Rotenburg/Wümme. In Mainz geborener Torhüter nimmt in Rotenburg das Training wieder auf. Ehemaliger Hamburger Keeper spricht dem HSV Mut zu.

Es war eine echte Überraschung. Als der HSV am Donnerstag um 15.15 Uhr auf der Städtischen Sportanlage „In der Ahe“ mit dem Training begann, stand plötzlich Frank Rost auf dem Gelände. Der frühere HSV-Torwart lebt mittlerweile in Rotenburg an der Wümme, dem Ort, in dem sein Ex-Club für drei Tage ein Kurztrainingslager bezog. Rost hat natürlich mitbekommen, dass der HSV mal wieder in Not ist. Und er hat mitbekommen, dass die Not besonders im Tor groß ist. Also schaute der frühere Nationalkeeper bei seinem alten Club vorbei und unterhielt sich zunächst mit Sportchef Jens Todt, mit dem er 1999 mit Werder Bremen den DFB-Pokal gewann. Anschließend sprach er mit Tom Mickel, seinem früheren Mitspieler, der als Torhüter Nummer drei zuletzt in Augsburg einspringen musste und unter der Woche erkältet war.

Ein Comeback des 43-jährigen Rost, der in Rotenburg eine Pferdezucht betreibt, ist vor dem Heimspiel gegen Mainz 05 am Sonntag (15.30 Uhr) allerdings nicht nötig. Es sieht alles danach aus, als könne Torhüter Nummer zwei, Christian Mathenia, nach seiner schweren Knieprellung am Wochenende wieder spielen. Am Donnerstag bestritt Mathenia zusammen mit Mickel und Andreas Hirzel, Torwart Nummer vier, sein erstes Torwarttraining nach seiner Verletzung. „Es besteht die Chance, dass er es schafft“, sagte Sportchef Jens Todt. Im Gegensatz zu Torhüter Nummer eins, René Adler, dessen Comeback nach seinem Rippenbruch noch zu früh kommt.

Mathenia wuchs am Bruchwegstadion auf

Mathenia hatte sich vor zwei Wochen im Spiel gegen seinen Ex-Club Darmstadt 98 bei einem Zusammenprall mit Dennis Diekmeier verletzt. Seitdem kämpft er um das Treffen mit seiner zweiten Ex. Denn noch länger als seine zweijährige Beziehung zu den Lilien hielt seine Partnerschaft mit Mainz 05. Mathenia ist ein echter „Meenzer“, wie man in der Karnevalsstadt sagt. Vor 25 Jahren wurde der Torwart in Mainz geboren. Er wuchs direkt am alten Bruchwegstadion auf. Mit seinem Vater ging der kleine Christian regelmäßig zu den Spielen der Profis. 2006 begann sein Traum von einer eigenen Profikarriere, als er in die Jugend des FSV wechselte.

Training unter Vrabec, Tuchel und Schmidt

Acht Jahre lang trug er das Mainzer Trikot. Heute ist der kleine Christian 1,89 Meter groß und Bundesligatorwart des HSV. Zu gerne würde er das Rennen um seinen Einsatz am Sonntag gegen seine alten Freunde gewinnen. „Die Verbindung ist noch da. Wenn ich in Mainz bin, treffe ich mich fast immer mit meinen alten Kollegen.“ Vor allem mit Kapitän Stefan Bell ist er gut befreundet. „Wir schreiben uns regelmäßig.“ Bereits in der U 17 spielten die beiden zusammen. Ihr gemeinsamer Weg führte sie über die U 19 bis zur zweiten Mannschaft. Zunächst war es der frühere St.-Pauli-Coach Roland Vrabec, der sie betreute.

In der A-Jugend hieß ihr Trainer Thomas Tuchel. Und auch in der zweiten Mannschaft arbeiteten Bell und Mathenia unter einem prominenten Namen: Martin Schmidt, der heutige Coach der Mainzer Bundesligamannschaft. Es war die Zeit, als Mathenia merkte, dass sein Erstligatraum mit dem FSV wohl nicht wahr werden würde. Schmidt setzte auf seinen Konkurrenten Loris Karius – zunächst bei den Amateuren, dann auch in der Bundesliga. Mathenia ging den Umweg über Darmstadt. Dort gelang ihm der Sprung nach oben, 2015 stieg Mathenia in die erste Liga auf.

Mathenia hofft auf die Wachablösung

Im vergangenen Sommer folgte der Wechsel zum HSV. Elf Bundesligaspiele machte der Torhüter in dieser Saison bereits. Am Sonntag soll das zwölfte folgen. Gegen Mainz. Ausgerechnet, wie es so häufig heißt. Im Sommer könnte es dann zur Wachablösung kommen. Der Vertrag von Adler läuft aus. Es deutet sich immer mehr an, dass Adler den HSV nach fünf Jahren verlassen wird. Für Mathenia wäre das die große Chance. „Natürlich ist es mein Ziel, hier langfristig die Nummer eins zu werden“, sagte Mathenia kürzlich im Abendblatt-Interview.

Ob er auch am Sonntag die Nummer eins ist, entscheidet sich in den kommenden zwei Tagen. Es wird eine Frage der Schmerzen. Sollte es nicht reichen und Mathenias Schmerzen einen Einsatz nicht ermöglichen, wird Tom Mickel nach seinem guten Auftritt von Augsburg erneut das HSV-Tor hüten. Möglicherweise hat Rost seinem damaligen Mitspieler noch ein paar Tipps für den Abstiegskampf mit auf den Weg gegeben. Vor zehn Jahren, als Rost in der Winterpause vom FC Schalke zum HSV wechselte, waren die Hamburger nach 20 Spieltagen Letzter. Doch Rost wurde zum Retter – und der HSV rettete sich ganz ohne Relegation. Und diesmal? „Der HSV hat noch alles selbst in der Hand“, sagt Rost. Besser gesagt: in den Händen von Christian Mathenia.