Hamburg. Beim Trainerlehrgang bildeten Robin Dutt, Bernd Hollerbach, Andreas Möller und Ralph Hasenhüttl ein Gespann. Debüt mit spezieller Note.
Nach zwei schweißtreibenden Einheiten am Vortag rückte am Mittwoch die Arbeit mit dem Ball in den Vordergrund. Es wurde mal mehr, mal weniger erfolgreich am Herausspielen von Torchancen, der größten Schwachstelle im bisherigen Saisonverlauf, gearbeitet. Neu-HSV-Trainer Bernd Hollerbach war dabei der stille Beobachter und überließ die Ansagen seinen beiden Assistenten Steffen Rau und Matthias Kreutzer. Anschließend ließ das Trainerteam in drei Gruppen auf drei Tore schießen, ehe die Spieler nach 94 intensiven Minuten erlöst wurden.
Hollerbach macht die HSV-Profis fit für das kommende Bundesligaspiel am Sonnabend bei RB Leipzig (15.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker). Es ist auch das Duell des 48 Jahre alten HSV-Coach gegen sein zwei Jahre älteres Pendant Ralph Hasenhüttl. Beide Trainer kennen und schätzen sich. 2005 erwarben Hollerbach und Hasenhüttl gemeinsam ihre Trainer-A-Lizenz in Köln. Seitdem sind die beiden Fußballlehrer miteinander befreundet.
In ihrem Lehrgang machten auch Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, Leverkusen-Coach Heiko Herrlich und Weltmeister Andreas Möller ihren Trainerschein. Jahrgangsbester wurde aber keiner von ihnen, sondern Robin Dutt – einst Bundesligatrainer in Freiburg, Leverkusen und Bremen. „Mit Hasenhüttl, Hollerbach und Möller habe ich auch in der Freizeit viel unternommen. Zu Bernd habe ich bis heute ein gutes Verhältnis“, sagte Dutt im Gespräch mit dem Abendblatt.
Hollerbach versorgte Quartett mit Würsten
Nicht nur das Vierergespann Hollerbach, Hasenhüttl, Dutt und Möller verstand sich seinerzeit prächtig, der gesamte Jahrgang war eine Einheit. Ein Beispiel: Der gelernte Metzger Hollerbach beschenkte seine Mitstreiter zum Start der Ausbildungswoche häufig mit etwas ganz Speziellem aus seiner elterlichen Metzgerei. „Immer am Montag, wenn Bernd aus Würzburg kam, hatte er den Kofferraum voll mit Weißwürsten und hat uns damit versorgt“, erinnert sich Dutt.
Nach der Verpflegung seiner Weggefährten stand für Hollerbach aber naturgemäß wieder die Arbeit im Vordergrund. Seine kämpferischen Attribute, die ihn bereits als Spieler auszeichneten, verkörperte er auch als Schüler der Hennes-Weisweiler-Akademie. „Sein Ehrgeiz bei den Übungen auf dem Platz ist mir noch bestens in Erinnerung“, sagt Dutt.
Dutt beobachtete Hollerbach in Würzburg
Doch Hollerbach ist nicht nur der Kämpfer, der mit Intervallläufen und Liegestützen Fitness paukt. In Würzburg wusste er durchaus auch mit taktischen Finessen zu überzeugen und wechselte auch mal das Spielsystem während einer Partie. „Ich habe mir einmal zwei Tage lang sein Training in Würzburg angeschaut. Was er gesagt und dann umgesetzt hat, passte sehr gut zusammen. Sein Konzept umfasst viel mehr als nur laufen und rennen, sondern auch spielerische Lösungen“, lobt Dutt.
Doch damit lassen sich die drei Punkte beim Auswärtsspiel in Leipzig noch lange nicht einplanen. Denn auch RB stellt unter Hasenhüttl seine Gegner immer wieder vor neue Herausforderungen während eines Spiels. Anders als Hollerbach, dessen DNA die HSV-Profis erst noch verinnerlichen müssen, bekam Hasenhüttl allerdings eine Philosophie von Sportchef Ralf Rangnick, dem Architekten des Vereins, vorgegeben. „Ralph ist sehr in das Konzept Red Bull eingebunden. Beide Trainer sind schon unterschiedliche Typen“, sagt Dutt.
Hollerbach im HSV-Training:
Laufen und Liegestütze: Hollerbach lässt HSV-Profis leiden
Dutt: Hollerbach passt gut zum HSV
Seit sich Hasenhüttl im Sommer 2016 dem RB-Projekt anschloss, geht es steil bergauf für die Sachsen. Zuletzt geriet der Hochgeschwindigkeitsfußball des Österreichers aber etwas ins Stocken. Von den vergangenen sechs Bundesligaspielen gewann Leipzig nur eins. Vier der fünf sieglosen Partien bestritt der Club gegen die Abstiegsanwärter Freiburg (1:2), Hertha (2:3), Wolfsburg (1:1) und Mainz (2:2). Acht der dabei kassierten neun Gegentore fielen durch Standards. Der HSV schoss wiederum sieben seiner mageren 15 Saisontore durch ruhende Bälle. Ist Leipzigs Anfälligkeit bei Standards die Chance für Hollerbachs HSV?
Einen Sensationssieg beim Liga-Vierten mag Dutt nicht prognostizieren. Aber zumindest ein mittelfristiges Ziel hält er für realistisch. „Ich traue Bernd den Klassenerhalt zu. Seine Balance, wie er Fußball denkt, passt gut zum HSV. Zum einen hat er gute Empathie, aber auch die knallharte Konsequenz, wenn es um die Umsetzung seiner Ideen geht.“ Und diese Ideen wird Hollerbach auch benötigen, um seinen Kumpel Hasenhüttl bezwingen zu können.