Hamburg. Weil die Suche nach einem Defensivallrounder missglückte, werden beim HSV zwei Rückkehrer dringend benötigt.

Albin Ekdal gilt nicht gerade als Stimmungskanone. Am Dienstag aber blühte der sonst so kühle Schwede im Training des HSV auf. Er bejubelte seine Treffer beim Torschusstraining, scherzte mit seinen Kollegen. Mit einem Kunstschuss traf er aus 16 Metern in den Winkel. Kurzum: Der Mittelfeldspieler wirkte so, als wäre er nie weg gewesen. Drei Wochen nach der Sprunggelenksverletzung, die er sich in seinem eigenen Ablösespiel bei Cagliari Calcio auf Sardinien zugezogen hatte, nahm Ekdal am Dienstag erstmals wieder am Mannschaftstraining des HSV teil. „Ich fühle mich gut“, sagte der 27-Jährige. „Es war meine erste Einheit, daher müssen wir noch ein wenig abwarten.“

So sehr sich die sportlichen Verantwortlichen über die Rückkehr Ekdals freuten – lange warten kann der HSV auf den Nationalspieler nicht. Nach der Verletzung von Gideon Jung gegen Ingolstadt (Faserriss) haben die Hamburger ein zentrales Problem. Bis auf Ekdal steht dem Trainerteam kein sogenannter Sechser, ein Abräumer im defensiven Mittelfeld, zur Verfügung. „Wir sind in der zentralen Defensivachse etwas unterbesetzt“, sagte Co-Trainer Eddy Sözer am Dienstag. Die Not beheben soll nun Albin Ekdal. „Aufgrund unserer Personalsituation müssen wir ihn schnell fit bekommen“, sagt Sözer. „Wir vom Trainerteam wollen ihn so aufbauen, dass er am Wochenende spielen kann.“

Sollte Ekdal am Sonnabend (15.30 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) im zweiten Saisonspiel bei Bayer Leverkusen wieder in der Startelf stehen, wäre das allerdings die Abkehr des angedachten Aufbauplans. „Albin ist von einer Sache in die andere geraten, seit er bei uns ist. Irgendwann geht es auch mal darum, einen ordentlichen Aufbau hinzubekommen“, sagte Trainer Bruno Labbadia am Tag nach dem Ingolstadt-Spiel.

HSV bekam etliche Wunschspieler nicht

Zu diesem Zeitpunkt konnte Labbadia jedoch noch darauf hoffen, dass der HSV auf dem Transfermarkt die Suche nach einem Defensivallrounder abschließen würde. Die Suche nach einem Sechser, der auch in der ebenfalls dünn besetzten Innenverteidigung spielen könne. Doch der HSV, der sich unter anderem um Onyinye Ndidi (KRC Genk), Matthias Ginter (Borussia Dortmund), Mario Lemina (Juventus Turin) und Rodrigo Caio (FC Sao Paolo) bemüht hatte, wurde bis Ende August nicht fündig. „Die Spieler, die wir haben wollten, waren wirtschaftlich nicht machbar, andere wollten wir nicht“, sagt Sözer. Letztlich entschied sich der HSV notgedrungen dazu, dem bestehenden Kader zu vertrauen. „Wir bekennen uns zu unserer Mannschaft und müssen in diesem Halbjahr möglichst vom Verletzungspech verschont bleiben“, sagt Sözer.

Ein riskanter Plan angesichts der Verletzungsanfälligkeit bei Ekdal und Jung. Der Schwede, der vor einem Jahr zum HSV kam, fehlte in der vergangenen Saison wegen unterschiedlicher Verletzungen in 20 von 34 Spielen. Jung leidet wiederholt an Rückenpro­blemen. Blieben für das defensive Mittelfeld nur noch Lewis Holtby und Aaron Hunt. Zwei offensiv denkende Spieler, die in Leverkusen die Doppelsechs bilden könnten, sollte für Ekdal ein Einsatz noch zu früh kommen.

Spahic kehrt nach Leverkusen zurück

Für Holtby wäre es nach seinem Schlüsselbeinbruch vor acht Wochen ebenfalls der erste Pflichtspieleinsatz. Das Trainerteam muss sich nun überlegen, ob der offensivere Holtby oder der defensivere Ekdal an der Seite von Aaron Hunt spielen wird. Hunt eine Position nach vorne zu schieben, erscheint angesichts der Konkurrenz in der Offensive unwahrscheinlich.

Gegen die hochklassige Leverkusener Offensive um die Nationalspieler Karim Bellarabi, Julian Brandt oder den wieder genesenen Chicharito erwartet den HSV in der Defensive Höchstarbeit. Hoffnung macht den Hamburgern, dass Abwehrchef Emir Spahic nach seinem Augenhöhlenbruch wieder zur Verfügung steht. Der Bosnier erzielte am Dienstagabend beim 5:0-Sieg seines Landes gegen Estland einen Doppelpack. Am Sonnabend kehrt er erstmals nach seinem Rauswurf bei Bayer Leverkusen in die BayArena zurück.

Für Ekdal wäre die Rückkehr nach Leverkusen ebenfalls mit einer negativen Erinnerung behaftet. Anfang März verlor der HSV unglücklich mit 0:1, der Schwede erzielte dabei eine Woche nach seinem Comeback ein Eigentor. Nun steht das nächste Comeback bevor. „Wenn er die Belastung gut kompensiert, ist er spielfähig“, sagt Sözer. Dann hätte der HSV eine Problemposition besetzt. „Wenn alle fit sind, haben wir im Zentrum eine gute Auswahl“, sagt Sözer. Allein das Wörtchen „wenn“ verdeutlicht, dass der HSV einen riskanten Weg gewählt hat.