Hamburg. Bei der Suche nach Wintertransfers offenbaren sich die Probleme in der HSV-Führung. Gisdol macht sich für alten Bekannten stark.

Mit einem breiten Lächeln betrat Albin Ekdal am Dienstag um 15.05 Uhr den Trainingsplatz des HSV. Nach zweiwöchiger Zwangspause wegen einer Knöchelverletzung kann der Schwede früher als geplant wieder mit seiner Mannschaft trainieren. HSV-Trainer Markus Gisdol hat damit für das Spiel am Sonntag (15.30 Uhr) bei Darmstadt 98 zumindest wieder eine Option mehr für das Defensivzentrum. Auch Emir Spahic kehrte nach seiner Muskelverletzung aus dem Länderspiel mit Bosnien Mitte November wieder auf den Platz zurück. Der schmerzlich vermisste Abwehrchef machte mit Rehatrainer Sebastian Capel erste Übungen mit dem Ball. Ein Einsatz in Darmstadt ist allerdings nahezu ausgeschlossen, ebenso wie der des Brasilianers Cléber.

Johan Djourou zeigt es an: Der HSV hat mit ihm und Gideon Jung derzeit nur noch zwei Innenverteidiger, wovon einer ein gelernter Sechser ist
Johan Djourou zeigt es an: Der HSV hat mit ihm und Gideon Jung derzeit nur noch zwei Innenverteidiger, wovon einer ein gelernter Sechser ist © picture alliance | Robin Rudel

Und so wird Gisdol nichts anderes übrig bleiben, als zum dritten Mal in Folge mit dem Innenverteidiger-Duo Johan Djourou und Gideon Jung zu spielen. In Hoffenheim und zuletzt gegen Werder Bremen offenbarten die beiden erhebliche Schwächen. Während die Fahrigkeit des als Kapitän abgesetzten Johan Djourou seit Jahren bekannt ist, ließ sich auch Jung von der Unsicherheit seines Nebenmanns anstecken. Das Pärchen Jung/Djourou ist im zwölften Spiel bereits die sechste verschiedene Innenverteidiger-Formation der HSV-Saison. Verstärkungen in der Winterpause bezeichnet Gisdol daher als „unabdingbar“.

Doch genau an dieser Stelle wird das ganze Dilemma des HSV offensichtlich. Zum einen fehlt dem Club noch immer der neue Sportchef, der die Transfers in dieser Phase vorbereiten müsste. Zum anderen stellt sich die Frage, welcher Spieler überhaupt Interesse daran hat, zu einem Verein zu wechseln, der möglicherweise in der Winterpause für die Zweite Liga planen muss. Ohnehin ist der Transfermarkt im Winter traditionell überschaubar. Wer eine Sofortverstärkung finden will, muss schnell sein. Der in der Kritik stehende Club- und Sportchef Dietmar Beiersdorfer ist schon jetzt zu spät dran.

Gisdol macht sich für Papadopoulos stark

Und so liegt es derzeit vor allem an Trainer Gisdol selbst, die Funktion des Sportchefs zu übernehmen. Gisdol soll sich insbesondere um Kyriakos Papadopoulos bemühen. Der 24-jährige Grieche arbeitete mit Gisdol zwischen 2011 und 2012 bei Schalke 04 zusammen. Derzeit ist der Abwehrspieler von Bayer Leverkusen an RB Leipzig verliehen. Dort spielt Papadopoulos aber keine Rolle. Gerade erst wurde dem verletzungsanfälligen Verteidiger ein freier Gelenkkörper aus dem Knie entfernt.

„Papa ist gerade operiert worden, und wir warten erst einmal ab, wie die Genesung verläuft“, sagte sein Berater Paul Koutsoliakos dem Abendblatt. Der 25-fache Nationalspieler wird rund drei Wochen ausfallen und wäre zum Vorbereitungsstart des HSV im Januar wieder einsatzfähig. Sein Agent will die Gerüchte aber weder bestätigen noch dementieren: „Es gibt momentan zu diesem Thema nichts zu sagen.“

Auch Subotic und Kirchhoff sind Kandidaten

Papadopoulos steht mit seiner Leidensgeschichte stellvertretend für die Spieler, die für ein Leihgeschäft im Winter infrage kommen. Einer von ihnen ist Dortmunds Neven Subotic. Mit dem von Verletzungen gebeutelten Serben hatte sich Ex-Manager Peter Knäbel bereits vor einem Jahr beschäftigt. Subotic stand im Sommer vor einem Wechsel zum FC Middlesbrough in die Premier League, musste dann aber an der Schulter operiert werden. Nun ist der 27-Jährige wieder fit, wegen seiner fehlenden Perspektive bei BVB-Coach Thomas Tuchel aber eine Option für eine Ausleihe in der Winterpause.

Ebenfalls ein Kandidat wäre der ehemalige Münchner Jan Kirchhoff, der im Januar zum AFC Sunderland wechselte, dort aber nach einer schweren Oberschenkelverletzung erst wieder den Anschluss finden muss.

Beiersdorfer verzockte sich im Sommer

Fündig werden könnte der HSV für ein Leihgeschäft auch auf den Ersatzbänken der Bundesligisten. Zu den prominenten Namen, die an fehlender Spielpraxis leiden, gehören Wolfsburgs Robin Knoche und Hoffenheims Fabian Schär, der in der Schweizer Nationalmannschaft an der Seite von Djourou verteidigt. Beide Spieler werden allerdings beraten von Volker Struth. Und der hat sich erst kürzlich vom HSV distanziert, steht HSV-Investor Klaus-Michael Kühne als Berater nicht mehr zur Verfügung. Struth wird es vermeiden, aktuell wieder mit dem HSV über seine eigenen Spieler zu verhandeln.

HSV-Chef Beiersdorfer bezahlt somit immer mehr für die Fehler, die er in der Sommertransferperiode begangen hat. Damals kam es zum Bruch mit Trainer Bruno Labbadia, weil die beiden sich nicht über die Defensiv-Transfers verständigen konnten. Labbadia hätte gerne die Schalker Dennis Aogo und Roman Neustädter geholt, Beiersdorfer hatte andere Ideen. Mit dem Brasilianer Rodrigo Caio war er sich kurz vor Transferschluss einig, Labbadia soll sein Veto eingelegt haben. Im Winter wird der Olympiasieger voraussichtlich zu Paris St. Germain wechseln.

Dass der HSV sich in der Defensive letztlich nur mit Linksverteidiger Douglas Santos verstärkte, ist eine Folge der vielen Parteien, die im Sommer noch in den Entscheidungen mitreden wollten. Im Gegensatz zum heutigen Problem: Derzeit weiß keiner so wirklich, wer beim HSV etwas entscheiden soll.

Matz ab nach dem Nordderby gegen Werder Bremen

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