2009 kämpften Hamburg und Bremen um Europa. Doch den großen Nordderbys folgte ein beispielloser Niedergang. Es gibt aber Hoffnung.

Für das simple Wort „Streit“ gibt es viele Synonyme: Knatsch, Zoff oder auch Zank klingen ganz putzig, Aus­einandersetzung oder Meinungsverschiedenheit kommen da schon ein wenig seriöser daher. Doch man kann es drehen und wenden, wie man will, was da nach dem Vierfach-Nordderby zwischen dem HSV und Werder Bremen im Sommer 2009 zwischen dem erfolgreichsten HSV-Vorstandsduo der Post-83er-Ära vorgefallen ist. Unter dem Strich war es nichts anderes als ein handfester Streit, der die weitere Zusammenarbeit zwischen Bernd Hoffmann, damals Vorstandsvorsitzender des HSV, und Dietmar Beiersdorfer, damals Sportchef, unmöglich machte.

Sieben Jahre nach der Mutter aller Nordderbys, als der HSV binnen 19 Tagen gegen Werder den Einzug ins DFB-Pokalfinale, das Uefa-Cup-Endspiel und die Teilnahme an der Champions League verspielte, klingt der Grund dieses verbrieften Streits fast schon nach Satire, womit man in Tagen wie diesen neuerdings in Deutschland ja durchaus vorsichtig sein muss. Der HSV hatte es in zwei Halbfinals geschafft und zog nach einer furiosen Saison in die Europa League statt in die Champions League ein. Und Hoffmann und Beiersdorfer stritten infolgedessen ganz im Ernst darüber, ob dies nun eine gute (weil erfolgreiche) oder eine schlechte (weil titellose) Saison war.

Im Hier und Jetzt, wo sich Werder und der HSV statt um Europa um den Klassenerhalt duellieren, klingt der dargestellte Disput wie aus einer Zeit, als man im Flugzeug noch rauchen durfte und das Farbfernsehen noch nicht erfunden war. Der HSV hat in den sieben Jahren nach der Mutter aller Niederlagenserien gegen Werder so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Und ähnlich wie damals, als die Bremer im Dauererfolg immer noch einen draufsetzen mussten, schafft es der Tabellen-16. Werder in dieser Saison bislang, die Hamburger selbst im Misserfolg noch zu schlagen.

Wenn heute der stolze HSV die genauso stolzen Bremer zum 104. Bundesligaduell im Volksparkstadion empfängt, ist von den beiden Nord-Schwergewichten, die vor sieben Jahren auszogen, um Fußball-Deutschland und Europa aufzumischen, nicht mehr viel übrig geblieben. Sportlich ist der Nicht-Abstieg das einzige Dauerziel der beiden Rivalen, wirtschaftlich hätten beide längst die dunkelrote Karte verdient gehabt.

Die einst so hanseatisch daherkommenden Bremer schafften es tatsächlich, vier Geschäftsjahre in Folge mit einem satten Millionenminus abzuschließen. Doch schlimmer geht immer. So kündigte der HSV unlängst an, dass man auch die laufende Saison mit einem Millionenminus abschließen wird – dem dann sechsten in Folge.

Im Sommer soll dann mal wieder umgeschuldet werden. Schuldscheindarlehen heißt das Zauberwort. Eine neue Anleihe hier, ein paar neue Millionen da, und schon sieht alles nur noch halb so schlimm aus. Voraussetzung hierfür ist allerdings kurzfristig ein Sieg gegen Werder, der dann mittelfristig zum Klassenerhalt reichen sollte. Nur dann soll das neueste Sanierungskonzept tatsächlich aufgehen.

Doch nach insgesamt sieben mageren Jahren gibt es auch langfristig noch Hoffnung – zumindest für den HSV. Denn im eigenen Leidbild – Pardon, im eigenen Leitbild haben die Verantwortlichen festgeschrieben, dass in sieben Jahren auch sportlich alles wieder gut werden soll. Dann will sich der HSV wieder dauerhaft in den Top Fünf in der Bundesliga etabliert haben. So wie damals, als sich der HSV unter Hoffmann und Beiersdorfer zum europäischen Dauergast herausputzte. Siebenmal qualifizierte sich der HSV mit seiner Doppelspitze für das internationale Geschäft, kletterte im internationalen Ranking bis auf Platz zwölf, ehe alles in einer großen Werder-Depression und einem entsprechenden Krach endete. Oder besser: in einem Streit, über dessen Auswirkungen man auch in der kommenden Woche wieder viel hören wird, wenn, ja wenn der HSV an diesem Freitag nicht endgültig und ein für alle Mal das Abstiegsgespenst mit einem krachenden Sieg gegen Werder aus dem Volkspark verbannt.

Dem ungebetenen Dauergast der vergangenen drei Jahre sei versichert: Auch in Bremen kann es schön sein ...