Hoffmann einer Meinung sein. Über alles andere wird dann in der „Kuppel“ in Lurup am 18. Februar zu reden sein – sofern denn die Wahl überhaupt stattfindet.
Auf Anfrage des Abendblatts bestätigte der HSV nun, dass sich bis zum vergangenen Freitag bereits 950 Mitglieder unverbindlich für den nach Umbauten maximal 1800 Personen fassenden Veranstaltungsort in Lurup angekündigt hatten. Was aber passiert, wenn mehr als 1800 Mitglieder kommen, schien am Dienstag noch genauso offen zu sein wie die Wahl an sich. Fest stand nur eines: Statt Pulled-Pork-Burger und Tatar soll es dann Erbsensuppe geben – selbstverständlich mit Wursteinlage.